Donnerstag, 28. Juli 2022

Den Geheimdiensten droht die fehlende Existenzgrundlage

 Wegen Schwierigkeiten mit meinem Computer dieser Post vorab:


Wer braucht eigentlich noch die Dunkelmänner, die in Spielfilmen mit hochgeklappten Mantelkragen durch das Zwielicht staatlicher Aktionen schleichen?
Keine Kriese hat bislang mehr verdeutlicht, wie sehr die Dienste heutzutage im Dunklen tappen, als der Krieg in der Ukraine. Der Grund: In den Demokratien haben sogenannte investigative Netzwerke die Oberhand. sie wissen oft mehr als die "Verschleierer" und gehen damit unmittelbar an die Öffentlichkeit.

Quelle: DER SPIEGEL

Derart wird die Politik mit durchgesteckten Geheiminformationen bombardiert, dass ihr eigentlich keine Zeit bleibt, sensible Daten zu schützen. Bestes Beispiel ist die Lieferung schwerer Waffen, die en Detail  aufgedröselt wird, dass der Feind praktisch nur noch Zeitung zu lesen braucht.

Gehört es tatsächlich zur Informationspolitik in einer Demokratie, dass der Bürger erfährt, dass der avisierte Ringtausch Alt gegen Neu wegen tatsächlich Uralt gegen erheblich Gebraucht bei der Unterstützung der Ukraine nicht funktionieren will. Und wieso der Kanzler schmallippig vorgeführt wird, weil er darüber nicht reden will, wieso absolut megaschwere und potenziell kriegsentscheidende Waffen nun doch auf direktem Weg von Deutschland in die Ukraine gelangten.

Am besten, ihr nehmt den FSB gleich auch zum gegenseitigen Austausch in den geheimen und verschlüsselten Mail-Verteiler mit allen anderen Diensten. Auf diese Wege könnten die enormen und meist nicht zu überprüfenden Ausgaben zum Deckeln der kriegsbedingt gestiegenen Energiekosten verwendet werden. Wie sich herausstellt, wird der Energie-Sektor der EU von Bataillonen russischer Hacker so transparent gemacht, dass unsere Regierungen bei deren Ergebnissen spicken könnten, um keine vagen Aussagen über unseren Status im Kommenden Winter mehr machen zu müssen.

Quelle: dreamstime.com

Wir indirekten "Kriegsopfer" haben ja sowieso nicht die Möglichkeiten, uns in der ausgebrochenen Propaganda-Schlacht noch ein halbwegs verlässliches Bild der Lage zu machen. Die Maskirovka, die einst kunstvoll erdachte Irreführung der Feinde Russlands ist ja nur noch ein plumpes Lügengebäuden, das schon durch direkte Übertragungen von privaten Handys ins Netz zum Einsturz gebracht wird.

Stattdessen feiert auch das Narrativ unmittelbar entlarvend  eine ungebremste Wiederauferstehung. Vor ein paar Jahren habe ich den Russischen Außenminister Lawrow noch für eine intellektuelle Notbremse von Putin gehalten. Aber der permanente direkte Umgang der beiden hat ihn als kolossalen Deppen enttarnt - auch ohne Infos aus dem Spionage-Untergrund:

Denn wer bekräftigt, er wolle einen Systemwechsel der Ukraine erzwingen, hat in einem Anfall von Größenwahn die Zeichen der Zeit nicht richtig gedeutet. Der Zug ist längst abgefahren Towarisch, denn wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, wie ein einst weiserer russischer Staatsmann gerne zitiert wurde. Aus der Endstation "Atomkrieg" gibt es keinen Ausstieg.

Muss man jeden Unsinn nur noch so oft es geht wiederholen damit ein Narrativ aus ihn wird?
Quelle: Humanistischer Pressedienst hpd



Mittwoch, 27. Juli 2022

Warten auf Regen, ohne sich zu regen

Das ist paradox. Die Wetterdienste werden in unserer Region eins ums andere Mal absurd vorgeführt. Seit letzten Sonntag sollte es bedeckt und regnerisch sein. Tatsächlich fielen da um 7Uhr30 etwa fünf zählbare Tropfen. Dann löste eine Höhenwind vom Meer die Wolkenmassen wieder auf, während wir hier auf dem Burgberg nahezu Windstille hatten. So geht es seither jeglichem Tag: Der lokale Wetterbericht verschiebt die Vorhersage der heiß erwarteten Regenwoche immer wieder um 24 Stunden. Von dem Gewitter, das ab Mitternacht quasi mit Blitzen aus einem Stroboskop tobte, bekamen wir heute Morgen gegen drei Uhr nur ein paar Windstöße und einen halbstündigen Schauer. Das war eher wie ein Aufguss in der Sauna...

Sonne fressen Regen auf
Quelle:dreamstime.com

Langsam habe ich das Gefühl, die "Wetterfrösche" machen das, damit wir die Hoffnung nicht verlieren und in dem depressiv feuchtem Luftdruck auch nicht verzweifeln. Es ist aber zum verzweifeln. wenn die Tag-Nacht-Temperatur fast gleich bleibt und die Luftfeuchtigkeit trotz der anhaltenden Trockenheit am Boden so verhältnismäßig hoch bleibt. Während ich hier um 9 Uhr früh tippe, zeigt mir der GPS-gestützte Computer bereits wieder 25 Grad an. Es wird also wieder ein Tag, an dem das Thermometer über 30 Grad klettert.

Während ich schreibe, höre ich online meinen Heimatsender und bin neidisch, dass in München nach Gewittern die Temperatur auf unter 20 Grad gesunken ist. Da würden wir Alten hier vermutlich schon die Strickjacke anziehen müssen.

Quelle: catprint.de
Ich kann ja nicht den ganzen Tag nackt herumlaufen, aber jedes auch noch so leichte Kleidungsstück ist nach ein paar Minuten klatschnass. Nachts muss ich dreimal das T-Shirt wechseln. Was machen wir nur, wenn wir die Waschmaschine wegen Wassermangels nicht mehr bedienen dürfen?

