Freitag, 31. Mai 2019

Die Weihwasser-Verschwörung

Wieder einmal ist es der Katholischen Kirche gelungen, weitgehend den Deckel auf einem möglichen neuen Skandal zu halten; um genau zu sein - den Deckel auf ihren Weihwasser-Kesseln nördlich und südlich der Alpen.

Wir erinnern uns gut an den vergangenen Dürre-Sommer in Deutschland und an die verheerenden Überschwemmungen der vergangenen Monate, von denen weder Italien noch Frankreich südlich des Alpenhauptkammes noch nördlich Deutschland und Österreich verschont geblieben sind. Aber die Naturkatastrophen haben von einem weiteren Drama abgelenkt. Als seien die Missbrauchs-Fälle des katholischen Kirchen-Personals allein nicht schon erschreckend genug gewesen...

Gläubige eines Weihwasser-Netzwerkes sind mit Unterstützung eines internationalen Recherche-Verbundes Vorgängen auf der Spur, die jetzt bereits als die "Weihwasser-Verschwörung" bezeichnet werden. Wie immer war der Zufall als Aufklärer der Aufklärung im Bunde.

Als Kloster Weltenburg vor wenigen Tagen die Schutzwände gegen das Hochwasser der Donau hochzog, war es nach Beobachtern dafür längst zu spät gewesen. Küster, die die enormen und auch krisenfesten Weihwasser-Bestände des ältesten Klosters in Bayern überprüften, mussten feststellen, dass fast alle von der sonst ja segensreichen Donau durch ihr Hochwasser kontaminiert war.
Schnell war klar, dass die Riesen-Becken in der einst
verbotenen Stadt nicht zum umstrittenen Weihwasser Sammeln taugten
Ob es noch Seehofer oder schon Söder war, der zusammen mit dem im Verkehr erprobten Scheuer auf die Idee kam, ist nicht mehr fest zu stellen, Weihwasser aus China über die "Neue Seidenstraße" zur Beseitigung des Engpasses heran zu karren? Was für eine Idee! .Bei der strengen Geheimhaltung  vor der Europa-Wahl war Matteo Calvini für Italiens Beteiligung an diesem Handel schon vor geprescht. Bei seinen Teufeleien hat er ja auch den höchsten Bedarf an Weihwasser

Kleiner pseudo historischer Hinweis:
Der Kaiser Ming Huang aus dem Hause Wong hatte ja zu Beginn des 14. Jahrhunderts große Reserven für Weihwasser-Bedarf anlegen lassen, weil sich die Christianisierung mit dem ersten Bau einer katholischen Kirche in Peking  (heute Beijing) zunächst gut anließ. Aber der Schwund an Priestern (daher das Manifest:Schwund ist!) bei der weiten, gefährlichen Anreise und ihr halbherziges "Akkommodieren" der chinesischen Bräuche im Dogma, sorgten dann doch für weniger Bedarf  und Bekehrungs-Interesse als erwartet..

Der Weihwasser-Export konnte aber erst dadurch zur Knaller-Geschäfts-Idee werden, weil Archäologen - kaum vermeldet - im vergangenen Jahr  mitten im Beginn der europäischen Dürre  an einer Stelle in der Takla Makan Wüste auf die gigantischen Weihwasser-Reserven des Ming-Kaisers stießen: Auch geologisch war das eine Sensation. Bestätigt der Fund doch die Leugner des Klimawandels in der Ansicht, dass es Klimawandel mehr oder weniger schon immer gegeben habe...

圣水库存
Shèngshuǐ kùcún
Weihwasser aus China
 - rein und nicht
kontaminiert -
wie es jetzt das inoffizielle
Signet bewirbt

Noch ist nicht klar wie Papst Franziskus auf   den sich nun wohl international entwickelnden Weihwasser-Markt reagieren wird. Insider gehen aber davon aus, dass die Nuovo Banco Ambrosiano die Entwicklung begrüßt. Schließlich lässt die ja kaum ein Geschäft aus. Das Barel Roh-Weihwasser soll für etwa 20 Dollar vom Vatikan-Staat aus in den Handel. Die EZB hat auch bereits  grünes Licht gegeben. Alles, was Italiens Staatsdefizit verringert, ist ab zu segnen....

Ach ja! Gerade rechtzeitig - Herr Böhmermann - fällt mit ein, dass das hier natürlich als Satire gemeint ist....


Mittwoch, 29. Mai 2019

Der Akku ist leer

Es ist schon komisch. Gestern las ich, dass Sechsjährige wie selbstverständlich Smartphones im Alltag benutzen. Das scheint mir zu hoch gegriffen. Mein Enkel - noch nicht vier - und seine Kumpane sind nicht nur beim Telefonieren mit dem  Handy affin. Was das Thema Unterhaltung - also reichlich angebotene Spiele und Streams - angeht, verschaffen sie sich tatsächlich mehr Anregungen für ihre Phantasie-Spiele abseits des Digitalen...

Und die überwiegen - trotz der gelegentlich benötigten Ruhigstellung des kleinen Aktiv-Teufels per App.
Wichtig sind Kopf-Bedeckungen und einfache Utensilien, die das "kleine Spiel" beflügeln. In den 14 Tagen ohne Spielkameraden auf der Burg war es wichtiger, als Spiderman oder Feuerwehrmann Sam über die Piazza zu toben. Sehr zum Leidwesen der zum Glück  immer noch spärlichen Nachbarschaft, die sich ein schier unendliches UiiiiUiiiUiiiUiii des Einsatzes anhören musste. In den mittelalterlichen Winkeln gab  es mit Mini-Axt und -Brecheisen manche Rettungsaktion im Selbst-Kommando durchzuführen...

Endlich dann gestern ein paar Wolken-Löcher, die ein wenig Sonne am Meer versprachen:
Zum Baden immer noch zu kalt und auch ungemütlich, machten die Überbleibsel der Winterstürme vom Meer und Schlammlawinen der Flüsschen den sonst feinen Sandstrand von Santo Stefano al Mare zum Abenteuer-Spielplatz der kindlichen Phantasie.

Ausbeute zum unbedingt Mitnehmen: ein Stock, der aussah wie eine Hornviper und ein glatt geschliffener Zweig, der Blitze wie ein Zauberstab verschickte. Letzterer hielt aber nicht lange, wodurch er offenbar an Zauberkraft einbüßte.
Als der liebe Enkel seinen dicken Großvater durch "Zauber, Zauber und der Opa ist weg" verschwinden lassen wollte, saß der einfach immer noch da.

Zumindest die Phantasie wird elektronisch nicht eingeengt:
Ausrüstung für Spiderman und Feuerwehrmann Sam
zum Strand-Einsatz mit Schlange und Zauberstab 
"Was ist denn los mit deinem Zauberstab, der funktioniert ja gar nicht mehr?" stellte der alte Mann ungerührt fest.
Der Enkel schüttelt den Stab kurz, und guckt dann ganz traurig:
"Der Akku ist leer!"

