Dienstag, 18. Oktober 2022

Voller Verzweiflung in die Verlängerung

 Liebe Leserinnen und Leser!


Zwei Autopannen nacheinander "zwingen" uns im goldenen Oktober in eine Verlängerungswoche auf  der Burg. Erst war es die Lichtmaschine, dann ein beschädigtes Hinterrad. Eine interessante logistische Erfahrung wie es hier oben ohne Auto ist, wenn kaum noch Bewohner und helfende Nachbarn da sind...

Wer morgen auf den ersten Stein aus dem Glashaus gewartet hat, den muss ich noch bis zum 26. Oktober vertrösten. - So die Vorsehung nicht noch mit weiteren Problemen wartet.

Bleibt mir gewogen
Euer Blogger

Montag, 10. Oktober 2022

Die Ungnade der späten Geburt

 Wenn es dem Redenschreiber von Helmut Kohl eingefallen ist, ihm den mittlerweile historischen Fehltritt von der "Gnade der späten Geburt"  ins Manuskript zu schreiben, dann sei es mir gestattet, ihn umzudrehen. Was übrigens auch nicht viel mehr Sinn ergibt. Denn gegenwärtig empfinde ich nichts als Dankbarkeit, dass ich zur ersten Generation  Deutscher gehöre, die über sieben Jahrzehnte keinen Krieg vor ihrer Haustür erdulden musste. Aber diese Dankbarkeit vermischt sich mit der Angst, dass es für meine jüngeren Familienmitglieder vielleicht nicht so weiter geht.

Joseph Conrad
1857 . 1924
Deshalb muss ich jetzt auch diese verschwiemelte Überschrift erklären: Schon vor der Pubertät habe ich mit dem Schreiben begonnen und kaum Anerkennung dafür bekommen. Weil meine Orthografie so miserabel war, hat es in Deutsch immer nur für ein "Befriedigend" oder "Ausreichend" gereicht. Als ich nach der Schule wie durch ein Wunder plötzlich textsicher wurde und sogar damit Geld versdiente, war es aber schon zu spät für die epochalen Erzählungen, die mir seit Kindesbeinen durch die Reise-Erlebnisse mit meinen Eltern vorschwebten. Als ich selbst zu einem Reise-Reporter auf den Spuren meiner Autoren-Vorbilder Joseph Conrad, Somerset Maugham und dem geisterhaften B. Traven wurde, waren diese Felder in einer abenteuerlicheren Zeit längst
Somerset Maugham
1874 - 1065
von ihnen abgegrast worden Die Welt war ja im ständigen Wandel und dadurch war ich stets zu spät dran. Ich konnte ja nur noch  in Momentaufnahmen Anstoß geben für jene, die sich solche Reisen dank des Welt umspannenden Tourismus leisten konnten. Scherte ich einmal aus dem Reportagen-Stil mit literarischen Ambitionen aus, fielen meine Texte sofort in Ungnade. Ja, die damals noch papierenen Manuskripte wurden mir sogar regelrecht um die Ohren gehauen.

B. Traven
1882 - 1069
Quelle: alle Bilder wikipedia
Auch als ich selbst die einmalige Gelegenheit bekam, ein Jahrzehnt lang eine Zeitschrift für anspruchsvolles Reisen nach meinem Gusto zu redigieren, musste ich mich oft genug dem Herausgeber und den Verlegern gegenüber erklären. Am Ende dieses Jahrzehnts folgte ein anders, dass die Medien-Landschaft komplett durchmischte. Und wieder ein Jahrzehnt später begann durch den Aufstieg der elektronischen Medien das Zeitungs- und Zeitschriftensterben. Dass Print im Prinzip tot ist, wird wohl auf Dauer die Smartphone-Generation besiegeln...

Und wisst ihr was? Den sozialen Medien bin ich dankbar, dass ich am Ende meiner Schreiberei doch noch publizieren darf ,was ich will. Als Roman-Autor werde ich zwar nicht mehr in Erscheinung treten, aber ich erreiche Euch,- meine treue und erstaunlicher Weise immer noch wachsende Leserschaft - mit meinen Blogs. Und so betrachtet, passt auf mich alten Schreiberling die  "Gnade der späten Geburt" viel besser.

Alle Jahre wieder macht der Blogger jetzt wieder beim Ortswechsel ein paar Tage Pause. Ab dem 19. Oktober schmeißt er wieder - so die Vorsehung dies gestattet - alle Steine aus dem Glashaus, die den Sommer über dort liegen geblieben sind.