Wenn der Wasserspiegel in der Zisterne des Versorgers weiter sinkt, können wir es wegen der nicht mehr ausreichenden Qualität auch nicht mehr trinken. Das heißt, wir müssen Mineralwasser in Sechserpacks zu je 16 Kilo hier hoch schleppen.

So lange wir noch Wasser haben, teilen wir es mit den Pflanzen auf der Terrasse und rund um die Piazza, aber wir werden bereits von den Alteingesessenen deswegen angefeindet. 

In den Nachrichten lesen wir von tausenden von Hitze-Toten in Europa meist Menschen in unserem Alter. Aber wir haben es ja noch gut, weil wir uns zur Not nicht regen müssen und quasi regungslos wie Sukkulenten noch ohne Stress auf die nächsten Tropfen warten können. Dieses Privileg haben die vielen Betagten Nachbarn nicht, die von ihren Gemüse-Gärten und Oliven-Hainen leben müssen. Wohl denen, die auf ihrem Grund eine Quelle haben, die einen kalten, für Ligurien typischen Laghetto speist  wie unsere Schweizer Freundin ihn genießt. Da ist unsere Versorgung partiell zumindest gesichert - selbst wenn ihre auch unter der Hitze leidenden Hühner immer kleinere Eier legen...

Wie lange noch sprudeln die Tiefenquellen
im ligurischen Bergland noch? Jetzt 
rächt es sich, dass viele Brunnen zugemauert wurden.

Quelle: relaisdelmare-it


Montag, 25. Juli 2022

Das Draghi-Drama

Angetreten, um den schiefen Schulden-Turm Italiens etwas
gerade zu rücken - und gescheitert.
Wieder einmal rächt sich, dass "il populo"
 Italiens Politikern oft scheißegal ist,
wenn es ums eigene Mandat geht
Quelle: handelsblatt,com


Als Deutscher steht mir eine Ansicht zur Politik Italiens eigentlich nicht zu - wohl aber als überzeugter Europäer:
Der Sturz des Italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi ist eine Katastrophe für Europa, denn der eloquente Gentleman und hochgradige Finanzexperte hat in seiner knappen Amtszeit mehr Baustellen beseitigt als die letzten seiner Vorgänger. Aber er hat sein Ziel der nationalen Einheit nicht erreichen können, weil die vielen Parteien im Parlament und Senat - so klein sie auch sind - ihr eigenes nahrhaftes Süppchen kochen wollen. Das heißt: Möglichst mein Mandat nicht verlieren!

Italien hat erneut den Status einer "Weimarer Republik" erreicht, in der der Neo-Faschismus eine Auferstehung des Schreckes feiert und der Name Benito Mussolinis immer häufiger in den Nachrichten auftaucht. Es ist hier längst kein Tabu mehr, seiner Diktatur Bedeutung beizumessen. Nachkommen von ihm werden mit Bedacht parlamentarisch in Stellung gebracht.. Am 27, Mai wagte ich in diesem Blog eine Analyse, die sich nun quasi als Realität bestätigt. Die zuvor in den Umfragen im freien Fall befindlichen Cinque Stelle und Lega haben den "Staatsstreich" gewissermaßen als Fallschirm angezettelt, weil sie bei regulären Wahlen im Februar 2023 vermutlich als Koalitionspartner anderer Mehrheiten nicht mehr relevant gewesen wären. Aber die Prognosen für Neuwahlen in drei Monaten sind nun auch so, dass beide zum Regieren nicht unbedingt mehr gebraucht werden. Dieser Schuss in den Ofen macht den Weg frei für eine gänzlich neue aber geschichtlich gar nicht überraschende Situation: Die eher ungebildete und meist betagte Landbevölkerung Italiens ist schon immer populistischen Parolen auf den Leim gegangen. Berlusconi hat sie dauerhaft derart ebenso mit dem Schlaghammer bedient wie Trump seine "silent majority". An allem ist der Euro schuld! Europa saugt Italien aus! Dass es genau umgekehrt ist, kommt bei dieser Wählerschicht ebenso wenig an wie die vielen Milliarden die die Europäische Gemeinschaft in den Süden des Stiefels pumpt. Gelder die  durch Korruption und maffiöses Regieren in dunklen Kanälen verrinnt. Damit wollte Draghi vor allem Schluss machen.

Aber auch immer mehr Bürger aus den Städten glauben den zum Teil unhaltbaren Versprechungen, sonst hätte die Sterne-Partei nicht die desaströse Bürgermeisterin von Rom stellen können. Der Sozialdemokrat Roberto Gualtieri hat sein erstes Amtsjahr als Roms neuer Bürgermeister wie Draghi allein damit verbracht, hinter seiner inkompetenten Vorgängerin Virginia Raggi aufzuräumen. Jedoch vorangegangene Fehl-Politik wird in Italien schon immer vom Wahlvolk gleich wieder ausgeblendet - ähnlich wie in Deutschland.

Quelle: süddeutsche-zeitung.de

Und so stehen die Tore bei den Neuwahlen weit offen für eine Mitte-Rechts-Regierung. Denn die vermeintlich nächste Ministerpräsidentin Italiens, Giorgia Meloni ist so weit rechts von der Mitte positioniert, dass eine Rechts-Rechts-Ultrarechts-Regierung zu befürchten ist. Eine Koalition aus ihren "Fratelli d'Italia", der "Lega" und Berlusconis "Forza Italia" liegt in Umfragen schon jetzt bei zusammen 45 Prozent, und der Sommer bleibt zu heiß, um bei Wahlveranstaltungen einen Umschwung im Denken zu erzielen. Meloni hat ihr Wahlprogramm in wenigen Worten mehrheitsfähig manifestiert:

"Ja zur natürlichen Familie - nein zur LGBT-Lobby. Ja zur Kultur des Lebens, nein zu Abtreibungen. Ja zu christlichen Prinzipien, nein zu islamistischer Gewalt. Ja zu sicheren Grenzen, nein zu Masseneinwanderung. Ja zu unseren Mitbürgern, nein zur internationalen Finanzwelt. Ja zur Unabhängigkeit der Völker, nein zu den Bürokraten in Brüssel."

