Dienstag, 18. Oktober 2022

Voller Verzweiflung in die Verlängerung

 Liebe Leserinnen und Leser!


Zwei Autopannen nacheinander "zwingen" uns im goldenen Oktober in eine Verlängerungswoche auf  der Burg. Erst war es die Lichtmaschine, dann ein beschädigtes Hinterrad. Eine interessante logistische Erfahrung wie es hier oben ohne Auto ist, wenn kaum noch Bewohner und helfende Nachbarn da sind...

Wer morgen auf den ersten Stein aus dem Glashaus gewartet hat, den muss ich noch bis zum 26. Oktober vertrösten. - So die Vorsehung nicht noch mit weiteren Problemen wartet.

Bleibt mir gewogen
Euer Blogger

Montag, 10. Oktober 2022

Die Ungnade der späten Geburt

 Wenn es dem Redenschreiber von Helmut Kohl eingefallen ist, ihm den mittlerweile historischen Fehltritt von der "Gnade der späten Geburt"  ins Manuskript zu schreiben, dann sei es mir gestattet, ihn umzudrehen. Was übrigens auch nicht viel mehr Sinn ergibt. Denn gegenwärtig empfinde ich nichts als Dankbarkeit, dass ich zur ersten Generation  Deutscher gehöre, die über sieben Jahrzehnte keinen Krieg vor ihrer Haustür erdulden musste. Aber diese Dankbarkeit vermischt sich mit der Angst, dass es für meine jüngeren Familienmitglieder vielleicht nicht so weiter geht.

Joseph Conrad
1857 . 1924
Deshalb muss ich jetzt auch diese verschwiemelte Überschrift erklären: Schon vor der Pubertät habe ich mit dem Schreiben begonnen und kaum Anerkennung dafür bekommen. Weil meine Orthografie so miserabel war, hat es in Deutsch immer nur für ein "Befriedigend" oder "Ausreichend" gereicht. Als ich nach der Schule wie durch ein Wunder plötzlich textsicher wurde und sogar damit Geld versdiente, war es aber schon zu spät für die epochalen Erzählungen, die mir seit Kindesbeinen durch die Reise-Erlebnisse mit meinen Eltern vorschwebten. Als ich selbst zu einem Reise-Reporter auf den Spuren meiner Autoren-Vorbilder Joseph Conrad, Somerset Maugham und dem geisterhaften B. Traven wurde, waren diese Felder in einer abenteuerlicheren Zeit längst
Somerset Maugham
1874 - 1065
von ihnen abgegrast worden Die Welt war ja im ständigen Wandel und dadurch war ich stets zu spät dran. Ich konnte ja nur noch  in Momentaufnahmen Anstoß geben für jene, die sich solche Reisen dank des Welt umspannenden Tourismus leisten konnten. Scherte ich einmal aus dem Reportagen-Stil mit literarischen Ambitionen aus, fielen meine Texte sofort in Ungnade. Ja, die damals noch papierenen Manuskripte wurden mir sogar regelrecht um die Ohren gehauen.

B. Traven
1882 - 1069
Quelle: alle Bilder wikipedia
Auch als ich selbst die einmalige Gelegenheit bekam, ein Jahrzehnt lang eine Zeitschrift für anspruchsvolles Reisen nach meinem Gusto zu redigieren, musste ich mich oft genug dem Herausgeber und den Verlegern gegenüber erklären. Am Ende dieses Jahrzehnts folgte ein anders, dass die Medien-Landschaft komplett durchmischte. Und wieder ein Jahrzehnt später begann durch den Aufstieg der elektronischen Medien das Zeitungs- und Zeitschriftensterben. Dass Print im Prinzip tot ist, wird wohl auf Dauer die Smartphone-Generation besiegeln...

Und wisst ihr was? Den sozialen Medien bin ich dankbar, dass ich am Ende meiner Schreiberei doch noch publizieren darf ,was ich will. Als Roman-Autor werde ich zwar nicht mehr in Erscheinung treten, aber ich erreiche Euch,- meine treue und erstaunlicher Weise immer noch wachsende Leserschaft - mit meinen Blogs. Und so betrachtet, passt auf mich alten Schreiberling die  "Gnade der späten Geburt" viel besser.

Alle Jahre wieder macht der Blogger jetzt wieder beim Ortswechsel ein paar Tage Pause. Ab dem 19. Oktober schmeißt er wieder - so die Vorsehung dies gestattet - alle Steine aus dem Glashaus, die den Sommer über dort liegen geblieben sind.

Freitag, 7. Oktober 2022

Putin und die Macht der konzentrischen Kreise

 Wieder einmal wird spekuliert, wie die atomare Bedrohung durch den Kremlchef zu gewichten sei, Die einen verharmlosen die Gefahr als undenkbar. Andere halten den Einsatz von taktischen Nuklearwaffen im Ukrainekrieg für durchaus realistisch. Eine "Atom-Bombe" haben die Russen ja mit der Inbesitznahme des Kernkraftwerkes Saporischschja schon postiert. Jeden Tag, an dem dort die heftigen Kämpfe weitergehen, steigt die Gefahr eines SuperGAUs, der heftiger ausfallen dürfte als der von Tschernobyl. Diesmal stünde nämlich die internationale Staatengemeinschaft zur Rettung und zur Eindämmung der Auswirkungen eher nicht bereit.

Wenn der Beton-Sarkophag noch immer
im Inneren kocht: Der GAU von
Tschernobyl 1986 wirkt noch heute nach

Quelle: sz.de
Um Putin jedoch einschätzen zu können, muss man in der Geschichte gar nicht mal weit zurück blicken. Indem er eine rote Linie nach der anderen überschritten hat, entwickelt er sich immer weiter zu einem totalitären Solitär mit Führer-Attitüden wie Hitler. Für den gab es letztlich auch kein Zurück. Das Einschüchterungs-Prinzip m Inneren durch Verfolgung anders Denkender, Einschränkung  und Monopolisierung des Informationsflusses mittels Propaganda hat vor ihm schon Stalin praktiziert. Und mit der rücksichtlosen Teil-Mobilmachung bei einem von ihm angezettelten Angriffskrieg zieht die Dauerlüge einer Befreiung der Unterjochten auch nicht mehr. Das Justizwesen ließ er ja schon seit über einem Jahrzehnt unterminieren.