Freitag, 7. Oktober 2022

Putin und die Macht der konzentrischen Kreise

 Wieder einmal wird spekuliert, wie die atomare Bedrohung durch den Kremlchef zu gewichten sei, Die einen verharmlosen die Gefahr als undenkbar. Andere halten den Einsatz von taktischen Nuklearwaffen im Ukrainekrieg für durchaus realistisch. Eine "Atom-Bombe" haben die Russen ja mit der Inbesitznahme des Kernkraftwerkes Saporischschja schon postiert. Jeden Tag, an dem dort die heftigen Kämpfe weitergehen, steigt die Gefahr eines SuperGAUs, der heftiger ausfallen dürfte als der von Tschernobyl. Diesmal stünde nämlich die internationale Staatengemeinschaft zur Rettung und zur Eindämmung der Auswirkungen eher nicht bereit.

Wenn der Beton-Sarkophag noch immer
im Inneren kocht: Der GAU von
Tschernobyl 1986 wirkt noch heute nach

Quelle: sz.de
Um Putin jedoch einschätzen zu können, muss man in der Geschichte gar nicht mal weit zurück blicken. Indem er eine rote Linie nach der anderen überschritten hat, entwickelt er sich immer weiter zu einem totalitären Solitär mit Führer-Attitüden wie Hitler. Für den gab es letztlich auch kein Zurück. Das Einschüchterungs-Prinzip m Inneren durch Verfolgung anders Denkender, Einschränkung  und Monopolisierung des Informationsflusses mittels Propaganda hat vor ihm schon Stalin praktiziert. Und mit der rücksichtlosen Teil-Mobilmachung bei einem von ihm angezettelten Angriffskrieg zieht die Dauerlüge einer Befreiung der Unterjochten auch nicht mehr. Das Justizwesen ließ er ja schon seit über einem Jahrzehnt unterminieren.

Was Putin jedoch noch gefährlicher macht, ist eben der Zugriff auf ein ultramodernes atomares Arsenal. Mag sein, dass er sogar schlauer ist als der GRÖFAZ, aber seine mit der Eitelkeit  eines kleinen Mannes gepaarte Machtgier kann er angesichts einer veränderten Weltlage eben nicht mehr mit konventionellen Waffen und übermäßigem Blutzoll seiner Untertanen ausleben. Er hat eigentlich schon in dem Moment moralisch verloren. als sein "Blitzkrieg"-Versuch gegen die Ukrainische Hauptstadt in der Etappe stecken geblieben ist. Die schon lange von russischen Geheimdienstoperationen unterwanderten Gebiete der Ukraine, die er sich jetzt noch per Annexion und Dekret einverleibt hat, werden in einer kriegerischen Situation nur schwer zu verteidigen sein. Dann werden sich nämlich alle zum Votum gepressten Ukrainer aus Rache wie Zecken im Pelz des "Russischen Bären" festbeißen.

Quelle: tagblatt.ch

Putin scheint vom Charakter her einer zu sein, der auf keinen Fall verlieren will. Denn er hat bei seinem Aufstieg nie wirkliche Rückschläge erlebt. Jetzt wird er eine Niederlage daher  nicht einfach wegstecken können. Es wird - wie ich meine - auch kein Bunker-Szenario geben wie in dem Film "Der Untergang" über die letzten Stunden von Adolf Hitler. Klar hat Putin in seinem Riesenreich gewiss auch irgendwo einen Luxus-Bunker, der ihn vor den Strahlungen der mannigfaltigen Reaktionen auf seinen atomaren Erstschlag schützen würde. Er will in seinem narzisstischen Macho-Selbstbild aber - wenn schon denn schon - eher als tragischer Held sterben, der alles mit sich reißt, weil es ohne ihn keine Nachwelt geben darf. Ein Mann, für den Freitod eine Lösung ist, scheint mir Putin erst recht nicht zu sein...