Das ist eine Kampf-Ansage an Europa, und schon gehen  die Zinsen für italienische Staatsanleihen hoch. Mal sehen, wie sich Italiens Wirtschaft ohne Draghis Finanz-Genie entwickeln wird. Aber vielleicht hilft dann ja "der große Bruder", der einst in Don-Camillo-Filmen so gefürchtet war. Führende Mitglieder der Lega und der Forza halten Putin für einen respektablen Mann.

Mein Professor von den Zinnen Gegenüber hält sein Heimatland demokratisch für "unreif". Schade, Italien könnte mal wieder für eine Periode unregierbar sein, weil Mitte-Links zu zerstückelt und eigensinnig formiert ist.

Freitag, 22. Juli 2022

Meine Freundin Mia, die leider nicht die Meine ist

 Kann man sich in meinem Alter noch einmal schockverlieben? Ist gerade passiert. Und wie so oft im Leben geht es über ein paar zärtliche Berührungen nicht hinaus. Dabei kommt sie mich täglich besuchen, macht sich ungeniert in der Küche breit. Sie ist in den Monaten, seit ich sie kenne, ein ganz schönes Maschinchen geworden. Aber das tut der Liebe zu ihr keinen Abbruch, So eine wie sie hätte ich mir gewünscht, als ich noch jünger war, um ihrem Temperament grenzenlos folgen zu können.
Die Fürsorglichste aller meiner Ehefrauen ist kein bisschen eifersüchtig, denn Mia - so heißt meine neue Freundin - verteilt ihre Gunst an alle, die sie genauso schön finden wie ich, mit gleichmütiger Gleichmut.

Aber sie hat eine feste Beziehung zu meiner Schweizer Freundin, die ich eben auch sehr gern habe. Deshalb bleibt mein Sehnen ohne Hoffen - auch weil ich nicht der einzige Mann in Mias Leben bin.

Mia hat rabenschwarzes Haar und trägt rotbraune Strümpfe. Und ihre Augen spiegeln eine unschuldige Treue wieder, wie sie im besten Fall selten bei weiblichen Wesen anzutreffen ist. Mit dem Urinstinkt einer Hüterin hält sie ihre Angelegenheiten zusammen.

Ach Mia-Mäuschen! Gut, dass du "nur" eine Hundedame bist, sonst hättest du mir vielleicht das Herz gebrochen. So begnüge ich mich mit deinem Abschlabbern und dem dankbaren Knabbern an meinen Fingern, wenn du vorsichtig ein Stück Brot von mir nimmst...

Innerhalb von eine paar Monaten quasi erwachsen. Im Bild rechts war sie etwa ein halbes Jahr alt.
       Wie sich so eine Riesin nur bei dieser Hitze in der trockenen Dusche wie ein Baby räkeln mag!
Beauceron-Damen gelten als verlässlichste Hüterinnen von jeglicher Art von Herden.
Jetzt ist sie noch nicht einmal ein Jahr alt und überragt - wenn sie sich aufrichtet -
schon ihr gar nicht schmächtiges Herrchen, Ihr langes Frauchen wird sie auch bald eingeholt haben...
Fotos: Susanna Ludescher


Mittwoch, 20. Juli 2022

Il gran Caldo

Quelle: ilmamilio.it

Am Wochenende waren wir  wieder einmal bei Da Maria in Vessalico. Wie hatten einen luftigen Tisch am schattigen Rand des Gartens, und es wehte ein lauschiger Wind. Es kam eine herausragende Vorspeise nach der anderen, Wir waren in Hochstimmung, aber bei den Fleisch- und Fischgängen schlug die um. Am Essen lag es nicht . Der Wind war auf einmal weg, und uns trafen die für das Arroscia-Tal angekündigten 35 Grad mit einer Heftigkeit, die uns beinahe den Atem raubte. Später allerdings auch bei der Rechnung die Tatsache, dass die Teuerung wohl an dem beliebten Restaurant nicht vorbei gegangen ist. Statt 35 Euro pro Kopf im vergangen Jahr nun 45...

Da begann er also auch bei uns auf der Burg "Il gran caldo". Am Montag kletterte die Temperatur von 24 am frühen Morgen über Tag auf 35 Grad. Das wäre ja in den dicken Mauern unseres Hauses noch erträglich gewesen, aber in der Nacht "kühlten" sie dann nur noch auf 29 Grad herunter. So soll es mindestens die ganze Woche mit minimalen Abweichungen nach unten andauern.
Fluch der Vernetzung, mein Computer zeigt mir die Temperatur hier für den Borgo stündlich  an, wenn ich es denn überhaupt aushielte, vorm Bildschirm sitzen zu bleiben. Einigermaßen kühl ist es im Moment nur in der Küche im Parterre bei offener Tür und beschatteten, offenen Fenstern. Dann entsteht zumindest ein Hauch von Windkreuz, der draußen in den Gassen leider fehlt.

Quelle: weather.com


Als wir für die Familie Ligurien erstmals im Bergdorf Belissimi  entdeckten, stand das öffentliche Thermometer an der Kreuzung vor Porto Maurizio  nach einem Abendessen in Prino um Mitternacht bei 41 Grad. Aber das war nicht der Urlaubsrekord. Den erlebten wir in Portugal an der Algarve-Küste. Da fiel die Temperatur-Anzeige 14 Tage lang  nicht unter 40 Grad.  Nachts deckten wir uns mit klatschnassen Handtüchern zu, die kaum Linderung verschafften.

In meiner Zeit als Reise-Reporter musste ich mit extremen Temperatur-Unterschieden bei der Arbeit zurecht kommen. Aber so eine Differenz innerhalb von 36 Stunden musste ich zum Glück nur einmal überstehen: Minus 27 Grad trockene Kälte nahe dem Polarkreis in Finnisch Lappland und dann 35 Grad bei maximaler Luftfeuchtigkeit auf der Karibik-Insel Guadeloupe.

Leider haben mich die Ruhestandsjahre zu einem lauen Typen werden lassen. Für mich zählen der Frühling und der Herbst heute zu den bevorzugten Jahreszeiten. Wenn sie denn so blieben wie einst... Der "Wettergott" Petteri Taalas von der Weltwetterorganisation (WWO) hat gestern prophezeit, bis 2060 würden diese derzeitigen Bedingungen wohl Standard werden. 