Was Putin jedoch noch gefährlicher macht, ist eben der Zugriff auf ein ultramodernes atomares Arsenal. Mag sein, dass er sogar schlauer ist als der GRÖFAZ, aber seine mit der Eitelkeit  eines kleinen Mannes gepaarte Machtgier kann er angesichts einer veränderten Weltlage eben nicht mehr mit konventionellen Waffen und übermäßigem Blutzoll seiner Untertanen ausleben. Er hat eigentlich schon in dem Moment moralisch verloren. als sein "Blitzkrieg"-Versuch gegen die Ukrainische Hauptstadt in der Etappe stecken geblieben ist. Die schon lange von russischen Geheimdienstoperationen unterwanderten Gebiete der Ukraine, die er sich jetzt noch per Annexion und Dekret einverleibt hat, werden in einer kriegerischen Situation nur schwer zu verteidigen sein. Dann werden sich nämlich alle zum Votum gepressten Ukrainer aus Rache wie Zecken im Pelz des "Russischen Bären" festbeißen.

Quelle: tagblatt.ch

Putin scheint vom Charakter her einer zu sein, der auf keinen Fall verlieren will. Denn er hat bei seinem Aufstieg nie wirkliche Rückschläge erlebt. Jetzt wird er eine Niederlage daher  nicht einfach wegstecken können. Es wird - wie ich meine - auch kein Bunker-Szenario geben wie in dem Film "Der Untergang" über die letzten Stunden von Adolf Hitler. Klar hat Putin in seinem Riesenreich gewiss auch irgendwo einen Luxus-Bunker, der ihn vor den Strahlungen der mannigfaltigen Reaktionen auf seinen atomaren Erstschlag schützen würde. Er will in seinem narzisstischen Macho-Selbstbild aber - wenn schon denn schon - eher als tragischer Held sterben, der alles mit sich reißt, weil es ohne ihn keine Nachwelt geben darf. Ein Mann, für den Freitod eine Lösung ist, scheint mir Putin erst recht nicht zu sein...

Weil es in der Mitte nur einen geben darf
Quelle: cleanping.de

Jeder Macht-Monopolist braucht eine Entourage. Personen, die ihm bedingungslos den Rücken frei halten: Medwedew ist in Putins Schachspiel der tragischen Figuren der Göbbels, Lawrow der Göring und der brutale Tschetschene Kadyrow wächst mit jeder weiteren Beförderung zunehmend in die Himmler-Rolle. Dazu kommen noch jene Oligarchen, die von Putins Gnaden steinreich geworden sind und im Untergang alles verlören. Sie alle bilden zusammen mit der Leibgarde den so genannten inneren Kreis. Der steuert mit gewissem Abstand die Aktionen des zweiten Kreises. Der besteht aus führenden Apparatschiks, Amtsträgern, den gehorsam gleich geschalteten Exekutive. und führenden Geheimdienstlern. Deren aller Ehrgeiz ist es, in den inneren Kreis aufzurücken. Deshalb sind sie gierig darauf bedacht,  jede noch so kritische Anordnung unwidersprochen als Befehl von oben ausführen. Für den dritten Kreis. das auf Abstand gehaltene Volk, bleibt nur noch die Rolle als in Angst gehaltene, falsch informierte Untertanen. Da sie nur scheinbar etwas mit dem Schicksal ihres Vaterlandes zu tun haben, müssen sie ihre Wut auf die Macht so lange runterschlucken, bis sich irgendwann genug Gleichgesinnte in einer neuerlichen Revolution Gehör verschaffen..

Quelle: www.1wdr.de

Ob wohl die freie Welt darauf warten kann, dass sich die Russische Geschichte derart wiederholt?

Mittwoch, 5. Oktober 2022

Die wundersame Wiederkehr der Wahrsage-Kugeln

In ernsthaften Seher-Kreisen wird die wundersame Vermehrung von Wahrsage-Kugeln seit der Millennium-Breakdown-Angst  mit Sorge wahrgenommen. Statistiken wollen wissen, dass mittlerweile das Angebot an einschlägigen Modellen schon mehrere Hundertschaften diverser Varianten erreicht. Allein der von mir aufgerufene Versender hat mehr als ein Dutzend im Angebot - ohne Rückgabe-Recht bei falschen Voraussagen versteht sich! Das Kaffeesatz-Lesen, das seit dem 17. Jahrhundert praktiziert wird, gerät hingegen immer mehr ins  Hintertreffen, seit es Filterkaffee, Instant-Produkte und umweltschädigende "Capsules" gibt.

Und obwohl es für junge Abergläubische längst Wahrsage-Apps  - wie beispielsweise "fortunica" - im App-Store gibt, nimmt die Zahl jener zu, die sich im Sinne von Do-it-yourself  lieber selbst die Kugel geben.

Fatalerweise ist die Zahl wissenschaftlicher und politischer User seit dem Einmarsch der Russen in die Ukraine noch einmal sprunghaft gestiegen. Recherchiert man etwas nach, sind Regierungen und ihre Administrationen weltweit stark am Umsatzwachstum beteiligt, weil sie ansonsten keinen Durchblick mehr haben. Das Problem: Sie wollen nur Kugeln ihrer "Couleur"..

