Montag, 25. Juli 2022

Das Draghi-Drama

Angetreten, um den schiefen Schulden-Turm Italiens etwas
gerade zu rücken - und gescheitert.
Wieder einmal rächt sich, dass "il populo"
 Italiens Politikern oft scheißegal ist,
wenn es ums eigene Mandat geht
Quelle: handelsblatt,com


Als Deutscher steht mir eine Ansicht zur Politik Italiens eigentlich nicht zu - wohl aber als überzeugter Europäer:
Der Sturz des Italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi ist eine Katastrophe für Europa, denn der eloquente Gentleman und hochgradige Finanzexperte hat in seiner knappen Amtszeit mehr Baustellen beseitigt als die letzten seiner Vorgänger. Aber er hat sein Ziel der nationalen Einheit nicht erreichen können, weil die vielen Parteien im Parlament und Senat - so klein sie auch sind - ihr eigenes nahrhaftes Süppchen kochen wollen. Das heißt: Möglichst mein Mandat nicht verlieren!

Italien hat erneut den Status einer "Weimarer Republik" erreicht, in der der Neo-Faschismus eine Auferstehung des Schreckes feiert und der Name Benito Mussolinis immer häufiger in den Nachrichten auftaucht. Es ist hier längst kein Tabu mehr, seiner Diktatur Bedeutung beizumessen. Nachkommen von ihm werden mit Bedacht parlamentarisch in Stellung gebracht.. Am 27, Mai wagte ich in diesem Blog eine Analyse, die sich nun quasi als Realität bestätigt. Die zuvor in den Umfragen im freien Fall befindlichen Cinque Stelle und Lega haben den "Staatsstreich" gewissermaßen als Fallschirm angezettelt, weil sie bei regulären Wahlen im Februar 2023 vermutlich als Koalitionspartner anderer Mehrheiten nicht mehr relevant gewesen wären. Aber die Prognosen für Neuwahlen in drei Monaten sind nun auch so, dass beide zum Regieren nicht unbedingt mehr gebraucht werden. Dieser Schuss in den Ofen macht den Weg frei für eine gänzlich neue aber geschichtlich gar nicht überraschende Situation: Die eher ungebildete und meist betagte Landbevölkerung Italiens ist schon immer populistischen Parolen auf den Leim gegangen. Berlusconi hat sie dauerhaft derart ebenso mit dem Schlaghammer bedient wie Trump seine "silent majority". An allem ist der Euro schuld! Europa saugt Italien aus! Dass es genau umgekehrt ist, kommt bei dieser Wählerschicht ebenso wenig an wie die vielen Milliarden die die Europäische Gemeinschaft in den Süden des Stiefels pumpt. Gelder die  durch Korruption und maffiöses Regieren in dunklen Kanälen verrinnt. Damit wollte Draghi vor allem Schluss machen.

Aber auch immer mehr Bürger aus den Städten glauben den zum Teil unhaltbaren Versprechungen, sonst hätte die Sterne-Partei nicht die desaströse Bürgermeisterin von Rom stellen können. Der Sozialdemokrat Roberto Gualtieri hat sein erstes Amtsjahr als Roms neuer Bürgermeister wie Draghi allein damit verbracht, hinter seiner inkompetenten Vorgängerin Virginia Raggi aufzuräumen. Jedoch vorangegangene Fehl-Politik wird in Italien schon immer vom Wahlvolk gleich wieder ausgeblendet - ähnlich wie in Deutschland.

Quelle: süddeutsche-zeitung.de

Und so stehen die Tore bei den Neuwahlen weit offen für eine Mitte-Rechts-Regierung. Denn die vermeintlich nächste Ministerpräsidentin Italiens, Giorgia Meloni ist so weit rechts von der Mitte positioniert, dass eine Rechts-Rechts-Ultrarechts-Regierung zu befürchten ist. Eine Koalition aus ihren "Fratelli d'Italia", der "Lega" und Berlusconis "Forza Italia" liegt in Umfragen schon jetzt bei zusammen 45 Prozent, und der Sommer bleibt zu heiß, um bei Wahlveranstaltungen einen Umschwung im Denken zu erzielen. Meloni hat ihr Wahlprogramm in wenigen Worten mehrheitsfähig manifestiert:

"Ja zur natürlichen Familie - nein zur LGBT-Lobby. Ja zur Kultur des Lebens, nein zu Abtreibungen. Ja zu christlichen Prinzipien, nein zu islamistischer Gewalt. Ja zu sicheren Grenzen, nein zu Masseneinwanderung. Ja zu unseren Mitbürgern, nein zur internationalen Finanzwelt. Ja zur Unabhängigkeit der Völker, nein zu den Bürokraten in Brüssel."

Das ist eine Kampf-Ansage an Europa, und schon gehen  die Zinsen für italienische Staatsanleihen hoch. Mal sehen, wie sich Italiens Wirtschaft ohne Draghis Finanz-Genie entwickeln wird. Aber vielleicht hilft dann ja "der große Bruder", der einst in Don-Camillo-Filmen so gefürchtet war. Führende Mitglieder der Lega und der Forza halten Putin für einen respektablen Mann.

Mein Professor von den Zinnen Gegenüber hält sein Heimatland demokratisch für "unreif". Schade, Italien könnte mal wieder für eine Periode unregierbar sein, weil Mitte-Links zu zerstückelt und eigensinnig formiert ist.

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