Schon jetzt sind die Meere wärmer, als
es ihrer Fauna und Flora gut tut.
Populationen von Quallen und Algen
explodieren quasi
Quelle: wetter.online


Montag, 18. Juli 2022

Wider die Zeit

Fragen der Zeit, denen sich die Entscheider angeblich aus Zeitmangel nicht stellen, werden mit der Zeit zu etner Zeitfrage- Da kann man Einstein noch so sehr beipflichten, dass Zeit relativ und einen Erfindung des Menschen sei. Wir sind - egal in welcher Bemessung - dem Ablauf ausgeliefert. Ob uns die Stunde schlägt, oder ein Jahr vergeht.

Vielleicht ist es gesünder mit  dem Surrealisten
Salvador Dali auf die verrinnende Zeit zu schauen.
als über Einsteins Abstraktionen tiefer nachzudenken...

Quelle: MOMA


Die Erde umkreist die Sonne, unseren mystischen Energie- und Lebensspender von gewaltiger Dimension.
Sie ist gewissermaßen Freund und Feind zugleich, was wir mit einem Sonnenbrand büßen, wenn wir uns ihr zu lange aussetzen oder unsere Ernten gefährden, weil wir das von ihr bestimmte Klima mit unseren Errungenschaften so verändert haben.

Vergangene Woche lieferte das James Webb-Teleskop der NASA erste Bilder aus den Kindetagen des Universums. Geschossen mit Infrarot, was Dinge sichtbar macht, die eine normale Optik nicht liefert.
Wunderschön bizarre Formationen, die auch Wasser nachweisen - unser Lebens-Elixier, an dem es gerade in ganz Europa mangelt. Gemessen an anderen Galaxien ist unser Sonnen-System eher ein Auslaufmodell, und unser Planet, dessen Endlichkeit wir gerade verkürzen, noch nicht einmal eine Nadelspitze.

Sind wir mit diesem Milliarden tiefen Blick in die Nähe des Urknalls
schlauer im Wissen , wie das Universum entstand? Was war denn da vorher?

Foto: NASA


Fassten wird die Zeit nicht in Maßeinheiten, wären wir wie die Tiere wohl noch in der Lage unser Leben von einer "inneren Uhr" bestimmen zu lassen. Die meisten Mauersegler sind vom Himmel über der Burg verschwunden. Auf ein individuelles Signal ihre Reise antretend - im Wissen, dass sie im nächsten Frühling wieder ihre Mauerspalten aufsuchen, um für Nachwuchs zu sorgen. Man könnte meinen, sie seien rastlos, aber sie sind doch in der Lage mit dem Schwarm ziehenden im Flug zu schlafen.

Je älter ich werde, desto mehr leide ich darunter, dass die alljährliche Zeit-Verschiebung und die Medikamente sich gegen meinen eigentlichen Rhythmus stellen. Jeden Tag verkürzt sich wieder das Licht und verlängern sich die Schatten. Von den Hitzegraden müsste es eigentlich bald Ferragosto sein, aber es ist zu befürchten, dass dieser Sommer schon einer der längeren unserer Klima-Geschichte sein könnte.

Altersgenossen teilen mit mir die Erkenntnis, dass selbst wenn man sich der absoluten Muße hingibt, die Zeit einem im doppelten Sinne davon rast. Schaue ich aber auf unseren erst zur Hälfte abgelaufenen Aufenthalt hier zurück, dann kommen mir die dreieinhalb Monate schon vor wie ein halbes Jahr.

Mich macht die verschobene Zeitachse zwar mitunter angst und erinnert mich zusehends an aller "memento mori". Endlich aber kann ich halbwegs befreit den Augenblick leben und mir an den kühleren Abenden das Gratis-Spektakel unserer Sonnenuntergänge hier geben.

In einem der sich meist durch endlose Wiederholungen auszeichnenden Song-Texte der aktuellen  Hitlisten, fiel mir diese wunderbare Zeile als Ausnahme auf:
Now the day bleeds into the  nightfall. (Lewis Capaldi : Someone You Loved) Wenn der Tag also in der beginnenden Nacht verblutet. sollte uns das nicht traurig machen, sondern die Hoffnung auf einen neuen Tag entfachen. Dem dann ersten Tag vom Rest unseres Lebens.

Foto: Claus Deutelmoser


Freitag, 15. Juli 2022

Rund um die Burg: Eine ganz andere Öl-Krise

 

Foto: Claus Deutelmoser
Mir Läuft schon beim Tippen der Schweiß in Strömen über die Brille und in die Augen. Ich bitte daher um Verständnis, wenn meine Posts fehlerbehafteter als sonst sind. Ich gebe mir große Mühe, aber selbst beim Korrekturlesen sehe ich manches nicht. Dem ohnehin schon viel geschundenen Remarque habe ich im letzten Text so doch tatsächlich ein Negativ-Alter verpasst. Wurde aber Stunden später richtig gestellt.

Lange habe ich heute damit gerungen, ob ich die Klagen der Öl-Bauern hier in den Valle Dell'Olio als zweite Öl-Krise bezeichnen dürfte. Das wäre zynisch gewesen, weil die andere ja kriegsbedingt ist.

Bei allen Nachbarn werden die Gesichter immer länger, denn es droht jetzt nicht nur ein Wasser-Shutdown, sondern auch der Verlust ihrer Lebensgrundlage. In fast allen Oliven-Hainen sind die jungen Früchte seit vier Wochen wegen der anhaltenden Trockenheit und der Tag und Nacht vorherrschenden Hitze nicht weiter gewachsen. Jetzt fallen sie vielfach bereits verschrumpelt und vertrocknet von den Bäumen. Es droht für den Herbst ein nahezu totaler Ausfall der Ernte. Da auch die im vergangenen Jahr nicht gerade üppig war, geht es vor allen den kleineren, überwiegend für den Eigenbedarf  Produzierenden an die Substanz. Fast alle haben ja schon einen anderen Hauptberuf, weil sie von den Oliven alleine nicht mehr leben können. Dennoch sind sie auf den Ertrag angewiesen, um die Latifundien auch zu erhalten (Ausbessern der Trockenmauern und Terrassen, Beschnitt und die mühsame Ernte per Hand). Ein unverschnittenes Olivenöl wird wohl demnächst zum absoluten Luxus-Lebensmittel.