Es gibt nicht wenige, die denken, dass eine Auswahl nach solchen Prämissen von Haus aus ein verfälschtes Bild ergibt.
Nehmen wir einmal an, in der Ampel-Koalition wäre das auch der Fall, dann hätte die Kanzlerpartei der demoskopischen Weissagung zufolge rosarote Wahrsage-Kugeln eingekauft. Die Grünen hätten Smaragdfarbene, in die sie gucken. Die vom Finanzminister und den Seinen wären dann aktuell nur noch blassgelb. Am schwersten hätten es demnach die Christdemokraten. In schwarzen Kugel sieht  man nicht, was auf einen Zukommt. Es könnte aber sein, dass die Spiegelung des Selbst zu tragischen Fehleinschätzungen führte...

Ich für meinen Teil hab es da leichter, denn ich kann guten Gewissens eine weiße Kugel verwenden. Mit Durchblick sieht einer wie ich in denen nämlich immer nur das, was wirklich gerade auf uns zukommt. 

PS.
Ich verwende bewusst den Begriff Wahrsage-Kugel anstatt Wahrsager-Kugel, um gendergerecht zu sein!

Praktisch für die FDP:
eine Kugel. die jederzeit
die Farbe wechseln kann

Meine ist wie All diese Kugeln
bei amazon auf Lager













Schwarz spiegelt so schön
- auch ohne Durchblick


Montag, 3. Oktober 2022

Ironie - so fehl am Platz wie nie










Das griechische Wort eironeia bedeutet Verstellung oder Vortäuschung. Daraus wurde mit Ironie eine Begrifflichkeit, die diesem Ursprung zwar immer noch ein wenig gerecht wird, aber im Wesen doch anders und weitläufiger gebräuchlich wurde.
Zum Beispiel sprechen wir von einer Ironie des Schicksals. In diesem Sinn  landete die kanadisch-amerikanische Sängerin Alanis Morissette mit ihrem Song "Isn't it ironic" Monate lang in den Charts. Sie sang über jemanden der in der Lotterie gewinnt und am nächsten Tag tot ist,  oder eine schwarze Fliege in ihrem Glas Chardonnay. Daraus ergibt sich die Frage: Ist Pech zu haben auch ironisch?

In der Rhetorik ist die Ironie ein Stilmittel, bei dem der Vortragende etwas mit ausgewählten, sinnfremden Worten sagt, damit der Zuhörer eben dadurch weiß, dass er  das genaue Gegenteil meint. Gerade darin aber liegt die große Gefahr, falsch verstanden zu werden. Ich denke da an den einstigen Bundestagspräsidenten Philipp Jenninger, der zurücktreten musste, weil er  am 10. November 1988 ausgerechnet in seiner Rede zum 50, Jahrestag der Novemberprogrome von 1938 eine im Skript ironisch gemeinte Passage falsch vorgetragen hatte.

Ein intellektueller
Mann von Welt:
Der noch heute lesenswerte
Kurt Tucholsky

Quelle: wikipedia
Ironie ist stets ein weites Feld voller Tretminen. Sie kann aus einem Missverständnis heraus einen sofortigen Shitstorm auslösen. Wenn sie in schriftlicher Form vorliegt, könnte sie dem Verfasser auch später noch bei einem möglichen Meinungs- und Macht-Umschwung zum Verhängnis werden. Kurt Tucholsky zum Beispiel war zwar in erster Linie Satiriker, konnte sich aber gleich ausmalen, was die Nazis, die alsbald seine Bücher verbrannten, noch mit ihm anstellen würden. Er floh nach Schweden, wo er dennoch derart seelisch erkrankte , dass er sich 1935 das Leben nahm. Also lange bevor der braune Spuk den Weltenbrand entfachte. Carl von Ossietzky publizierte als Herausgeber der "Weltbühne" Tucholskys ironisches Theorem "Soldaten sind Mörder" und geriet deshalb schon während der Weimarer Republik in die Fänge der rechtsnationalen Justiz, Die Nazis steckten ihn dann nach der Machtübernahme unter "Schutzhaft" direkt ins KZ Esterwegen. Er starb quasi an den Folgen von Misshandlung und Folter 1938 unter Polizeiaufsicht  in einem Berliner Krankenhaus.
Häftling 238:
Friedensnobelpreisträger

Carl von Ossietzky
Der Weltöffentlichkeit war sein publizistischer Kampf gegen den Staatsterror  und sein persönliches Opfer nicht entgangen. 1936 wurde ihm deshalb der Friedensnobelpreis verliehen. Eine ironische Parallele: Das Schicksal von Aung San Suu Kyi, die von der Junta in Myanmar aktuell zu immer mehr Jahren im Gefängnis verurteilt wird..
Gezeichnet aber nicht gebrochen:
Aung San Suu Kyi.
letzte frei gewählte Präsidentin
von Myanmar
Quelle: sfr.ch
:

So erleben wir das gerade auch bei den Autoren, die dem totalitären Größenwahn des kleinen Putin ans Bein pinkeln. Entweder sie sind rechtzeitig ins Ausland geflohen oder sie landen für Jahrzehnte in Straflagern, so sie nicht vorher auf offener Straße ermordet werden.


In Zeiten wie dieser ist Ironie absolut fehl am Platz, weil das gegenseitige sich nicht verstehen Wollen unüberbrückbar scheint. Ironie, die nicht als solche zu erkennen ist, kann wie ein Bumerang auf den "Ironisten" zurück segeln. Nehmen wir den Begriff des "Sozialtourismus", den der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz im Zusammenhang mit den ukrainischen Flüchtlingen ins Spiel gebracht hat. Für Mitdenkende ist das böse populistische Ironie, aberdue bleibt eben bei jenen hängen, die vorrangig nun Angst vor dem eigenen "Wohlstandsverlust" im kommenden Winter haben.