Montag, 27. Mai 2019

Ein junges Europa gegen die Götterdammerung

Die Friedhöfe der Demokratie sind voller dahin geschiedener, politischer Ideen. Wer lange genug lebt und nicht der Demenz oder dem Altersstarrsinn anheim fällt, kann davon Zeugnis ablegen. Denkmodelle für die Gesellschaft haben eine oft schmerzhafte und auch blutige Halbwertzeit.
Dass die komplizierteren Ansätze dabei am Durchschnitts-Verstand der Völker vorbeigehen, wird von denen, die sie vorantreiben, gerne übersehen. Dann kommen in ihrem Sog Leute, die ihre einfachen Botschaften so lange in die Hirne ihrer Wähler hämmern, bis sie sie ohne Sinn und Verstand wiederholen können.

Zu den zum Teil absurden Ergebnissen der gestrigen Europa-Wahl, möchte ich deshalb nicht viel mehr sagen. Haben sich Kandidaten und Experten eh über 10 Stunden ihre Lippen fransig geredet, ohne dabei auf ihre Rhetorik des Verschwiemelns zu verzichten.

Quintessenz: Wir Alten sind schuld, dass es die "ehemaligen Volksparteien" nicht noch böser erwischt hat, denn das junge Europa hat ein deutliches Statement für ihren Anspruch auf eine heilbare Zukunft der Welt abgegeben. Und dann die Rechthaber-Politik, die mit oder ohne Brexit zur Ego-Pflege Einzelner dienen muss. An ihr wird sich auch in Zukunft trotz aller Lippen-Bekenntnisse zum Bremsen des Klimawandels nichts ändern. Weil die Lobbies des "Weiter so!" einfach zu mächtig sind.

Wenn Teile des Volkes einer Meinung sind, müssen sie sich heue schon in Bewegungen außerhalb der Parlamente zusammen finden. Ihre gewählten Vertreter, vertreten sie nämlich in dem Moment nicht mehr, indem sie sich Fraktionszwängen unterwerfen oder Koalitionen eingehen oder ihr Gewissen in der Parlaments-Garderobe abgeben. Die Kaste der Berufs-Politiker wird sich aber nicht auflösen, denn es warten ja für fleißige Arschkriecher auch Pfründe jenseits des Parlaments. Und dafür müssen sie dann weder gewählt noch qualifiziert sein.

Bleibt eine letzte Frage.
Wo war unsere Kanzlerin an diesem Abend?

Ist Steigbügel Halten für den mehr als fragwürdigen Manfred Weber ihre letzte Amtshandlung, und sagt sie dann - wie Sigmar Gabriel bei Anne W'ill gestern Abend -: Schluss ist!
- Der allerdings nicht, ohne zu orakeln, dass Strömungen zur Zerstörung der Europäischen Union durchaus den globalen Skat-Brüdern Trump, Putin und Xi Jinping in die Hände spielen würden oder sie gar von jenen angezettelt werden könnte...

Selbstpensionierung ist ja immer eine Option. Aber erst nach 30 Abgeordneten-Jahren???
Kunst-Interpretation ist ja immer heikel.
Mein Gemälde:"Europa und Zeus haben's getan"
entstand ja aus einem anderen Anlass.
Jetzt muss Europa eher aufpassen, dass es von
der Bullen-Börse nicht vergewaltigt wird

Freitag, 24. Mai 2019

Wenn der Bergstelz dreimal klopft

Möchte nicht in jedem von uns ein "Doc Doolittle" stecken, damit wir mit Tieren reden könnten? Müssen ja nicht gleich 498 sein! Mir zum Beispiel reichten die Sprachen von den Tieren die mir gegenüber - aus welchen Gründen auch immer - deutlich Empathie zeigen.

Die Vorstellung, dass einen Tiere einfach so sympathisch finden, ist natürlich allzu menschlich. Unser Hund, der die Kinder meine Frau und mich dreizehn Jahre lang begleitete, hatte zu jedem Familien-Mitglied ein eigenes - auf seine Bedürfnisse abgestimmtes - Verhältnis. Meinen Sohn, den der Welpe zur Bestimmung der Rangfolge im Rudel von Anfang an malträtierte, war später als Herangewachsener sein Unsinn-Gefährte. Meine Tochter brachte ihm verblüffende Kunststücke bei, und meine Frau war seine Standard-Gassi-Begleiterin, der er aber auf keinen Fall gehorchte. Seine Beziehung zu mir war zwiespältig. Zwar machte ich die großen Abenteuer-Ausflüge am Rad mit ihm und verabreichte das begehrte Öhrchen-Knuddeln, aber der Basis-Respekt vor dem "Alpha-Wesen" beherrschte ihn, selbst wenn ich ihn in den Arm nahm. Dann machte er sich steif und streckte sich widerborstig durch. Aber er nahm auch Kekse aus meinem Mund, ohne dabei mit seinen Lippen an meine zu kommen, oder gar zähne spüren zu lassen.
Einmal war ich wochenlang auf einer Reportage gewesen, aber als ich zurück kam, begrüßte er mich nicht. Er war nachtragend wie eine Diva und versteckte seinen Kopf an der Wand. Als mein Sohn mir dann gleich etwas zeigen wollte und ich nach oben aus seinem Blickfeld verschwand, dachte er, ich sei schon wieder weg und haute in einem unbeobachteten Moment ebenfalls ab. Eine Nacht lang suchten wir nach ihm. Am nächsten Morgen rief meine Sekretärin an, und meinte, vor dem Büro läge in Wartestellung ein Hund, der aussähe wie unserer. Er war als eigentlicher Verkehrs-Trottel unbeschadet  die zwei Kilometer  auf kürzestem Weg über Eisenbahnschienen und zwei stark befahrene Straßen gerannt, um nach mir zu suchen, obwohl er zuvor nur einmal einen Tag im Büro bleiben durfte.
Er verstarb, als wir gerade mal ohne ihn kurz in Italien waren. Für mich ein tragischer, menschlicher Verlust - wie für die gesamte Familie.

Nichts desto trotz, gibt immer es wieder Anzeichen dafür, dass Tiere der  unterschiedlichster Spezies Verbindungen zu mir aufbauen. In erster Linie Hunde, aber zunehmend auch gefiederte Burg-Bewohner.
Vor Jahren rettete ich einem jungen Mauersegler das Leben (Blog-Leser können dies nachlesen). Während der Standzeit des Schwarms vor dem Weiterzug stieß immer einer der Luftakrobaten aus dem Gewirbel zu mir so nah herab, wenn ich an der Stelle auf der Terrasse stand, wo ich ihn Wochen zuvor in die Luft entlassen habe. War aber vermutlich ein anderer, der nur neugierig war.