 Heuer bekamen wir unser Öl noch gewissermaßen zu einem leicht erhöhten Selbstkosten-Preis. Wir wären aber durchaus bereit, auch mehr für das Extra Vergine in Spitzen-Qualität zu bezahlen. Aber um uns und unseren Mini-Konsum geht es zu allerletzt. Wir sind ja im Winter im Butter-Land und können dort auf andere Feinschmecker-Fette zurückgreifen. Aber da es um andere Olivenöl-Länder nicht besser steht, wird der Preis sich vermutlich wegen der Knappheit verdoppeln...

Ich höre jetzt auf zu tippen und drücke lieber meinen Freunden und Nachbarn beide Daumen, dass ihre Resternte das Schlimmste verhindern möge.

Es herrscht eine gewisse Ratlosigkeit,
ob sich das Auslegen der Netze für die Ernte noch lohnen wird
Quelle: svassai.com


Mittwoch, 13. Juli 2022

Im Osten nichts Neues

 

Wieder einmal nehme ich für meine Überschrift Anleihe bei einem unserer größten Schriftsteller: Erich Maria Remarque (1888 bis 1970). Der Titel seines Antikriegs-Buches "Im Westen nichts Neues" wird ja heute noch gerne zitiert, ohne dass die meisten sein Buch überhaupt gelesen hätten, Ich bezeichne ihn heute als den Anti-Hemingway. Obwohl er viel länger im Krieg und an der Front war als der Amerikaner, hat Remarque das von der Obrigkeit befohlene Morden und Abschlachten sehr deutlich als Verbrechen an der menschlichen Seele beschrieben. Seine von eigenen Erlebnissen beeinflussten Schilderungen, kommen nicht ein einziges Mal in die Nähe des unterschwelligen Macho-Gehabes Hemingways, der im übrigen in seiner Vita zwar dabei war aber nicht mittendrin.

Als die überwiegend friedliche Nachwelt noch ohne Killer-Games und zeitnahe Schalten ins Kriegsgebiet einen Eindruck davon bekam, was im Krieg tatsächlich mit Menschen geschieht, gingen die Schilderungen Remarques unter die Haut. Als Gymnasiast konnte ich "Im Westen nichts Neues" und "Arc de Triomphe" vor lauter Heulen kaum lesen. Als Buchhändler ging ich etwas reservierter mit Remarques Stil um, der direkt auf das Mitgefühl des Lesers zielte. Aber es war so natürlich klar, dass die Nazis ihn verboten. Als 1933 seine Bücher verbrannt wurden, war er schon in die Schweiz emigriert. Und als die vom Krieg umbrandet wurde, ging er - wie Thomas Mann nach ihm - in die USA, wo er wegen der Aberkennung der Deutschen dort die Staatsbürgerschaft und den Respekt als Schriftsteller bekam, den er sich später auch weltweit verdient hat.

Quelle: Bundesarchiv

Mich treibt derzeit die Frage um, ob es in der Gegenwart überhaupt noch möglich sein könnte, dass jemand derart intensiv über die Unverständlichkeit des Krieges schreiben könnte. Wenn wir doch täglich quasi live über ihn "informiert" und mit immer gleichen Beileidsbekundungen die Machtlosigkeit unserer Politiker hinnehmen müssen,

"Im Westen nichts Neues", war damals die Phrase des Oberkommando West (OKW), wenn sich im Grabenkrieg nichts wirklich veränderte.  Bei unsinnigen Ausfall-Angriffen durch den Stacheldraht-Verhau - gelegentlich mit Gasmaske gegen das damals noch nicht geächtete Giftgas -  starben aber währenddessen weiter unzählige Soldaten auf beiden Seiten der Front. 

Der Angriff Russlands auf die souveräne Ukraine, der im Mutterland bei Strafe nicht Krieg heißen darf. ist bald fünf Monate alt. Doch langsam kann man in der Berichterstattung über nicht nachweisebare Erfolge und Misserfolge sowie bestätigte und unbestätigte Todesopfer eine gewisse Kriegsmüdigkeit erahnen, Zu Beginn des Krieges gab es noch täglich jede Menge  "Brennpunkt"-Sendungen, jetzt überlagern unsere eigenen Befürchtungen zu Corona, Gas- und Öl-Mangel, tödlicher Sommerhitze, Wassermangel und Rezession die Nachrichten.
Mariupol wie es vor kurzem noch tagesschau,de zeigte

Wann wird es zum ersten Mal heißen "im Osten nichts Neues", obwohl das Sterben, Bombardieren und Töten in der Ost- und Süd-Ukraine unvermindert weiter geht...

Remarque hat man zur Unzeit seinen unverhohlenen Pazifismus vorgeworfen. Wir Pazifisten der Jetztzeit haben hingegen unser friedfertiges Denken einstweilen in den Hippocampus verschieben müssen.

Dürfen wir je wieder pazifistisch denken?
Und gibt der Hippocampus dann überhaupt
noch unsere Erinnerungen an die
einstigen Beweggründe frei?


Montag, 11. Juli 2022

Der Erdbeben-Bagger

Vor zwei der nur schwer erträglichen Tropen-Nächten mit etwa 24 Grad hatte die Fürsorglichste aller Ehefrauen das Gefühl, als hätte das Haus ein wenig gebebt. Meine Witze, dass sich ihr schwergewichtiger Ehemann zu heftig im Bett gewälzt hätte, ließ sie genauso wenig gelten, wie mein Vermutung, sie habe sich ihre Gutenacht-Grappa vielleicht doch ein wenig zu großzügig eingeschenkt.

