Dienstag, 29. September 2020

Rausrede-Rhetorik

 Die Rhetorik ist die Kunst der Rede. Der Begriff stammt aus dem Altgriechischen „rhētorikḗ“ und bedeutet übersetzt „Redekunst“

Gestern habe ich etwas lustiges gelesen, das ich nicht auf Anhieb verstand: Da hat eine Linguistik-Professorin aus Texas die Rhetorik von Donald Trump seit seinem Wahlkampf 2015 in vielen Reden analysiert. Sie kam zu dem Ergebnis, das sein Redestil nicht nur von hoher Intelligenz und Bildung zeugt, sondern dass er auch ein hohes Maß an dialektischer Überzeugungskraft offenbart. Seine Rhetorik fände ihr Vorbild bei den alten Griechen wie Aristoteles und beeindrucke durch sophistische, raffinierte Tricks und Techniken in der Modulation. Wollte die Dame sich etwa auf diese Weise als Wahlkämpferin für Trump betätigen?

Dann war mir auf einmal klar, dass eine wissenschaftliche Analyse ja frei von Bewertungen allein auf Erkenntnissen und empirisch Ergebnissen beruhen müsse. Jenifer Mercieca hat also nichts weiter getan, als den rhetorischen Erfolg von Trumps Reden wissenschaftlich zu erklären. Also unabhängig von deren Wahrheitsgehalt, moralischen Ansprüchen, Diskriminierungen  und Anstandsregeln deren Effektivität beschrieben. So demaskiert  sie - ohne Partei zu ergreifen - sein eigentliches Ziel: Die verbale Zerstörung anderen Denkens und die Animation niederer, manipulierbarer Instinkte.
Das geschah wohl  angesichts des Erscheinungsdatums ihres Buches ("Demagogue for President - The Rhetorical Genius of Donald Trump") bewusst vor den ersten TV-Debatten der Kandidaten Ob die rotnäckigen Zuseher den Worthülsen des amtierenden Präsidentn nun eher nicht auf dem Leim gehen, ist jedoch nach der erlebten Euphorie selbst in den Pandemie-Monaten mehr als fraglich.

Im Alltag ist doch auch jeder von uns Normalos, darauf angewiesen, mit mehr oder weniger rhetorischen Mitteln etwas zu erreichen. Wer gut reden kann, überdeckt leicht Defizite seines Handels. Ein gutes Beispiel ist der Ministerpräsident Bayerns während seiners vorpreschenden und dann letztlich doch recht mauen Pandemie-Managements.

Kindermund tut Wahres kund: Im Vorschulalter war mein Sohn ungemein wissbegierig und ehrgeizig darauf bedacht, seine Ziele zu erreichen. Wenn wir Eltern aus Bequemlichkeit oder weil wir tatsächlich Wichtigeres zu tun hatten, ihm umständlich erklärten, wieso und weshalb das, was er vorhatte, nicht ging, schnitt er uns die Rede ab, indem er mit schriller Stimme rief:"Ausreden-Erfinder! Ausreden-Erfinder!" 

Wem die rhetorischen und "schriftstellerischen" Mittel fehlen, der hat heute durch SMS und Tweets eine gute Möglichkeit sich eventuell Einflussnahme zu verschaffen. Es ist ja einerseits schon so leicht, nur durch Umstellung oder Verschlucken eines Wortes beim Reden zu manipulieren. Noch einfacher ist es andererseits jedoch durch  simple Streichung  bei Texten (Emser Depesche) oder Verwendung von Hörensagen in Propaganda-Tweets Kriege ausbrechen zu lassen (Berg Karabach)...

Und glaubt bloß nicht, das sei in Zeiten der blitzschnellen Kommunikation durch soziale Medien und Internet leichter geworden, richtig oder falsch zu entlarven. Das Kinderspiel "Wahr oder unwahr?" erfährt nämlich täglich neue und erschreckendere Dimensionen. 

Hier mal gezielte Fakenews von mir:

Wegen Corona:
Ligurische Großbank stützt deutschen Blogger

Heute teilte ich meinen Kindern in München via telegram mit, dass ich mich wegen Corona mit der Idee beschäftige, für den Rest meines Lebens auf der Burg in Ligurien zu bleiben. Ich hätte es mit meiner italienischen Rhetorik tatsächlich geschafft, dass mich im Notfall eine ligurische Groß-Bank stützen würde...





Lange habe ich es mir allerdings nicht verkneifen können. Dann schickte ich dieses Foto hinterher:

Diese Bank steht in Riva Ligure - einem malerischen Fischer- und Bade-Ort
zwischen Imperia und Sanremo

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