Und nun etwas, was wieder mal kaum zu glauben ist:
Bei der Eiseskälte der vergangenen Woche hatten wir ja die Schlafzimmer-Fenster meist geschlossen. Während eines Morgengrauens allerdings nicht. Und so sah ich von meinem Kopfkissen den Piepmatz drei vier Meter entfernt auf dem Nachbardach geschäftig herum hüpfen.
"Was bist denn du für ein Schöner", säuselte ich ihn an. "Jetzt gib doch mal Ruh, und lass dich anschauen!"
Er hatte keine Zeit - es gab ja zu tun.
Später hatte ich dann zu tun. Ich saß mit Kopfhörern am Computer. Da drang ein helles Ticken durch. das ich zunächst ignorierte.
Dann noch einmal - nachdrücklicher:"Tick, tick, tick!"
Da sah ich auf, wie er ans Büro-Fenster klopfte. Ich war froh, dass die Fliegengitter noch nicht runter gezogen waren, denn darin hätte er sich womöglich tödlich verheddert. So konnte er seinen Schnabel energisch ans Glas hauen.
Ligurischer Gebirgs- oder Bergstelz
Paint-Illu: Claus Deutelmoser
Ich stand auf, und er blieb ruhig sitzen, so dass ich seine Schönheit für einen Moment bestaunen konnte...
Natürlich wird mein Blitz-Porträt ihm nicht annähernd gerecht. Er ist in Wirklichkeit viel schlanker und eleganter.

Wir sind aber richtig gute Nachbarn geworden.

Donnerstag, 23. Mai 2019

Die Flucht ins Irreale

Seit einiger Zeit treibt mich die Überlegung um, dass je realer eine Bedreohung der Menschheit desto bereitwilliger ihre Flucht ins Irreale, ins Metaphysische, ins Absurde.

Nur ein paar Beispiele:

Dantes "Göttliche Komödie": Geschrieben kapitelweise begonnen zu einer Zeit etwa zwischen 1303 und 1305, aber nur partiell erhalten, sowie vollendet kurz vor seinem Tode 1327. Kernthema: Das "Inferno". Was nicht von ungefähr kommt, weil das Basis-Werk der Italienischen Sprache in einer regelrechten Karikatur jener Zeitgeschichte stattfand - des Dauer-Krieges zwischen Ghibellinen und Guelfen (Kaiser- und Papst-Anhänger).
Seine intellektuelle  Zeitlosigkeit erwarb das Epos aber durch geschichtlich und sprachlich belegbare Fakten:

Hier zitiere ich der Einfachheit halber Wikipedia:

In diesem Jahrhundert prägten Naturkatastrophen, Epidemien, Kriege und politische Umbrüche viele Weltgegenden. Neben den Folgen einer drastischen Klimaverschlechterung kosteten große Pestwellen zahlreiche Menschenleben. Ausgehend von Zentralasien verbreitete sich die Seuche entlang der im vorherigen Jahrhundert etablierten transkontinentalen Handelsrouten. Die mongolischen Reiche, die sich im vorherigen Jahrhundert über weite Teile Asiens erstreckten, brachen zum großen Teil zusammen. Jedoch war dieses Jahrhundert nicht nur krisenbeladen. Zahlreiche Regionen erlebten zumindest zeitweise eine wirtschaftliche Blüte, kulturelle Entfaltung und technischen Fortschritt. In China wurde die mongolische Yuan-Dynastie durch die chinesische Ming-Dynastie abgelöst. 

Da sind kurioser Weise ohne viel Phantasie doch Parallelen zum heutigen Zustand der Welt im einst verheißungsvollen 21. Jahrhundert zu erkennen.
Und sie dreht sich immer noch:

Dann das 16. Jahrhundert, in dem nicht wenige Wirtschaftswissenschaftler durch die Zins-Freigabe und das explodierende Bankenwesen den Startschuss zum Turbo-Kapitalismus sehen. Auf der einen Seite Ablasshandel, Aberglauben, Hexenwahn und auf der anderen Reformation, Verlockungen der gerade entdeckten neuen Welt. Die Renaissance der schönen Künste und die architektonische Pracht-Entfaltung von Klerus und Oligarchen täuschen nicht darüber hinweg, dass der Großteil jeglichen Volkes sich abgehängt fühlte und gegen die Unterdrücker erstmals sozialpolitisch rebellierte.
In diesem Jahr besonders gefeiertes Universal-Genie
Quelle: Stadtbibliothek Graz

Denkerische Antipoden sind Leonardo und Galilei: akzeptierter und gefeierter Phantast ersterer, unbeugsamer Wissenschaftler der andere.
Der katholischen Kirche gehen erstmals die dogmatischen Argumente aus. Die Reformation zieht dann nach der Jahrhundertwende die blutige Schleppe des 30jährigen Krieges hinter sich her. 
Das ist der Boden für futuristische Denkmodelle- auch in der Politik. Niccoló Machiavelli macht sein denkwürdiges Herrscher-Konzept an Cesare Borgia fest: Il Principe. Nicht phantastisch genug, als könne es heute nicht unterm Kopfkissen aktueller Potentaten liegen!


Jules Verne
Quelle Wikipedia
Dass den Irrungen und Wirrungen des 19. Jahrhunderts ein Jules Verne der existierenden Welt  mit seinen romantischen Science-Fiction-Vorläufern seine Leser aus der Spießigkeit des obrigkeitshörigen Bürgertums heraus helfen wollte, ist da mein letztes Beispiel: Kapitän Nemo und seine Nautilus als Herrscher einer Unterwasser-Welt; die Vorstellung, die Erde in 80 Tagen zu umrunden und die Fahrt zum Mond. Alles ist machbar und wird im 20. Jahrhundert schneller Realität als die Menschheit dies verkraften kann.

Jeder wissenschaftliche Denkansatz wird nun bis zur Verwirklichung umgesetzt. die Atombombe, das interstellare Denken, die digitalen Dimensionen. Stanislaw Lem, der polnischen Philosoph und Science-Fiction-Autor beschreibt in einer seiner Erzählungen aus dem vergangenen Jahrhundert die vernichtende  Schwarm-Intelligenz von Computern in Insekten-Größe. Etwas über zehn Jahre nach seinem Tod ist dies bereits Realität - ihr Einsatz denkbar.
Stanislaw Lem
Quelle Wikipedia


Was machen nun all die Menschen, die nicht mithalten können? Die ehe sie ihr Smartphone oder Tablet bedienen können, ohne ihre Technologie nur annähernd zu verstehen, von der KI bedroht werden? Sie flüchten sich in Vampir-Geschichten, historisierende Fantasy oder gleich in Welten, in denen der "Warp-Antrieb" die Grenzen der Lichtgeschwindigkeit außer Kraft setzt...

Ach wie gut, dass es die Streaming-Dienste gibt.

Dienstag, 21. Mai 2019

Sie sind weg

1956: Als die Via Veneto noch eine echte Dorfstraße ohne Asphalt war
Wenn in den letzten Monaten des vergangenen Jahres auf der Burg über die Via Veneto diskutiert wurde, ging es nicht um die Prachtmeile in der Landeshauptstadt Rom, sondern um die Via Veneto, die den Capo Luogo mit uns Burg-Bewohnern verbindet.