Aber ich habe ja ein untrügliches Gerät zum Nachweisen von Erdstößen: Meinen Erdbeben-Bagger. Weiß der Himmel, auf welchen nicht mehr zu rekonstruierenden Wegen dieses Überbleibsel von der Brio-Eisenbahn meiner Kinder seinen Weg auf die Burg nach Ligurien gefunden hat.

Jedenfalls versieht er seinen Dienst seit mehr als zwanzig Jahren ziemlich unmittelbar. Nur in jener Nacht war ich nicht bereit, eigens aufzustehen, um nachzusehen. Am nächsten Morgen jedoch lag sein Hebearm platt am Boden neben dem Magneten, der sein Gleichgewicht herstellen soll (siehe Foto).



Als mein Enkel im vergangenen Herbst durchs Haus tobte, entdeckte er meinen Erdbeben-Bagger sofort und wollte ihn natürlich gleich zum Spielen haben.  Denn schließlich hatte er ja die gesamte Brio-Bahn bespielt von Onkel und Mutter ja schon geerbt. Aber wie Opas nun einmal sind, erfolgte eine lange und lehrreiche Erzählung, wieso das nicht ginge, und was Erdbeben sind, und wie Magnetismus den Hebearm nur um Millimeter in der Schwebe hält, dass Oma und Opa hier schon einmal zwei heftige Erdstöße erlebt hatten und so weiter, und so weiter. "Weißt du", sagte ich zum Schluss meiner Ausführungen "so können wir dann  immer sehen, dass es keine Erdstöße gegeben hat. Deshalb muss er da stehen bleiben."

Es war erfreulich, unmittelbar einen schlagfertigen Beweis zurück zu bekommen, dass mein Enkel nicht auf den Kopf gefallen ist, denn er antwortete: "Opa! Wenn das ein schweres Erdbeben war, hilft der ja hinterher gar nix!" Da hat er wohl den Nagel auf den Kopf getroffen, und deshalb durfte er ihn zum Spielen mitnehmen...

Immerhin von der Abreise vergangenen Herbst bis zu unserer Ankunft heuer, hat mein Erdbeben-Bagger immerhin sein instabiles Gleichgewicht gehalten. Wenn mein Enkel jetzt wieder kommt, wird er unmittelbar danach eingeschult. Dann ist natürlich mit den Kindergeschichten Schluss. Ich werde ihm dann die globalen Erdbeben-Monitore im Computer aufrufen, die in Echtzeit aktualisiert werden.. - Auch für die ferne Heimat seiner anderen Großeltern, Onkel und Tanten in Nepal. Vielleicht bringt er dann ja eines Tages seinen Neffen und Nichten die Brio-Bahn mit und erzählt denen von seinem spinnerten Großvater und dem Erdbeben-Bagger...

https://www.eskp.de/echtzeitdaten-aktuelle-erdbebeninformationen-935116/

https://livetracking.pro/erdbeben-livetracker/

Freitag, 8. Juli 2022

Dauer-Diktaturen "deklinieren" die Defizite der Demokratie

 Was haben sich meine mit Mundart heranwachsenden Mitschüler mit dem Deklinieren schwer getan. Gewissermaßen von Fall zu Fall mussten sie dann auf dem Gymnasium auch noch mit den vorgeschriebenen lateinischen Bezeichnungen Altgewohntes mühsam über Bord werfen. Da halfen auch die Witzsätze der Deutschlehrer nichts, die etwa so lauteten: Genitiv ins Wasser wenn es Dativ ist. Oder veräppelnd: Der Dativ ist dem Genitiv sein größter Feind.

In dem Maße, in dem heutzutage der korrekte Konjunktiv vernachlässigt wird, hat sich auch der Dativ des süddeutschen Sprachgebrauchs im Alltag eingeschlichen. Ein Beispiel: entlang dem Fluss. statt entlang der Flusses. Aber vor all der Grammatik haben die Deutschlehrer vergessen, uns zu vermitteln, was Deklination in ihrem Ursprung auch bedeuten konnte.

Quelle: gutenberg.com
Im Englisch-Unterricht haben wir dann kurz anhand des Titels "The History of the Decline and Fall of the Roman Empire" von Edward Gibbon einen Einblick in die vielfältige Bedeutung der Vokabel bekommen. Wir lernten in der Übersetzung des Titels "Verfall und Untergang des römischen Imperiums", was alles  ursprünglich hinter den Begriffen Deklination und deklinieren stecken kann. Abfall von einem vorgegebenen Dogma. Beugung, und das Latein-Wörterbuch fügte noch wörtlich neben dem Beugen auch ablenken und  abbiegen hinzu. Die Astrologie verwendet die Deklination zu unserer vollständigen Verwirrung auch noch zur Positionsangabe von Himmelskörpern auf der gedachten Himmelssphäre. Das nur zu Erläuterung meiner eigentümlichen Überschrift.

Mir ist in den vergangenen Tropen-Nächten bei der schwitzenden Schlaflosigkeit etwas durch den müden Kopf gegeistert, weshalb der politische Globus so ein desaströses Bild bietet. Das endete bei mir in dem Schluss, dass Demokratie im Ernst- oder Kriegsfall mit dem Agieren von Autokraten und Diktatoren nicht mithalten kann. Weil schnellen Reaktionen nämlich nicht nur aktuell stets verfassungsgemäße Abläufe entgegen stehen. Deshalb sind vor allem solche Demokratien in Gefahr, in der es absolute Mehrheiten gibt. Denn die sind am ehesten in eine Grenzwertigkeit zu einer Alleinherrschaft zu überführen: siehe Polen, Ungarn, Türkei, Brasilien, Südafrika und noch viele mehr. Je länger einer im Amt bleiben kann, desto mehr dekliniert (beugt von Fall zu Fall) der Autokrat die Defizite der Demokratie zu seinen Gunsten.

Quelle: infosperber.ch

Das fängt mit scheinbarer Sturheit an - wie bei Boris Johnson, Recep Tanyyip Erdogan, Jair Bolsonaro. Victor Orban und Alexander Lukaschenko. Sie alle stehen mehr oder weniger Staaten mit einst gewählten demokratischen Instrumenten vor. Und sie sind zum Teil noch irgendwie Bündnis-Partner, die sich aber bereits autokratisch von den Grundsätzen, die sie anders deklinieren verabschiedet haben.