Da ich im Moment dieser mörderischen Farce nicht mehr weiß, ob Putin, Lawrow und Konsorten mit ihrem Lügen-Konstrukt eine Ironie des Schicksals erstellen oder etwas entfachen, was dann auch global so weiter geht, schicke ich mein Maskottchen oben in den Urlaub. " I Ronie" kommt erst zurück, wenn angebrachte Ironie wieder ohne Schaden an Körper oder Seele verstanden werden kann.

Diese Themen könnten auch heute
auf dem Titelblatt stehen
Da kommen sie also: Die "Sozialtouristen".
wie Friedrich Merz sie sieht
Quelle: dreamstime.com


Freitag, 30. September 2022

Ein Mord im Morgengrauen?

War am schwersten und erst zuletzt
 zu identifizieren: die ligurische
Berggrasmücke
Quelle: ebird.net
Während ich noch von den globalen Dramen nachts so erschüttert war, dass ich nicht richtig schlafen konnte, musste ich im Dunklen auf den nahen Dächern gegenüber einen Überfall mit anhören, bei dem es um Leben und Tod ging.

Da meine Frau ja die geräumige Vogel-Badeanstalt auf unserer Dachterrasse gleich zu Beginn der Hitze- und Dürreperiode eröffnet hatte, ging es unseren gefiederten Nachbarn ziemlich gut. Diszipliniert warteten die diversen Arten samt ihres frisch flügge gewordenen Nachwuchses, bis jeder an der Reihe war.
Wir hatten so die Muße, in Ruhe zu beobachten, wer uns denn alles ohne Scheu besuchen kam: 
Die ersten war die Bergstelzen-Familie, die zu jeder Tageszeit mit ihrem Nachwuchs herumhüpfte. Wesentlich Scheuer, weil extrem ängstlich um ihren kugeligen Küken besorgt, flatterten die Blaumerlen heran. Meisen und Finken waren uns  ja in den letzten Jahren immer vertrauter geworden, seitdem hier nicht mehr blindwütig auf sie geballert wird.
Erst als alle nach den starken Regenfällen vor vierzehn Tagen nicht mehr so egelmäßig kamen. oder schon fortgezogen waren, fiel uns dieser auf unserer Terrasse eher einzelgängerische Piepmatz auf.

Die Fachzeitschrift für Vogelbeobachter "Der Falke" - das las ich im Internet - feierte diese ligurische Variante der Weißbartgrasmücke 2016 noch als Neuzugang, weil das Verbreitungsgebiet eher weit westlich von hier in Südfrankreich verortet wurde. Ich konnte sie wohl nicht gleich bestimmen, weil sie laut Experten hier in unterschiedlichem Federkleid auftritt. Offenbar hat la "Silvia di Montagna" auch am Hals nicht immer die weißen Federstreifen, die sie auch als Weißbartgrasmücke kennzeichnen.
Unsere Besucherin war mit ihrem eher schüchternen, grauen Federkleid - nachdem ich auch die Vogelstimmen verglichen habe - also das Grasmücken-Weibchen. Das dazu gehörige Männchen hat sich bei Helligkeit allerdings nicht sehen lassen.
https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/FVYVSQUYKGM2SW3PCJZTKRG53UHMC7C7

Aber wieso beide überhaupt noch da waren, wo sie doch schon seit August auf Zug in die Sahelzone sein sollten? Und dann auch noch deutlich hörbar im September Nachwuchs betreuend?
Gut, wir hatten hier ja mehr als drei Monate quasi auch Sahelzone. Vielleicht haben sich die über Schwanz nur zwölf Zentimeter langen Tierchen gedacht: Wieso denn nach Afrika, wenn es hier genau so heiß ist?

"La Gazza azzurra liguria" ist sehr
viel hübscher als ihre nordischen
Artgenossen, die hier jetzt in der
langsam in der Überzahl sein dürften
Quelle: liguriabirding.net
Der Klimawandel oder einfach bessere Lebensbedingungen, haben neben den Berggrasmücken aber auch die schwarzweiße nordische Elster hier in den Bergen stark zuwandern lassen. Sehr zum Leidwesen der angestammten 
"Gazza azzurra liguria", der hier einst wegen ihrer prachtvolleren Federn besonders als Schmuck für Jägerhüte nachgestellt wurde...
Da ich ja nur Ohrenzeuge war, wage ich es kaum die megaschlaue Elster in diesem Fall unter Mordverdacht zu stellen. Unsere Altvorderen haben den "Galgenvogel" ja sowieso schon immer als diebisch unter Generalverdacht gestellt. Als Angehörige der Gattung Rabenvogel gelingt es ihr immer noch nicht, allein über die ihr eigene, außergewöhnliche Intelligenz definiert zu werden. Forscher stellen diese mittlerweile auf eine Stufe mit der menschlichen.
Im Flug bestechend schön
und erschreckend intelligent
Quelle: nelcoure.org

Aber leider kann sie ihr wie böses Lachen klingendes Keckern im Beute-Rausch nicht abstellen.https://de.wikipedia.org/wiki/Elster Das hat mich bei offenem Fenster noch bei totaler Dunkelheit aus meiner Dämmerung gerissen, denn gleichzeitig erscholl ein vielstimmiges Piepsen aus dem Nest ganz in meiner Nähe. Sehen konnte ich nichts aber die folgenden Geräusche waren eindeutig. Die Grasmücken-Eltern versuchten zwar noch durch wechselnde Warnrufe aus unterschiedlichen Richtungen, die Elster abzulenken, aber der Frühstückshunger der Räuberin war zu zielgerichtet. Die dann nach dem letzten triumphierenden Keckern einsetzende Stille war gruselig.

Ausgerechnet wir Menschen sollten jedoch gerade jetzt nicht aus Mitleid die natürliche Tierwelt in Gut und Böse unterteilen...