Die letzten Jahre waren eine Reifen und Achsen beanspruchende Gelände-Fahrt hinauf zu unserem mittelalterlichen Wehrdorf. Riesige Nadel- und Laubhölzer hatten ihr wuchtiges Wurzelwerk derart durch den Asphalt gereckt, dass man meinen konnte, es hätte ein Beben statt gefunden.

Die Bäume waren zweifelsfrei imposant, aber sie stellten auch eine zunehmende Bedrohung dar. Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, bis ihr knorriges Holz bei hier üblichen Starkwind Zerstörung bringende Äste abgeworfen hätte. Selbst diejenigen, die sonst Bäume immer schützen wollen, waren sich darüber im Klaren, dass etwas getan werden musste. Aber wie?

Rausreißen ging aus zweierlei Gründen nicht: Zum einen wären Maschinen mit gewaltiger Kraft und Gewicht notwendig geworden, die der maroden Straße gänzlich den Garaus gemacht hätten. Zum anderen fehlt für  voll zu sanierende Kommunal-Straßen hier oben wie immer das Geld.

Es gab also keine Alternative die Riesen zu fällen, was für die flankierenden Häuser auf der anderen Straßenseite immer noch ein ziemliches Rest-Risiko barg.
Die Arbeiten sollten eigentlich - wie in diesem Blog berichtet - kurz nach Ferragosto begonnen haben. Sie wurden dann aber wegen der notwendigen Komplett-Sperrung immer wieder verschoben.

Viel Licht, wo einst viel Schatten war: Am Durchmesser der Stümpfe (vorne im Foto links) kann man noch erkennen,
was für riesen Bäume das Straßenbild noch vor wenigen Monaten beherrscht haben
Ich hätte sie gerne beobachtet, aber nun sind wir hier oben überwiegend auch allein vom Ergebnis beeindruckt:
Für die Anwohner hat eine lichtvolle Zeit in ihren einst stark beschatteten Häusern begonnen. die Straße wurde so ordentlich geflickt, das nichts mehr holpert, und beim Runterfahren ist das Ensemble rund um unserer als Kulturerbe ausgezeichneten Kirche jetzt ein nicht mehr verborgener, echter Hingucker. Und ordentlich markierte Parkplaätze gibt es jetzt auch. Dass die Stümpfe in den Karees noch zu sehen sind, erinnert an die Prachtkerle.
Ben fatto ragazzi!
Unsere Via Veneto wird vermutlich nicht so berühmt wie
ihr römisches Pendant. Aber wer weiß?
Spendable "russische Oligarchinnen"  sind ja
gerade rechts im Trend...

Samstag, 18. Mai 2019

Kritische Gemengelage

Aus aktuellem Anlass kommt mein Blog schon heute:

Knapp eine Woche vor der Europa-Wahl muss ich Heinrich Heine kanibalisieren, indem ich seine Nachtgedanken von 1844 am heutigen Abend in meine Befürchtungen umwandele:

Denk ich an Europa in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht...

Wie verkommen ist die politische Qualität, wenn so ein Strache aus bloßem Machtkalkül Vize-Kanzler unseres Nachbarlandes werden konnte. Und wie kurzsichtig war Kanzler Kurz, mit diesem Belzebub eine Koalition einzugehen. Ein erneuter Beweis, dass wir alle nicht entschlossen genug für die Erhaltung der Demokratien auf die Barrikaden gehen.

Ich bin zwei Monate vor dem Inkrafttreten der Verfassung unserer Bundesrepublik  (am 24. Mai 2019  wird sie rüstige 70) geboren. Im Rückblick auf mein Leben betrachte ich das nicht als "Gnade der späten Geburt", sondern als außerordentliche Privilegien: Zeuge eines einzigartig friedlichen Zeitrums für die Geschichte unseres Landes zu sein, ist das eine. Das Zusammenwachsen Europas nach all dem Blutzoll, der vom deutschen Boden aus entzündeten Weltenbrände gegen alte Ressentiments, ist das zweite.

Ich hoffe sehr, dass ich das immer noch mögliche Scheitern dieses Einheitsprozesses nicht mehr erleben muss. Doch die Chancen stehen schlecht, weil auf einmal ein verquastes, solitäres nationales Denken an Raum gewinnt. Was nach Vergegenwärtigung der historischen Faktenlage, eigentlich nicht passieren dürfte.

Was haben Jüngere erlebt, das sie nun dazu bewegt, ewig gestriges Gedankengut wieder aus zu graben? Die aussterbenden Älteren können es ja wohl nicht sein. Sie haben die nationalsozialistische und die kommunistische Realität ja nicht nur überwunden, sondern deren Folgen auch mit eigener Kraft abgeschüttelt.

Was befruchtet das Sehnen, wenn einem Matteo Salvini bei einer Rede vom "Mussolini-Balkon" bei Forli gehuldigt wird - wie einst dem verbrecherischen Duce? Was für eine Art Gerechtigkeitssinn beflügelt das Denken, die Schuld für eigene Versäumnisse und ein abgehängt Sein, dem Erfolg der europäischen Idee anzuhängen? Was wäre denn geworden aus den leichtsinnig verschuldeten Staaten, hätte die EZB nicht zu ihrer Rettung existiert?

Sie alle, die jetzt "Europa von innen zerstören wollen", sind doch historisch und aktuell jeden Beweis schuldig geblieben, sie hätten es alleine besser hinbekommen. Das gilt auch für das glorreich abgehalfterte Vereinigte Königreich, das ohne europäische Unterstützung ja nicht einmal mehr einen geordneten Brexit hin bekommt.

Was also - ihr nicht konformen Nationen Europas - treibt euch in die Sezession?

Es gäbe nur einen Grund: Das wäre der fehlende Mechanismus zum Angleichen der Volkswirtschaften. Aber den Bestrebungen steht ihr ja selbst im Weg, indem ihr der Korruption und der Abschaffung einfachster Bürgerrechte freie Bahn verschafft, damit ihr einer Clique von Kostgängern volle Taschen versprecht...

Lasst die Finger von den geplanten Manipulationen der Europa-Wahl! Die aufrechten Bürger dieser Union, werden dafür sorgen, dass ihr sie euch verbrennt!
Wird das schwarzbraune Gemisch im
Europa-Kolben nicht nur
brodeln, sondern gar explodieren?
Wann wird die kritische
Gemengelage zur
Bedrohung für den Frieden in Europa?

Freitag, 17. Mai 2019

Wenn die Gedanken auf Kreuzfahrt gehen

Mit dem Mal-Programm auf meinem
Laptop muss ich ebenfalls
 noch üben - wie man sieht 
Irgendwann wirst du von deinem Körper mit der Frage konfrontiert, ob du dich auf seine eingeschränkten Möglichkeiten einlässt oder als Gegenmaßnahme das Bewusstsein erweiterst.