Weil es in der Mitte nur einen geben darf
Quelle: cleanping.de

Jeder Macht-Monopolist braucht eine Entourage. Personen, die ihm bedingungslos den Rücken frei halten: Medwedew ist in Putins Schachspiel der tragischen Figuren der Göbbels, Lawrow der Göring und der brutale Tschetschene Kadyrow wächst mit jeder weiteren Beförderung zunehmend in die Himmler-Rolle. Dazu kommen noch jene Oligarchen, die von Putins Gnaden steinreich geworden sind und im Untergang alles verlören. Sie alle bilden zusammen mit der Leibgarde den so genannten inneren Kreis. Der steuert mit gewissem Abstand die Aktionen des zweiten Kreises. Der besteht aus führenden Apparatschiks, Amtsträgern, den gehorsam gleich geschalteten Exekutive. und führenden Geheimdienstlern. Deren aller Ehrgeiz ist es, in den inneren Kreis aufzurücken. Deshalb sind sie gierig darauf bedacht,  jede noch so kritische Anordnung unwidersprochen als Befehl von oben ausführen. Für den dritten Kreis. das auf Abstand gehaltene Volk, bleibt nur noch die Rolle als in Angst gehaltene, falsch informierte Untertanen. Da sie nur scheinbar etwas mit dem Schicksal ihres Vaterlandes zu tun haben, müssen sie ihre Wut auf die Macht so lange runterschlucken, bis sich irgendwann genug Gleichgesinnte in einer neuerlichen Revolution Gehör verschaffen..

Quelle: www.1wdr.de

Ob wohl die freie Welt darauf warten kann, dass sich die Russische Geschichte derart wiederholt?

Mittwoch, 5. Oktober 2022

Die wundersame Wiederkehr der Wahrsage-Kugeln

In ernsthaften Seher-Kreisen wird die wundersame Vermehrung von Wahrsage-Kugeln seit der Millennium-Breakdown-Angst  mit Sorge wahrgenommen. Statistiken wollen wissen, dass mittlerweile das Angebot an einschlägigen Modellen schon mehrere Hundertschaften diverser Varianten erreicht. Allein der von mir aufgerufene Versender hat mehr als ein Dutzend im Angebot - ohne Rückgabe-Recht bei falschen Voraussagen versteht sich! Das Kaffeesatz-Lesen, das seit dem 17. Jahrhundert praktiziert wird, gerät hingegen immer mehr ins  Hintertreffen, seit es Filterkaffee, Instant-Produkte und umweltschädigende "Capsules" gibt.

Und obwohl es für junge Abergläubische längst Wahrsage-Apps  - wie beispielsweise "fortunica" - im App-Store gibt, nimmt die Zahl jener zu, die sich im Sinne von Do-it-yourself  lieber selbst die Kugel geben.

Fatalerweise ist die Zahl wissenschaftlicher und politischer User seit dem Einmarsch der Russen in die Ukraine noch einmal sprunghaft gestiegen. Recherchiert man etwas nach, sind Regierungen und ihre Administrationen weltweit stark am Umsatzwachstum beteiligt, weil sie ansonsten keinen Durchblick mehr haben. Das Problem: Sie wollen nur Kugeln ihrer "Couleur"..

Es gibt nicht wenige, die denken, dass eine Auswahl nach solchen Prämissen von Haus aus ein verfälschtes Bild ergibt.
Nehmen wir einmal an, in der Ampel-Koalition wäre das auch der Fall, dann hätte die Kanzlerpartei der demoskopischen Weissagung zufolge rosarote Wahrsage-Kugeln eingekauft. Die Grünen hätten Smaragdfarbene, in die sie gucken. Die vom Finanzminister und den Seinen wären dann aktuell nur noch blassgelb. Am schwersten hätten es demnach die Christdemokraten. In schwarzen Kugel sieht  man nicht, was auf einen Zukommt. Es könnte aber sein, dass die Spiegelung des Selbst zu tragischen Fehleinschätzungen führte...

Ich für meinen Teil hab es da leichter, denn ich kann guten Gewissens eine weiße Kugel verwenden. Mit Durchblick sieht einer wie ich in denen nämlich immer nur das, was wirklich gerade auf uns zukommt. 

PS.
Ich verwende bewusst den Begriff Wahrsage-Kugel anstatt Wahrsager-Kugel, um gendergerecht zu sein!

Praktisch für die FDP:
eine Kugel. die jederzeit
die Farbe wechseln kann

Meine ist wie All diese Kugeln
bei amazon auf Lager













Schwarz spiegelt so schön
- auch ohne Durchblick


Montag, 3. Oktober 2022

Ironie - so fehl am Platz wie nie










Das griechische Wort eironeia bedeutet Verstellung oder Vortäuschung. Daraus wurde mit Ironie eine Begrifflichkeit, die diesem Ursprung zwar immer noch ein wenig gerecht wird, aber im Wesen doch anders und weitläufiger gebräuchlich wurde.
Zum Beispiel sprechen wir von einer Ironie des Schicksals. In diesem Sinn  landete die kanadisch-amerikanische Sängerin Alanis Morissette mit ihrem Song "Isn't it ironic" Monate lang in den Charts. Sie sang über jemanden der in der Lotterie gewinnt und am nächsten Tag tot ist,  oder eine schwarze Fliege in ihrem Glas Chardonnay. Daraus ergibt sich die Frage: Ist Pech zu haben auch ironisch?