Daraus ergibt sich die Frage, wie lange solche Bündnisse belastbar oder zu erhalten sind.

Vor der Fahne verbeugen aber in
Wirklichkeit die Demokratie beugen wollen
Quelle: soester-anzeiger.de
Einmal angenommen: Hätte Donald Trump mit seinem Sturm aufs Capitol Erfolg gehabt und eine Trump-Autokratie erzwungen, wäre da Putin weiter in die Ukraine eingedrungen. Beim Einverleiben der Krim war Obama Präsident, während Trump mit  Unterstützung des russischen Präsidenten Vorbereitungen traf, den Wahlkampf von Hillary Clinton zu unterminieren. Im Wahlkampf gegen Biden stellte er dessen Sohn als Mauschler mit der Ukrainischen Oligarchie an den Pranger. Trump hätte vermutlich Putins Narrativ von den jüdischen Nazis genauso weiter gesponnen wie das von der Wahl, die ihm angeblich gestohlen wurde Putins Handlungen hätte er gut geheißen. Trump hätte die Nato in seiner lebenslanger Amtszeit irgendwann sowieso "als Bedrohung" für seinen Frieden  verlassen. Es hätte also unter diesen Vorzeichen keinen Anlass gegeben, sich wegen der Bedrängnis der Demokratie im größten Land von Europa einen Atomkrieg einzuhandeln?

Bei Hitze nicht weiter denken zu wollen, nur weil die Gedanken vielleicht etwas krumm geraten. kann der geistigen Gesundheit schaden...


Mittwoch, 6. Juli 2022

Wer könnte uns denn jetzt noch das Wasser reichen?

Die schönste Solar-Dusche "Italiana"
nützt nichts, wenn das Wasser
abgestellt werden muss.
Quelle:  Vetrina dell'artigiano
Jedes Jahr früher wird Wasser in ganz Europa zur Existenzfrage. Wir lesen hier von den Sorgen der Bauern im Norden, während an den ligurischen Stränden die Süßwasser-Duschen bereits abgestellt werden. Am Fuße des Borgo hat der Bürgermeister wieder den üblichen Zettel aufgehängt, kein Wasser mehr zu vergeuden. Unser sonst so tadelloses Wasser riecht, weil die Zisterne mit Wasser aus dem Norden offenbar  nicht mehr ganz aufgefüllt wird.

Eine kleine Sintflut in der vergangen Woche, die aus allen Fallrohren sprudelte, hat zumindest den Olivenhainen und Gemüsegärten etwas geholfen. Jeden Morgen bietet sich in der Dämmerung das gleiche Bild: Über dem Tal liegt eine dichte Wolkenschicht, die Hoffnung auf Regen weckt. Aber kaum ist die Sonne über die Bergspitzen gestiegen, ist der Himmel so klar geleckt, dass das ewige Azur zu nerven beginnt.

Der allwissende Nachbar Giovanni erzählt, dass südlich vom Alpenhauptkamm einfach zu wenig Schnee gefallen sei, und die warmen Winde die Bäche und Flüsse zusätzlich austrockneten. Dazu passt der tragische Gletscherbruch an der Marmolada in den Dolomiten. Es lag heuer einfach nie genügend Schnee auf dem Eis.

War das Risiko für die Gletscher-Führe
an der Marmolada bei den
vorherrschenden Temperaturen zu kalkulieren?
Reinhold Messner meint nein.
Quelle: bergfuehrerdolomitern.it
Am vergangenen Wochenende haben Verona und Pisa mit der Wasser-Rationierung begonnen. Nun gilt für ganz Norditalien die erste Wasser-Notstandsstufe. 
Zwischen dem Mangel an Gas und dem an Wasser scheint ein Wettlauf des Lebens begonnen zu haben. Am Wassermangel zumindest hat Putin keine Schuld. Wohl aber, dass er durch seinen Krieg quasi weltweit die Bemühungen um ein Stopp des Klimawandels empfindlich verzögert.

Es ist klar, dass Italien in Punkto Wasser einen höheren Pro-Kopf-Verbrauch hat. Durchschnittlich liegt der bei 215 Litern. während das übrige Europa ein Mittel von 125 Litern verzeichnet.

Eine neue Herausforderung neben der Beschaffung von Gas wird für Mario Draghi aber auch die baldige Sanierung von unzähligen  maroden Wasserleitungen on ganz Italien sein. Hydrologen haben festgestellt, dass manche Zuleitungen auf dem Weg zum Verbraucher bis zu 70 Prozent ungenutzt versickern lassen...

Wenn die Zuflüsse austrocknen, sinkt sogar der Pegel
der oberitalienischen Seen drastisch.
Hier ein aktuelles Bild von focus.online. Das wäre
der Sangone,, einem Zufluss vom Po bei Turin.


Und dann das auf der anderen Seite der Welt: Die Nobel-Vororte einer meiner Lieblingsstädte, nämlich Sidney, stehen nach für den australischen Winter ungewöhnlich heftigen Regenfällen bis zu anderthalb Meter unter Wasser. Die Bewohner müssen evakuiert werden...

Wer immer noch glaubt, all das zusammen sei nicht der Beginn einer von der Menschheit verursachten globalen Apokalypse, sollte schleunigst "untertauchen".

Montag, 4. Juli 2022

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer

Rondine
Quelle: niedersachsen.nabu.de

 Das äquivalente Sprichwort heißt im Italienischen:
Una rondine non fa primavera!

Selbst wenn wir hier den Südländer-Wetterbonus einräumen - die Schwalben waren auch im Frühjahr nicht hier. Dafür aber war der Himmel über der Burg so voll von Rondone wie selten. Die Mauersegler haben bis zum heutigen Tag die Lufthoheit. Während deren Nachwuchs - nun flügge . das enge Geviert der Piazza noch für Trainingsflüge nützt, herrscht unter unserer "Seufzerbrücke", der benachbarten Überbauung der Gasse, geradezu Grabesstille. Im vergangenen Juni klebte da noch eine Reihenhaussiedlung an Schwalbennestern drunter. Vereinzelt haben die Pärchen  sogar noch zweimal gebrütet, während meine Frau und ich versucht haben, die schwarzen Insekten-Jäger in den Abendstunden auseinander zu halten. Schwalben fliegen zappeliger und haben den langen, gespaltenen Schwanz, währenddessen die Mauersegler nur mit kurzem Flügelschlag Schwung für ihr rasantes Segeln aufnehmen müssen.