Als ich noch unbegrenzt fit war, hatte ich vorgesorgt, indem ich für Notfällen durch einfache Meditation zum Beispiel Schmerzen oder kontraproduktive Hektik eindämmen konnte.

Bei Schlangenbissen wäre es sehr hilfreich gewesen, dass ich meinen Puls tatsächlich extrem zurückfahren oder Schmerzen ausblenden konnte. Zum Glück bin ich weder gebissen worden, noch wurde meine Schmerz-Unempfindlichkeit je über ihre Grenzen ausgelotet. Vielleicht ist das der Grund, wieso ich diese Fähigkeiten leider nicht konserviert habe. Ich habe ja auch meine asiatischen Kampftechniken nie gebraucht, weil mich wohl allein meine  Figur vor körperlichen Auseinandersetzungen bei Abenteuern schützte...

Heute jedenfalls kommen Ängste leider wieder näher an mich heran, als es dem Ruhestand gut tut.
Tagsüber kann ich damit umgehen, aber nachts bin ich dem Horror meiner Träume hilflos ausgeliefert. Die Tage danach sind im Prinzip durch die dann folgende Antriebsschwäche verloren - wenn ich nicht lerne umzudenken.

"Sag dem Abenteuer, dass ich komme", gilt eben einfach nicht mehr. Diese Erkenntnis haben vor mir schon andere gewinnen müssen. Und die haben auch überlebt. Also habe ich nach der vorangegangenen Nacht den Vorsatz getroffen, mich im Innersten auf die Suche zu machen, um meine verschütteten, meditativen Kräfte zurück zu gewinnen.

Angefangen habe ich mit dem Power-Schlaf. Es ist nämlich nicht wichtig, wie viel und wie lange man schläft, sondern wie es einem gelingt, möglichst viel Qualität aus einem kurzen Schläfchen - egal wann - zu gewinnen:

Ich lege mich dafür rücklings auf den harten Boden, strecke bei stark angespanntem Körper durch bis zum Muskelschmerz, dehne meinen Kopf mit gerecktem Kinn in den Nacken und schiebe meine Hände mit  durchgestreckten Armen in die Hosentaschen oder unter den Gürtel. Dann nach ein zwei Minuten löse ich die Spannung komplett bis ich nur noch das Gefühl habe, eine weiche Masse zu sein.

Es hat sofort wieder geklappt. Ich weiß noch, dass diese Methode bei allen funktioniert hat, denen ich sie vor allem gegen den Jet-Lag empfohlen habe...

Für kurze Zeit fühlte ich mich zwischen Tag und Traum wie ein Passagier auf einem Kreuzfahrtschiff. Gedanklich eingehüllt in einer Decke auf einem Liegestuhl das Schaukeln der Wellen spürend. 35 Minuten totale Entspannung hat das gedauert, und die Depression war fort.

Keine Bange! Ich werde im den Burgbriefen nun nicht zum Guru, aber ich möchte meinen Lesern, die vielleicht ähnliche Probleme haben, gerne in loser Folge über die Fortschritte meiner "Rückruf-Aktion" berichten.

Komisch dabei: Kreuzfahrten waren nie mein Ding und bei Kälte auf der Terrasse zu liegen auch nicht! Allerdings verlief die nächste Nacht nicht besser. Aber immerhin der Anfang ist gemacht.

Mittwoch, 15. Mai 2019

Bei offenem Fenster

Es ist nicht der Ausblick. Es sind die Geräusche und Gerüche,
die das Schlafen bei offenem Fenster so heimelig und entspannt machen...

如果你打开窗户,可以获得大量新鲜空气,但必须带上苍蝇

Wer die Fenster weit aufmacht, bekommt viel frische Luft, muss aber die Fliegen in Kauf nehmen...

Es sind kleine Dinge, die einen aus dem Alltäglichen herausreißen. Gestern kam es mir zu Bewusstsein, dass wir beinahe acht Monate nicht - wie sonst bevorzugt - bei offenem Fenster haben schlafen können. Im Glashaus geht das wegen des nachts kaum abebbenden Straßenverkehrs nicht. Allenfalls zwischen drei und vier Uhr nachts ginge das, aber dann waren da ja auch Großbaustellen in der Nachbarschaft, die ihren Staub in die Wohnungen bliesen. Die schalldichten Fenster schließen einen jedoch von allen Geräuschen aus -außer vielleicht dem Schnarchen des Partners.

Bei unserem Wechsel nach Italien war ja der Mini-Winter angebrochen, und es hat hier im ligurischen Vorgebirge derart eiskalt gestürmt, dass uns ein Teil von den großen Schlagläden abgerissen wurde. Mitten in der Nacht hatte der Sturm sich gelegt. Nicht mehr das Gepolter loser Teile oder das Schebbern verschobener Stühle auf der über uns liegenden Terrasse zu hören, war da schon beinahe unheimlich.

Der Himmel war schon leicht angegraut, da habe ich das Schlafzimmer-Fester geöffnet, und sofort war ich wieder daheim: Im Unterbewusstsein vernahm ich die Repitition unserer Kirchenglocke, und das immer vielstimmiger werdende Gezwitscher unserer gefiederten Mitbewohner. Das Bellen der Jagdhunde im Zwinger gegen den restlichen Mondschein,, und dann wurden irgendwo pünktlich Schweine gefüttert. Seit langer Zeit haben meine Frau und ich nicht mehr bis zehn Uhr früh geschlafen, und auch die allmorgendlichen Schmerzen blieben aus. So entspannend und erquickend war dieser Schlaf bei offenem Fenster.

Aber beim Schreiben rattert das alte Hirn natürlich weiter. Auch wenn ich mich wiederhole mit dem chinesischen Spruch als Einleitung:
Wäre es in diesen von Dumpfheit geprägten Tagen vor der Europa-Wahl nicht generell angebracht, die verbal verrammelten Fenster zum Nachbarn mal wieder weit zu öffnen. - Selbst wenn er unappetitliche Geräusche macht!

Montag, 13. Mai 2019

Wenn Mussolinis Wahlkampf machen

Nein, ich war nie ein politischer Journalist. Und ja, ich vertrete die Ansicht, dass nur akkreditierte Korrespondenten ein Recht haben, Kritik an dem Land zu üben, in das sie entsandt wurden. Als Deutscher, der die Gastfreundschaft dieses herrlichen Landes genießt, habe ich es mir bislang verbeten - auch im Angesicht germanischer, geschichtlicher Greul, die auf dem Stiefel ausgeübt wurde - eine Meinung zum Zustand der "Republica" zu äußern. Aber als leidenschaftlicher und hoffnungsfroher Europäer, halte ich mich angesichts der bevorstehenden Europa-Wahlen nicht länger zurück.

Geliebtes Italien! Wohin treibt Dich der Grecale?