Gioachino Rossini
1792 - 1868
Quelle: wikipedia

Die diebische Elster -

La Gazza ladra

Bienvenido a la nueva eraA un mundo sin dolorSin amor, ni imaginaciónDonde la lluvia sacia a un bosqueQue no puedes verSi no navegas por la redLa hermana luna se dejó de peinarPues no encontraba el reflejo en su espejo, el marAlza la vista hasta donde te alcance la razónPodrás ver que el sol se marchóMontado en una nubeDe carbono y gas letalFueron en busca de una florPues el hermano solSe cansó de alumbrarAlimentado por un disco duro y una terminalOh, en satania estásTus pensamientos programados están
Oh, aprieta el botónNavega en mi mundo"deseos.com"Constrúyete un paraísoUn amante virtualMándale orgasmos por e-mailDiséñate un beso tiernoO un gesto de amorAbre un archivo y grábaloCompra un programa especial para llorarDonde, en las lágrimas, puedas elegir variedadOh, en satania estásTus pensamientos programados estánOh, aprieta el botónNavega en mi mundo"deseos.com"La voz de tu amo soy, linkada a tu corazónTe concedo futuro, a cambio de tu libertad
Quelle: LyricFind
La gazza ladra ist eine Opera semiseria in zwei Akten von Gioachino Rossini mit einem Libretto von Giovanni Gherardini. Die Uraufführung erfolgte am 31. Mai 1817 im Teatro alla Scala in Mailand. 

Mittwoch, 28. September 2022

Ein Dolchstoß. der eher nicht zur Legende taugt

 Wie sich Giorgia Meloni, die künftige Ministerpräsidentin Italiens, in den ersten 100 Tagen ihrer Regentschaft verhalten wird, zwingt auch sogenannte Insider zu Mutmaßungen. Bleibt sie bei ihren neofaschistischen Attitüden, wie sie sie im Wahlkampf gepflegt hat, wird das Traumziel einer "Europäischen Einheit" einmal mehr infrage gestellt.

Die Wölfin, die Mussolini immerfort als einen Politiker preist, der gut für Italien war, wird wohl kaum mit Kreide gurgeln, um die scheckerstarrte Führungsriege der EU zu beruhigen. Der Berlusconi-Schützling mit der eigenen Partei-Gründung wird die Konfrontation mit Europa bis an die Schmerzgrenze ausreizen. Sie wird die bald drei Billionen Euro Staatsverschuldung die Italien mit all den gescheiterten Regierungen der letzten Jahre angehäuft hat, als Erpressungspotenzial einsetzen. Und zwar mit der Begründung, dass sie ja in der Opposition war und vor allem deshalb gewählt wurde, weil Italien einen Kurswechsel wünscht, um wieder ein europäischer Wirtschaftsfaktor von einstigem Rang zu werden

Werden die Fascho-Schwestern dafür sorgen, dass
dem  demokratisch gewachsenen  Europa das Lachen vergeht?
Montage: euronews


Die 45jährige gelernte Journalistin ist ein hochintellektuelles, mehrsprachiges Kraftpaket. dass sich nicht viel von der neun Jahre älteren Marie Le Pen abgucken musste. Sie ist nämlich eigentlich schon mindestens gleichlang im Politgeschäft und hat sogar schon - im Gegensatz zur der französischen Faschistin -   unter Berlusconi  ein Ministerinnen-Amt bekleidet. Der Vergleich mit dem Mussolini-Hitler-Duo - mit ähnlichem Timing - drängte sich mir schon bei Berichten von den ersten gemeinsamen Auftritten dieser Powerfrauen auf. Mussolini war ja anfangs von ganz links auch Journalist. Man geht den Parolen der beiden Blondinen so leicht auf dem Leim, weil sie in der typischen, temperamentvollen Diktion ihrer "Landsmänninen" rüberkommen: in einer oft gar nicht uncharmanten Mischung aus Marktfrau und Grande Dame,  

Marie Le Pen hat sich ja bereits vor einiger Zeit spektakulär ihres Vaters an der Parteispitze entledigt. So leicht wird es Meloni mit ihren "Fratelli d'Italia" nicht haben, Berlusconi  und seine "Forza" los zu werden, Denn der 85jährige Medienmogul, Multimillionär und Europa-Abgeordnete will  noch den 81jährigen Sergio Mattarella als Italiens Präsident beerben. Zudem ist er essentiell für die Bildung der kommenden Regierung, bei der viele gespannt sein dürften, ob der Name Mussolini im Kabinett vertreten ist...

Sollte es deshalb alsbald in der angestrebten Koalition knirschen? Zumal ja der ehemalige Vize-Ministerpräsident und Innenminister Matteo Salvini mit seiner Lega derart abgestürzt ist, dass für ihn sein früheres Amt als Innenminister logischerweise wohl nicht wieder in Reichweite wäre. Meloni wird mit ihrer Europapolitik nicht in eine Ungarn-Rolle geraten wollen, aber darf auch nicht ihr Gesicht verlieren.

Scheiterte sie wie die letzten Regierungen Italiens vorzeitig , wäre sie allerdings kreativ genug. daraus den verräterischen Dolchstoß von Verbündeten zu zaubern. Dann wäre es an den letzten aufrechten Europäern, daraus nur keine Legende erwachsen zu lassen.

Sonntag, 25. September 2022

Der Hypothesen-Hype

Diese Szene aus dem Film "Am Anfang war das Feuer"
verdeutlicht sie ein wenig: Die Ur-Hypothese, dass der Mensch
durch Zwirbeln eines Hartholz-Stabes auf weicherem
Holz Glut zum Entfachen eines Feuers
- auch während seiner Wanderschaft - erzeugen könne

 Einmal angenommen.
So beginnen die meisten Hypothesen. Hypothesen sind Annahmen, die auf einem Fundament an Basis-Wissen aufbauen sollten, um mögliche Vorgänge und Geschehnisse ins Kalkül zu ziehen. Ohne die Vorstellung, dass aus dem, was derart angedacht wurde, ein zählbares Resultat entstehen könnte, wäre die Menschheit nicht dort, wo sie heute dank ihres Hyperwissens ums Überleben kämpft...