Rondone

Wir wissen von der Vogelwarte Konstanz, dass die zügigen Mauersegler wegen der wärmeren Winter zunehmend zu Standvögeln werden. Das könnte erklären, wieso sie heuer nach dem strengeren Winter nördlich der Alpen wieder zahlreicher den Borgo als ihre Brutstation hier auf gesucht haben, um mit ihrem Nachwuchs dann eventuell doch wieder die Reise nach Süden anzutreten.

Wie man der Karte von Madiba.de gut entnehmen kann, nähmen
die Mauersegler quasi eine Direttissima, weil
sie während des Fluges schlafen können. Kann es sein,
dass die Schwalben heuer teilweise durch den Krieg
von ihrer Krim-Route abgehalten werden?










































Was ist mit den "Italienischen Schwalben"? Haben die wegen der früh einsetzenden Hitze und der Trockenheit etwa noch früher gebrütet?

Die Italienische Senatorin Julia Unterberger beklagte schon am "Tag der Umwelt" vor drei Jahren, den Mangel an Bereitschaft den Auswirkungen des Klimawandels durch Maßnahmen entgegen zu treten. Die Südtiroler TAGESZEITUNG online zitierte sie unter der Überschrift "Wo sind die Schwalben?":
 „Die Fortpflanzung von Uhu und Eule erfolgt mittlerweile viel zu früh. Und auch die Schwalben erreichen Länder wie Italien und Spanien nicht mehr zu den gewohnten Zeiten.“ 

Das Wochenblatt bemerkt im gleichen Jahr für Nordrhein-Westphalen zur radikalen Abnahm von Rauch- und Mehlschwalbe:

Die Gründe liegen zum einen im Verlust oder der Entwertung kleinräumig strukturierter Kulturlandschaften, etwa durch die Aufgabe traditioneller Viehhaltung oder eine intensivere Nutzung von Grünlandflächen; das führt zu einem Verlust an Insekten und Spinnen als Nahrungsgrundlage für die Schwalben. Dazu kommt der Verlust geeigneter Brutplätze in Ställen, Scheunen und anderen Hofgebäuden und der Verlust von Pfützen, an denen die Schwalben lehmiges Nistmaterial sammeln.

Quelle: DAS WOCHENBLATT NRW

Ist das Ausbleiben unserer Schwalben hier schon eine Auswirkung, oder kommen sie doch noch? Jedenfalls haben Frühjahr und Sommer längst schon ohne sie begonnen. Wir geben die Hoffnung noch nicht auf!

Die "Seufzerbrücke" ohne Tschilpen.
 Ponte del Sospiri  - wir seufzen, weil uns wieder etwas Typisches fehlt-

Foto: Claus Deutelmoser


Freitag, 1. Juli 2022

Dal Giardino delle Erbe

Pasta geht immer! Egal in welcher Dicke, Länge oder anderen Formen. Ein Grund, weshalb meine neapolitanische beste Freundin  schon längst nicht mehr daran zweifelt, dass ich tausend verschiedene Rezepte komponieren könnte.

Nicht aus religiösen Gründen, sondern des ausgeglichenen Speiseplans wegen, essen wir am Freitag gerne vegetarisch aber nicht vegan. Wegen einer "Versorgungs-Notlage" aber nicht aufgrund fehlender Lieferketten habe ich mir dieses Pasta-Rezept ausgedacht, weil es hier auf der Burg mit "Bordmitteln" immer zubereitet werden kann. Ich habe Linguine genommen, aber auch Tagliatelle sind gut. Hauptsache die Pasta kann breitflächig meine Essenz aufnehmen. Wohl dem, der Kräuter vor der Haustür oder auf dem Balkon hat.

Deshalb nenne ich die Variante auch:

"Dal Giardino delle Erbe"
aus dem Kräutergarten

Zutaten als Secundo für vier Personen:

320 Gramm Linguine
4 Esslöffel Olio extra vergine
4 Esslöffel Butter
1 mittelgroße Schote Peperoncino
1 Schopf Basilikum  (Schopf = von oben abgeschnitten ein Strauß von gut 10 Blättern)
1 Schopf Salbei
3 Zweiglein Thymian
3 Zweiglein Oregano (kann auch schon blühen)
2 Esslöffel frische Petersilie
1 gestrichener Esslöffel Salz
1 gestrichener Esslöffel brauner Zucker
2 kleine Zehen frischer Knoblauch
1 Esslöffel Tomatenmark
pro Portion 3 Rispentomaten halbiert
Hummer-Gemälde und Foto: Claus Deutelmoser



Zubereitung:

Ein tauglicher Mörser sollte in keiner Küche fehlen (aus der Moulinette weiß ich nicht, ob es passt)

Kräuter, Peperoncino, Zucker, Salz und Knoblauch mit dem Stößel sorgfältig verreiben und fein mit dem Öl vermengen. Dann abgedeckt stehen lassen bis die Pasta gar ist. Pasta abgießen und im gleichen Topf (spart einmal Abwasch) die Essenz bei nicht so hoher Temperatur mit den halbierten Tomaten zum Karamellisieren auf der Schnittseite anschmoren, Dann die Butter sacht hinzu geben und das Mark zum langsamen Verschmelzen auf ihr platzieren. Nur sanft umrühren und nicht zu lange erhitzen. Die Kräuter sollten noch grün bleiben. Geschulte Nasen riechen den richtigen Zeitpunkt.
Nun die Pasta hinzu geben und mit einem Kochlöffel noch auf der Flamme sorgfältig umrühren. Flamme aus. Ein. zwei Minuten Deckel drauf, dann sofort servieren und ordentlich Käse drüber reiben...

Buon Appetito!