Grecale, das ist der Wind der aus der furchtsamen ligurischen Sicht nach Norden - also von rechts aus dem Nord-Osten kommt, Kälte und schlechtes Klima mit sich bringt, und absolut unitalienisch ist.
Angefacht von der Lega, die es irgendwie geschafft hat, dass man sie nicht mehr allgemein treffender mit dem Nord einschränkend zusammen nennt, hat wieder ein erfolgreicher "Marsch auf Rom" stattgefunden. Anfangs belächelt wie die Faschisten, die sich am 23 März 1919 von Groß-Industriellen unterstützt mit dem links gestarteten Duce Mussolini in Mailand zum historischen Treffen einfanden, bestimmt die Lega nach überraschend schnellem Aufstieg heute die Politik Italiens. Obwohl sie von den Stimmen her nur ein Appendix an der Regierungs-Bildung mit der Cique-Stelle-Bewegung war, werden die populistischen "Lega"-Themen lauter und schneller verbreitet als die zunächst oft idealisierten Vorhaben des 5ST-Gründers und -Vordenkers Beppe Grillo.
Dass dem als "Polit-Clown" unterschätzten Schauspieler und Kabarettisten das nicht passt, hat er seit Jahresbeginn immer deutlicher zum Ausdruck bringen wollen. "Grillo afferra la sua vailigia", Grillo habe seine Koffer gepackt, textete bereits in diesem Januar die mitte-links  stehende Wochenzeitschrift L'Espresso. Aber Grillo gibt bei seinen verklausulierten, öffentlichen Auftritten für seine Botschaften ironisch danach gerne zu, dass er sie selbst nicht verstehe.
Un Grillo - also ein Schekel soll bei Starkwind Segel und Shot
zusammenhalten. Vielleicht wird sich ja der
Komiker noch bewusst, was er in Italien mit der
Koalition seiner 5ST angerichtet hat...
Dabei sei sein Austritt längst beschlossene Sache, aber er vollzieht ihn nicht. Aus Angst vor seiner missverstandenen Rolle in der Geschichte? Der Mann ist eitel bis zur Selbstverliebtheit, aber damit hat er dem auf Krawall gestrickten Polit-Selbstdarsteller Matteo Salvini mit seinem populistischen Ränkeschmieden nichts Plausibles entgegen zu setzten.

Gleichzeitig starten die Ultra-Rechten mit zwei Mussolini-Nachkommen in den Europa-Wahlkampf. Richtiger Weise gibt es kein verächtlich Machen ganzer Sippen. Aber die beiden  mit unterschiedlichen Parteien auf  Stimmenfang - Urenkel der eine, Groß-Cousine die andere - verbreiten faschistisches Gedanken-Gut. Sie verteidigen die "Bewegung der Faschen" als in ihrer positiven Entwicklung vom Krieg ausgebremst. Italien könnte viel bedeutender sein, wenn es faschistisch geblieben wäre - so der Umkehrschluss.Da die alten Schwarzhemden mehr oder weniger ausgestorben sein dürften, überrascht der Zulauf junger Neo-Nazis. Ein Phänomen, wie wir es auch aus Deutschland und Frankreich aber nun auch in Ost-Europa erkennen. Vor allem in Staaten mit überwundener, kommunistischer Repression in ihrer Geschichte ist das umso verwunderter zur Kenntnis nehmen.

Na ja, bei uns soll es ja auch immer noch welche geben, die Auschwitz für eine Lüge halten und meinen, Hitler hätte ja Autobahnen anlegen lassen und die Massen-Arbeitslosigkeit beendet...

Jüngste Prognosen für die Europa-Wahl sehen Marine Le Pen vor Emmanuel Macron, und Viktor Orban kann getrost darauf verzichten, den sich ultrarechts peinlich anbiedernden CSU-Spitzenkandidaten Manfred Weber zu unterstützen. Als Teil der national-konservativen Allianz wird seine Partei Fidesz nach der Wahl wohl  eh mehr Einfluss haben.

Natürlich hat es national-konservative Strömungen weltweit schon immer gegeben, aber dass sie mittlerweile einen derart politischen Rüpel-Stil pflegen, ist dem Einfluss seines "Spiritus Rector" geschuldet. Donald Trump fördert die europäische Rezession, und das ist auch die Antwort darauf, wieso die Europa-Gegner sich in dieses Parlament wählen lassen wollen:
"Um Europa von innen zu zerstören", wie ein verwirrter AfD-Politiker dies mit der Vernichtung des Todessterns in den STARWARS gleich setzte.
Un Grillo - also das echte Grillen-Männchen weist
erstaunliche Parallelen zum "richtigen Leben" auf: Es singt
schön un betört damit paarungsbereite Weibchen.
Beide frönen dem HWG, fressen sich aber dabei nicht auf,
wie häufig behauptet wird. Trotz des Paarungseifers landete diese
Heuschrecken-Art bereits auf der "Roten Liste" vom Aussterben bedrohter Spezies
Foto: pro natura

Freitag, 10. Mai 2019

Die letzten Tage des Winters?

Am 9. Mai 2019 war der Appenin beim Blick
von unserer Terrasse noch derart verschneit. Die links hinterm
Vorgebirge verborgenen tief in Weiß gehüllten Alpen-Gipfel hatten in den vergangenen
Wintern weniger Schnee als jetzt im Frühling
Nicht nur Donald Trump, sondern die gesamte Ultra-Rechte der Welt - von Brasilien bis Brandenburg - tut sich schwer mit dem Bekenntnis zum Klimawandel. Die Bauern, die Agrar-Multis und die Glyphosat-Hersteller würden die grünen Aktivisten am liebsten in der Gülle und dem Nitrat ersäufen, das sie damit überproportional ausbringen. Was kümmert mich die Belastung von heute als Krebs-Erreger von morgen?

Die Politik - noch dazu bei den anstehenden Europa-Wahlen - eiert auf einem (sorry aber der Gag muss jetzt sein) nicht Muh- noch Mäh-Kurs herum. Wahlen und Legislatur-Perioden haben eben rein gar nichts zu tun mit der Notwendigkeit nachhaltiger Verantwortung.

Bienen zu retten und freitags zu demonstrieren beruhigt im Hinblick auf einen Teil verantwortungsbewusster Mitmenschen. Aber auf Dauer hilft eben nur strikt, noch unverdorbene Parteien zu wählen, die den Arten-Schutz und den Klimawandel voran stellen und nicht leugnen..,

Unser ligurisches Burgdorf stirbt aus, und demonstriert damit ungewollt die Macht der Natur. Das Haus gegenüber, das wegen Tod und Alter seit zwei Jahren unbewohnt ist, bietet im Dach - wie das Gebäude direkt daneben im seit Jahren nicht gebrauchten Kamin - nun Unterschlupf für die andernorts vom Aussterben bedrohten Hornissen und mindestens zwei Wildbienen-Arten. Von unserer Terrasse aus ist der Flug-Verkehr schön und mit exklusiven Vergnügen zu beobachten. Moos holt sich auf den Nebengassen Fuge um Fuge zurück. Und wir sehen im dritten Frühjahr hintereinander, dass der eigentlich niedrigere Appenin immer noch verschneite Gipfel zeigt. Der Wonne-Monat Mai, der unsere Planung für den Ortswechsel stets beherrschte, hat uns in den letzten Tagen wieder gezwungen, die Heizung morgens und abends für Stunden anzuwerfen, damit die dicken Mauern halbwegs heimelig werden. Nachts kuscheln wir uns unter drei Decken zusammen, schlafen aber dafür ohne schlechtes Gewissen bestens. Im Glashaus mussten wir schon ab ende März kaum noch heizen...