Jedoch taugen Hypothesen nur so lange, wie sie das Ergebnis nicht eines besseren belehrt. In der Wissenschaft geht ohne Hypothesen, die möglichst alsbald zu beweisen sind, gar nichts.  Die meisten kennen das noch von den Beweisen aus dem Mathematik-Unterricht. Am Ende von denen - so sie denn richtig herbei geführt wurden - musste stehen: quod erat demonstrandum - was zu beweisen war.

quelle: commonweb,unifr,ch

Nun erleben wir gerade eine Zeit in der gelogen wird, dass sich die Waffenarsenale, Gasspeicher und Öltanks aber auch die Haushaltspläne von Regierungen explosiv aufblähen. Dass passiert, wenn sich massenhaft Hypothesen nicht so entwickeln, wie sie erdacht wurden. Heute haben Hypothesen durch die nicht mehr zu bändigende Meinungs-Vielfalt in den Medien eine Halbwertzeit, die eine Phase des Beweisens kaum noch ermöglicht. Das beschleunigt allerdings auch  das Vergessen ohne Gewissensbisse.

Hypothetisch war beispielsweise der "Wandel durch Handel" mit Russland und China richtig angedacht. Praktisch halfen wir der wirtschaftlichen Entwicklung von Schurken-Staaten.

Die Hypothese, dass unsere Freiheit am Hindukusch verteidigt wird, führte nach zwei Jahrzehnten Blutopfer und nicht zu rechtfertigendem Finanz-Aufwand historisch einmal mehr zu dem Beweis, dass die Völker am Hindukusch nicht unter eine Fuchtel zu bekommen sind.

Die Hypothese, dass die NATO ein Schutzschirm gegen die Gefahr eines neuerlichen Weltkrieges ist, wird von perfiden taktierenden und schamlos lügenden russischen Apparatschiks jeden Tag mehr in Beweisnot gebracht.

Die Hypothese, dass ein geeintes Europa mit mehr gewagter Demokratie resistent gegen politische Spaltpilze sei, beruht leider auf falschen Hoffnungen. So lange Autokraten Denkfehler in der "Konstruktion" der EU zum Füllen der eigenen Taschen nutzten, wird die Gemeinschaft durch Korruption konterkariert.

Die Hypothese, das Gespenst des Faschismus sei durch gesicherte historische Daten und Fakten ein für alle Mal zu bannen, war von Wunschdenken geprägt. Sie hat nicht das primitive Denken schweigender Mehrheiten mit einkalkuliert. Jetzt breitet sich der egoistische Nationalismus wieder munter in ganz Europa aus. Der Brexit war nur der Anfang. Das  mit russischem Geld unterstützte Wahlergebnis in Italien könnte bereits den Zerfall der EU einleiten. Vor allem wenn Frankreich alsbald mit Rechtsruck nachzieht.

Auch die Hypothese, die Nationen der Welt ließen sich im Frieden vereinen, wird mehr denn je ad absurdum geführt. Da muss man zum Beweis nur die Sitzungen des UN-Sicherheitsrates verfolgen

Von der hypothetischen Annahme ganz zu schweigen, die Weltreligionen, die ja theoretische dem Guten im Menschen verpflichtet sein sollten, könnten endlich mal wirklich humanistische Impulse für einen Heilungsprozess geben...

Der aktuelle Hypothesen-Hype macht es jedem schwer, den individuellen Wert eines Denk-Anstoßes zu ermitteln. Uns stehen ja oft verlässliche,  neutrale Quellen gar nicht mehr zur Verfügung. Deshalb  können  wir auch nicht ergründen, ob und wer eigentlich hinter den Kulissen bestimmte Hypothesen im Interesse eigener Wertschöpfung auf den Weg bringt.

Mein Heilmittel gegen durch Hypothesen verursachte Ängste: Selber welche ganz ohne Kopf-Bremse für sich aufstellen!

Meine Hypothese zum Krieg der Russen gegen die Ukraine: Er dauert so lange, wie Putin am Leben ist.
Da er jünger ist als ich, werde ich wohl nicht mehr erleben, ob ich richtig lag,

Meine Hypothese zum Wasserstoff als künftige Energie-Quelle: Es wird so lange an einer lukrativen Herstellung herumgedoktort, bis uns die maroden Kernkraftwerke um die Ohren fliegen. Auch das muss ich nicht mehr unbedingt erleben...

Quod esset demonstrandum
Was zu beweisen wäre

Es gibt ja nicht nur das beängstigend marode Cattonom in Europa
Quelle: pixabay


Freitag, 23. September 2022

Blüten zur Belohnung

Zugegeben: Der Vervielfältigungstrieb meiner einst arglos geretteten Ur-Yukka hat viele Freunde, Nachbarn und auch meine Frau sprichwörtlich auf die Palme gebracht. Dabei ist die Yucca - wie sie botanisch richtig buchstabiert wird - eigentlich gar keine Palme, sondern gehört zur Familien der Spargelgewächse. Dass sie gerne als Palmenlilie bezeichnet wird, ist vermutlich ein Gärtner-Gag.

Wer eine Yucca verschenkt, sollte immer mit Argwohn bedacht werden, weil sich die Fortpflanzungswütige gelegentlich zum Danaer-Geschenk entwickelt. Ich muss meinem mitleidigen Herzen jedoch die alleinige Schuld geben. Ein Freund und Nachbar wollte seine Yucca vor bald einem Jahrzehnt zum Sperrmüll transportieren, weil sie ihm erheblich über den Kopf gewachsen war. Als er sie aus der Haustür trug, brach sie ihm auch noch ab.