In der Rhetorik ist die Ironie ein Stilmittel, bei dem der Vortragende etwas mit ausgewählten, sinnfremden Worten sagt, damit der Zuhörer eben dadurch weiß, dass er  das genaue Gegenteil meint. Gerade darin aber liegt die große Gefahr, falsch verstanden zu werden. Ich denke da an den einstigen Bundestagspräsidenten Philipp Jenninger, der zurücktreten musste, weil er  am 10. November 1988 ausgerechnet in seiner Rede zum 50, Jahrestag der Novemberprogrome von 1938 eine im Skript ironisch gemeinte Passage falsch vorgetragen hatte.

Ein intellektueller
Mann von Welt:
Der noch heute lesenswerte
Kurt Tucholsky

Quelle: wikipedia
Ironie ist stets ein weites Feld voller Tretminen. Sie kann aus einem Missverständnis heraus einen sofortigen Shitstorm auslösen. Wenn sie in schriftlicher Form vorliegt, könnte sie dem Verfasser auch später noch bei einem möglichen Meinungs- und Macht-Umschwung zum Verhängnis werden. Kurt Tucholsky zum Beispiel war zwar in erster Linie Satiriker, konnte sich aber gleich ausmalen, was die Nazis, die alsbald seine Bücher verbrannten, noch mit ihm anstellen würden. Er floh nach Schweden, wo er dennoch derart seelisch erkrankte , dass er sich 1935 das Leben nahm. Also lange bevor der braune Spuk den Weltenbrand entfachte. Carl von Ossietzky publizierte als Herausgeber der "Weltbühne" Tucholskys ironisches Theorem "Soldaten sind Mörder" und geriet deshalb schon während der Weimarer Republik in die Fänge der rechtsnationalen Justiz, Die Nazis steckten ihn dann nach der Machtübernahme unter "Schutzhaft" direkt ins KZ Esterwegen. Er starb quasi an den Folgen von Misshandlung und Folter 1938 unter Polizeiaufsicht  in einem Berliner Krankenhaus.
Häftling 238:
Friedensnobelpreisträger

Carl von Ossietzky
Der Weltöffentlichkeit war sein publizistischer Kampf gegen den Staatsterror  und sein persönliches Opfer nicht entgangen. 1936 wurde ihm deshalb der Friedensnobelpreis verliehen. Eine ironische Parallele: Das Schicksal von Aung San Suu Kyi, die von der Junta in Myanmar aktuell zu immer mehr Jahren im Gefängnis verurteilt wird..
Gezeichnet aber nicht gebrochen:
Aung San Suu Kyi.
letzte frei gewählte Präsidentin
von Myanmar
Quelle: sfr.ch
:

So erleben wir das gerade auch bei den Autoren, die dem totalitären Größenwahn des kleinen Putin ans Bein pinkeln. Entweder sie sind rechtzeitig ins Ausland geflohen oder sie landen für Jahrzehnte in Straflagern, so sie nicht vorher auf offener Straße ermordet werden.


In Zeiten wie dieser ist Ironie absolut fehl am Platz, weil das gegenseitige sich nicht verstehen Wollen unüberbrückbar scheint. Ironie, die nicht als solche zu erkennen ist, kann wie ein Bumerang auf den "Ironisten" zurück segeln. Nehmen wir den Begriff des "Sozialtourismus", den der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz im Zusammenhang mit den ukrainischen Flüchtlingen ins Spiel gebracht hat. Für Mitdenkende ist das böse populistische Ironie, aberdue bleibt eben bei jenen hängen, die vorrangig nun Angst vor dem eigenen "Wohlstandsverlust" im kommenden Winter haben.

Da ich im Moment dieser mörderischen Farce nicht mehr weiß, ob Putin, Lawrow und Konsorten mit ihrem Lügen-Konstrukt eine Ironie des Schicksals erstellen oder etwas entfachen, was dann auch global so weiter geht, schicke ich mein Maskottchen oben in den Urlaub. " I Ronie" kommt erst zurück, wenn angebrachte Ironie wieder ohne Schaden an Körper oder Seele verstanden werden kann.

Diese Themen könnten auch heute
auf dem Titelblatt stehen
Da kommen sie also: Die "Sozialtouristen".
wie Friedrich Merz sie sieht
Quelle: dreamstime.com