Heute dann der Wandel: Von einer Stunde auf die andere scheint die Sonne näher an den Borgo heran gerückt zu sein. Auf der Terrasse, auf der wir nur bibbern und den erfrorenen Pflanzen nachtrauern konnten, schien die Sonne um acht Uhr noch derart intensiv, dass es gerade noch auszuhalten war. Normal ist das nicht mehr.

Geregnet hat es in den Wintermonaten offenbar genug - wie oben auf dem Foto zu sehen ist - aber die sich ankündigenden Hitze stellt die Natur hier vermutlich dann auch paranormal auf die Probe.

Am 24. Mai soll die Durchschnitts-Temperatur schon bei 26 Grad liegen. Es ist anzunehmen, dass sie - wie im vergangenen Jahr - dann bis Oktober nicht mehr zurück geht. Wenn nördlich des Alpen-Hauptkammes ein Dürre-Sommer mit Starkregen-Überschwemmungen prognostiziert wird, kann es auch hier hingegen wieder mit der Wasserversorgung eng werden...

Es ist eben so: Die Natur macht uns Menschen in jedem Fall alle platt. Und wir haben es verdient.

Das Weingut "Rocca San Nicolao" zu Füßen unseres Burgberges steht nun seit Jahren unter Kuratel. Zwar wurden die Weinstöcke beschnitten, aber Verwaltungs-Gebäude, der schöne Schauraum und die hochherrschaftliche Auffahrt wuchern und ranken zu. Aus jedem Riss des Asphalts sprießen Büsche und Staueden. So schnell geht das, wenn der Mensch nicht mehr eingreift.

Dienstag, 7. Mai 2019

Sola o Vedova

Witwen trauern oft für den Rest ihres Lebens,
überwinden aber den Katzenjammer..
Claus Deutelmoser: Hangover, Aquarell auf Bütten

Als ich am vergangenen Wochenende auf die Burg zurück kam, begegnete ich beim Hochschleppen nacheinander vier Frauen, die mir Gelegenheit gaben, beim Plauschen nach Luft zu schnappen: Starke Frauen!
Die erste, die ich noch auf dem Parkplatz unten traf, ist und bleibt eine echte "Sola". Sie war zwar mal verheiratet und ist Mutter und Großmutter. Aber dann mehrfach liiert, ohne sich auf Dauer auf einen Partner einzulassen. Meine Leser kennen sie als die einstige Sammlerin buntester Jogging-Anzüge und die heutige Sonnenblumen-Wirtin unseres Sozial-Cafes im Hauptort. Sie ist keine besonders attraktive Frau, aber sie strahlt immer noch Verlangen aus, was offenbar die Zeit spurlos an ihr vorüber ziehen lässt. Seit bald zwei Jahrzehnten sind wir Nachbarn, aber wirklich verändert hat sie sich in den Jahren nicht. Es sein denn ihr seriöser Wirtinnen-Look hat die Jogging-Anzug-Phase hinter sich gelassen. Ich denke immer noch gerne daran, wie sie früher auf unserer Bank vor dem Haus meiner Frau beim Schwatzen geduldig Italienisch beibrachte.

Es kommt stets darauf an, was sie bereit sind, aus dem
möglichen zweiten Frühling zu machen:
Claus Duetelmoser:  Secunda Primavera, Öl auf Leinwand
An der Treppe traf ich Giovanna, die seit zwei Jahren verwitwet ist. Sie war immer eine bärenstarke Erscheinung die ihren Mann Francesco noch fragiler erscheinen ließ. Aber das täuschte. Der temperamentvolle Kerl hatte enorme Kräfte, was ich erlebte, als er mich beim Schleppen der Granit-Platten für unsere Küche, die er mit seiner Ape hoch gefahren hatte, ausschloss. Er schob mich einfach zur Seite, um mit dem auch verstorbenen Ruinen-Baumeister die schwere Last ins Haus zu wuchten. Als diabetischer Leidensgenosse nahm er meine Ratschläge nicht an.  Er wollte kein Insulin spritzen und sich nicht selber zur Kontrolle  der Werte in die Finger stechen. Eines Tages kam er mit einem ausgesetzten Hündchen aus dem Wald, mit dem er dann mehrmals am Tag spazieren ging. Das war an Therapie alles, was er zuließ. Dann kam nur noch Giovanna mit dem Hündchen vorbei. Francesco hing nur noch zuhause herum. Nichts trieb ihn mehr an. Den nächsten Winter überlebte er nicht. Sein Hündchen blieb neben umfangreichen Latifundien und Häusern die gesund erhaltende Hinterlassenschaft. Braun gebrannt scheint sie nun im langen Gassigehen noch mehr Kraft getankt zu haben. Sie bezeichnet sich selbst als Sola und nicht als Vedova.

Dann auf den letzten Metern traf ich  "Gutemine", die ich vor annähernd zwei Jahrzehnten so getauft habe, weil sie der Comic-Figur als Ehefrau von "Majestix" aus "Asterix und Obelix" so ähnlich sah. Noch immer türmt sich die nun nachgefärbte, geflochtene Haarpracht um ihren Kopf. Sie ist wie immer in Eile, weil sie ja noch immer viel Familie hier oben hat, die sie selbstverständlich vollständig versorgt.

Auf unserer Piazza dann noch so ein Phänomen weiblicher Reife: Unsere direkte Nachbarin, die Bürgermeisters-Witwe. Sie könnte sich unten in Imperia in einem ihrer Häuser bei ihren Kindern und Kindeskindern einen schönen Herbst machen. Zumal sie mit beinahe 80 noch eine neue Hüfte bekommen hat, ist ihr die unabhängige Mühsal des Schleppens über Treppen hier oben offenbar immer noch wichtiger. Denn Hilfe lehnt sie energisch ab.

In der Ruhe liegt ihre Kraft,
sich in Gelassenheit den
kleinen Dingen des Lebens hinzugeben...
Claus Deutelmoser: Maturata, Ölkreide auf
Mal-Karton
Die Bürgermeister-Witwe ist es auch, die mir zwinkernd eine lustvolle Schwäche für "donne maturate" unterstellt.. Ich denke aber, dass es eher meine Begeisterung für starke Frauen ist. Als Sohn einer starken Mutter habe ich dann selbst eine starke Frau geheiratet und mit ihr eine starke Tochter gezeugt. Beide bevormunden zwar heute mein Leben als in die Jahre gekommener,abgehalfterter Womenizer, aber das finde ich total in Ordnung...