So wurde ich zum Agenten der weltweit wuchernden "fünften Kolonne" dieses "Monster-Spargels" nur weil ich die schöne Krone retten wollte. Ich steckte sie in einem gar nicht mal so großen Pflanzkübel, den ich wegen der Stürme am Boden mit Bauschutt beschwerte. Drauf kam eine schon mehrfach verwendete Erde aus Töpfen verwelkter Pflanzen. Der Rest ist Geschichte, die ich ja auch in diesem Blogg schon ein paarmal erzählt habe. Jetzt gibt es aber tatsächlich eine Belohnung für meine jahrelange beschneidende Agenten-Tätigkeit, aus der ich gelernt habe, wie man mit unheimlich wenig Anspruch ein prachtvolles Leben generieren kann.

Die Ur-Yukka und ihr erster großer Trieb blühen nach all der "Hingabe" gerade zum ersten Mal, und das verspricht, dass sie dies ab jetzt mindestens einmal pro Jahr tun, um all ihre Kritiker durch ihren betörenden, an Jasmin erinnernden Duft zu besänftigen...

Fotos: Claus Deutelmoser





































Mittwoch, 21. September 2022

Benzin-Bredouille

AltersgenossInnen erinnern sich vielleicht noch verschwommen and die Zeit, als für die ungetrübte Reiselust nach Italien die sogenannten "Coupons" erworben werden mussten. Wenn ich mich recht besinne, war die Benzinpreis-Differenz wegen der in Italien mit dem Sprit erhobenen KFZ-Steuer so hoch, dass man diesen Ausgleich nicht nur zum Wohle des Tourismus erschaffen hatte.

Quelle: toonpool.com

O tempora o mores! Dass ich nochmal erleben darf, dass das Standard-Benzin in Italien derart viel billiger ist als in Deutschland. Das kann ja nicht allein am Ukraine-Krieg liegen. Hier gestern im Tal lag der Preis für die Sorte E5 bei 1,69 Euro pro Liter, während er gleichzeitig in Deutschland immer noch um die Zwei-Euro-Marke herum dümpelt. Haben die Italiener günstigere "Quellen"? Oder liegt es daran, dass in ein paar Tagen die vorgezogene Wahl stattfindet, bei der nur ein Wunder Italien vor einer neuerlich faschistischen Regierung bewahren kann? Dabei haben die Italiener in der EU doch angeblich immer noch den höchsten Steuer-Anteil  auf den Liter zu berappen.

Es gibt die These, dass sich auch die Höhe der jeweiligen Inflation im Land auf den Benzinpreis niederschlägt. Aber die wäre ja laut "Statista" mit 9.1 Prozent Ende August auch nur geringfügig höher gewesen als die Deutsche mit 8,8.

Nun gut. Vielleicht liegt es ja an der Zahl der See-Häfen und den kürzeren Routen zu den Lieferanten in Arabien. Italien hat 13 See-Häfen am Mittelmeer beziehungsweise an der Adria. Deutschland hat nur zehn, aber mit einer weitaus höheren Umschlags-Kapazität und zudem bedienen die nicht nur ein Meer, sondern neben Ost- und Nordsee eben auch noch den gesamten Nordatlantik.

Götterdämmerung an der Zapfsäule:
Eine Rückkehr zu Preisen von vor der Pandemie wie auf diesem Bild
schließt das Kassandra-Kartell auch ohne Grundlage schon mal aus.
Bald gehen ja auch nachts die Lichter auf unseren Aitobahnen aus?

Quelle: mdr das erste

Allerdings wirkt die von den Medien in Deutschland ausgelöste Verknappungs-Panik nicht so drastisch auf die Gelassenheit der gerne und leidenschaftlich  protestierenden Mitmenschen hier. Da sind die Themen - wie die Statistik beweist - eher ideologisch und dem Anlass bedingt als dem eigenen Wohlergehen. 

Wenn die Inflation allerdings auf die Restaurant-Rechnung schlägt, wird eben vermutlich mehr zuhause gekocht. Die Untergrenze für ein normales Essen zu zweit ist auf über 60 Euro gestiegen. Am deutlichsten ist die Teuerung bei den Preisen für ein typisches 14gängiges ligurisches All-inclusive-Essen nachzuvollziehen: Unsere Lieblings-Trattoria "Maria" in Vessalico hat den Menü-Preis von 35 Euro pro Person im vergangenen Jahr in diesem auf 45 Euro erhöht und berechnet nun zusätzliche Flaschen Wein und Schnäpse... Auch das "Val Prino" in Prela nahe Dolcedo hat den Menüpreis von 28 Euro auf 35 Euro angehoben und bietet auch nicht mehr alles inklusive.

Was das denn bei einer Firmierung als "Agriturismo", der ja den Großteil des Angebotenen aus eigenen Ressourcen bestreiten sollte, mit dem Benzin-Preis zu tun hätte?

Hätte, hätte Lieferkette vielleicht? Oder aber man erwarb - die Deutschen nachahmend, die das hier klaglos hinnehmen - vorab schon mal eine Krisengewinnler-Mentalität auf Kosten der "German Angst".

So wie das Kassandra-Kartell jammert,
müssten auch die Container-Schiffe
bald per Ruderboot entladen werden

Quelle: d.velop.de


Montag, 19. September 2022

Deo für den Oktopus

Aquarell: Claus Deutelmoser
Dieser Hummer ist eine "Hummage" an meine Frau. Wie wir als ganz junges Paar unsere großen Rundreisen im Süden Europas unternahmen, konnte sie mit Fisch und Meeresfrüchten noch überhaupt nichts anfangen. Es oblag also mir, sie ganz behutsam an die zum teil optisch irritierenden Lebewesen aus dem Meer heranzuführen. Das ist mir insofern gut gelungen, dass sie heute mit wenigen Ausnahmen  alles leidenschaftlich verspeist, was uns die geschundenen Gewässer noch zu bieten haben.