Übrigens haben italienische Männer und Frauen im Vorderfeld eine um einige Jahre höhere Lebenserwartung als Deutsche, die weltweit nur im abgeschlagenen Mittelfeld "überleben". Auf dem gesamten Globus sind es immer die Frauen, die ausnahmslos länger leben als Männer. Die Wissenschaft vermutet, das läge an dem grundsätzlich gesünderen und weniger risikobereiten Leben, und auch daran, dass die zwei  XChromosomen den Ausschlag gäben, während uns Männern das immer wirkungsloser werdende Testosteron im Endeffekt Lebenskraft raube...

Wieso geben wird nicht einfach zu, dass das sogenannte schwache Geschlecht in Wahrheit das stärkere ist?

P.S. Honkong liegt in der Langlebigkeit an der Weltspitze, aber die Burg-Gemeinschaft hier dürfte sie noch toppen.

Montag, 6. Mai 2019

Der stille Reise-Begleiter

Ein Kleidersack, der aussieht wie eine
Reisetasche, aber durch Aufhängen hilft,
den Inhalt wie frisch gebügelt erscheinen zu lassen
Vor langer Zeit in einer fernen Galaxie war die Frau, die meine Leser "als Zweitbeste", als "Fürsorglichste" und letztlich auch als "Sparsamste" kennen gelernt haben, durch ihre beinahe verschwenderische Großzügigkeit bekannt.
Weil ihr Mann so viel weltweit mit dem Flieger unterwegs war und sich immer darüber aufregte, wie viel Zeit beim Aufgeben des Gepäcks und dem Warten am Ausgabe-Band verging, machte sie sich damals noch ohne Internet und einschlägigen Versandhandel auf die Suche nach einem passenden Geschenk.

Ich bekam es zu meinem 35. Geburtstag, und seither ist der Kleidersack mit meinen Initialen drauf mein liebster Reisebegleiter. Sein 35jähriges Dienstjubiläum habe ich zu meiner Schande tatsächlich verschwitzt, weil ich ihn heute nur noch zweimal im Jahr zum deutsch-italienischen Wohnorts-Transfer mit einer Hotel-Übernachtung in Anspruch nehme. Fliegen muss ich und will ich vor allem nicht mehr, weil ich statistisch nach drei Havarien und zwei Beinahe-Crashs das Schicksal nicht weiter herausfordern möchte.

Dass ich 1972 nur bei den Sommerspielen in München und nicht bei den Olympischen Winterspielen von Sapporo dabei war, ersparte meiner jungen Vielflieger-Karriere gleich die Flugzeug-Entführung von Aden. Unter den Passagieren des Fluges Tokio-Frankfurt, die die Bundesregierung samt Crew damals für 5 Millionen US-Dollar freikaufte, waren nämlich auch die meisten der deutschen Wintersport-Berichterstatter. Von da an wurden die Sicherheitskontrollen an den Flughäfen weltweit in dem Maße beinahe täglich schärfer, wie die Lösegeld-Forderungen bei Flugzeug-Entführungen inflationär zunahmen, aber letztlich taktisch auch verweigert wurden.
Zwei Clips machen den Bag zum
Handgepäck. Der Kleiderhaken
ist durch eine Schlaufe arretiert.
Die Fotos habe ich bei unserer
Abreise am 4. Mai gemacht.
Das ist der aktuelle Look nach 35 Jahren.
Qualität zahlt sich aus

Ach hätte ich ihn da schon gehabt - meinen unverwüstlichen Reisebegleiter. Aber da brauchte es noch Hartschalen-Koffer oder klobig resistente Metall-Dinger. Das Film-Material - ob belichtet oder nicht -
musste in Schutz-Tüten gegen die "x-rays", und dazu kamen die Körper-Checks.
Alles ging viel leichter, wenn der Reisende - selbst auf Langstrecke - nur Handgepäck dabei hatte. Vielleicht ist der Kleidersack von Pierre Cardin (daher auch die Initialen CD) wirklich der Grund dafür gewesen, wieso ich bei weit über einer Million Flug-Kilometern nicht einmal ein Gepäckstück verloren habe oder auf ein fehlgeleitetes warten musste.
Todesnähe seines "Herrchens" blieb ihm erspart, aber der Kleidersack könnte manches erzählen, das ich bis auf zwei Ereignisse nicht kolportiere, weil es eben an Angeberei grenzen könnte:


So hat das Teil gleich im zweiten Jahr den Rekordflug der AirFrance-Concorde von JFK nach Orly mitgemacht. Kein Passagier-Flugzeug hat den Atlantik bislang schneller überquert. Das Kabinenpersonal war jedoch eher entzückt von meinem französischen Reisegepäck, das es einfach in ihr Compartement hängte.

Aber es ging auch anders herum: Bei einer Neuengland-Reportage hatten die Hotel-Bosse darauf bestanden, dass ich in den angesagten Etablissements von Boston absteigen sollte:
Im Boston Ritz Carlton rümpften sie die Nase wie sie meinen Kleidersack als mein komplettes Reisegepäck in Empfang nehmen sollten. Und dann trug der "Kraut" aus Gewohnheit auch noch das Stück selbst aufs Zimmer - ohne Trinkgeld abzudrücken! Die Strafe folgte beim Frühstück am nächsten Morgen. Früh mit dem Morgenlicht im gegenüberliegenden Park, dem "Common", in meinem Fotografier-Outfit unterwegs freute ich mich auf das Frühstück, wurde aber nicht vorgelassen, weil meine  Berufskleidung nicht als der geforderte Business-Look akzeptiert wurde. Man bestand trotz meiner beruflichen Reporter-Einwände auf Jackett und Schlips. Vermutlich weil man  mich in Verlegenheit bringen wollte. Es konnte sich wohl keiner vorstellen, dass ich einen "börsengrauen"  Anzug dabei hatte. Machten die Augen, als ich zehn Minuten später wie ein Banker den Frühstücksraum betrat!

Leider habe ich vergessen, wie das Hotel hieß von dessem Penthouse ich das Titelbild von der nächtlichen Skyline über Backbay hinweg schoss. War wohl selbst zu beeindruckt vom Maisonetten-Appartement mit eigenem Fahrstuhl und Butler. Der Butler hingegen war beeindruckt, wie ich aus meiner Reisetasche noch ein Dinner-Jacket samt Weste und Smoking-Hemd zum Aufbügeln hervor zog; Gimmick eines routinierten Packers.Beim Governors-Abschluss-Dinner am Abend fiel mein Trick, das Outfit mit einer schwarzen Jeans zu kombinieren gar nicht auf.

Mein "omnia mea mecum porto" ("all das Meine trage ich bei mir" von Cicero dem griechischen Philosophen Bias von Priene zugeschrieben) habe ich zwar der Praxis eines alten Reise-Journalisten-Kollegen entlehnt, aber ohne das Geschenk meiner Frau, wäre die Veredelung dieser Traveler-Philosophie niemals möglich gewesen...