Am vergangenen Freitag servierte sie uns den von mir gar nicht mal so geschätzten ligurischen Casareccia-Klassiker "Polpo con Patate". In einer Perfektion, wie ich ihn zuvor noch nie gegessen hatte. Das heißt wohl, dass sie sich jetzt auch als Köchin von solchen Gerichten dem Olymp nähert.

Irgend etwas hat sie gegenüber ihrer bislang recht ordentlichen Variante noch einmal verbessert. Mir jedenfalls ist es noch nie gelungen, den Kraken so geschmeidig weich zu bekommen, obwohl ich es aus Verzweiflung schon einmal mit Tipps aus der Japanischen Internet-Serie "Cooking with Dog" https://www.youtube.com/watch?v=hUfc_3OErYw versucht hatte. Und noch etwas fiel (nicht) auf: Obwohl wir wegen des Sturms alle Fenster schließen mussten, roch es im Haus kaum.

Bei acht "Achselhöhlen"
hätte der Oktopus
einen ganz schönen Bedarf
an einem Deo, das
ihn nicht im Stich ließe
Quelle: crustanova.com

Deshalb witzelte ich, als wir uns an den Tisch setzten. ob sie vielleicht ein Deo für Oktopoden entwickelt habe. Molusken müffeln einfach. Egal ob frisch oder aufgetaut aus dem Tiefkühl-Regal. Wir haben den Purismus für Frische bei denen längst aufgegeben, seit wir die Tiere portionsgerecht (ca.800 g) und geputzt gefroren kaufen. Das setzt uns auch beim Zeitpunkt seiner Zubereitung nicht unter Zugzwang.

Meine Frau hat also mit großer Muße diesmal alle klassischen Zutaten als Hauptgericht  für zwei Personen separat gekocht und schließlich in einer großen flachen Pfanne mit unserem Olivenöl bei kleiner Hitze zusammengeführt:

500 g junge Kartoffeln geschält und gewürfelt in Salzwasser knackig gegart

Den Polpo 45 Minuten mit ein paar Kräutern auf keinen Fall kochen, sondern unterm Siedepunkt bei geschlossenem Deckel simmen lassen, abgießen und dann gleich noch im lauwarmen Zustand würfeln -  dann Deckel wieder drauf. Das minimiert tatsächlich die Geruchsentwicklung

300 g Bohnen  garen, bis sie beim Biss-Test noch leicht quietschen, abgießen und nötigenfalls halbieren

Diese Vorgänge kann man gut zwischendurch vorweg machen, so dass die eigentliche Zubereitung letztlich kaum fünf Minuten dauert:

Alle Würfel und Schnippel dann flach im Olivenöl verteilen. eine Handvoll gehackte Petersilie hinzu geben und mit Salz und frisch gehacktem Peperoncino abschmecken. Das Öl muss so temperiert und bemessen sein, dass das Gericht glasig aber nicht matschig wird und es darf keinesfalls den Siedepunkt oder gar Brathitze erreichen.

Leider waren wir so hungrig, dass unsere Teller
leer waren, bevor ich an ein Foto denken konnte...
Diese insalata von  ilpomodororosso.blogspot
sieht in etwa so aus wie die von meiner Frau.
 Aber ob sie so genial geschmeckt hat?

Ein weiteren Schuss Öl kann ja jeder nach Gusto noch am Tisch drüber geben, da das Gericht auch tiepido  - also lauwarm entzückt. Für meine Frau gehören in jedem Fall vor dem Genuss  ein paar Spritzer Zitrone drüber. Ich bevorzuge hingegen den unverfälschten Geschmack der einzelnen Zutaten. Die Omas hier indes rühren traditionell gerne noch in der Pfanne  zusätzlich ein zwei Esslöffel Pesto genovese unter.

Freitag, 16. September 2022

Inquisition als Wegbereiter für den Faschismus

Am 16. September 1498 starb in Avila Tomás de Torquemada im Alter von 78 Jahren. Der Dominikaner, der von  Isabella und Ferdinand von Kastilien  mit Segen von Papst Sixtus IV. zum ersten Großinquisitor auf der Iberischen Halbinsel wurde, gilt als Chefideologe dieses dunkelsten Kapitels der Kirchengeschichte.
Allerdings gab es da in Deutschland schon seit 1348  Johan Schadland als offiziell von Papst Clemens VI ernannten Großinquisitor. Torquemadas "Instrucciones"  wirken in der Folge aber als "Gesetze der Inquisition" im ganzen "Herrschaftsbereich" der da noch nicht reformierten Kirche. Der Reformator Martin Luther - es wurde ja auch höchste Zeit - erblickte ja erst 1483 das Licht der Welt und bleibt wohl der prominenteste "Überlebende" eines kirchlichen Ketzerverfahrens.

Historiker - je nachdem wie religiös sie beeinflusst sind - tun sich oft schwer mit der Gewichtung  inquisitionärer Einflüsse auf die Entwicklung politischer Strömungen. Inquisitoren werden heute nicht umsonst  als Personen betrachtet, "die im öffentlichen Auftrag Andersdenkende in böser Absicht oder Verblendung verfolgen und dabei von Grausamkeit und Machtmissbrauch geleitet werden" (Will ein Beitrag im Wikipedia wissen), Der heutige Klerus mag zwar interpretieren, Torquemada habe die Willkür der Verurteilungen  mit seinen "Instrucciones" eingeschränkt. Es bleibt aber doch unter seiner Verantwortung die Horror-Bilanz von annährend 15.000 Verteufelten, die direkt oder zumindest - wenn man ihrer nicht habhaft wurde -symbolisch auf dem Scheiterhaufen endeten.

Mussolini und sein gelehriger
Schüler Hitler 1940 in München
Quelle: wikipedia

Die absoluten Strukturen ihrer Weisungen hat die Katholische Kirche zwar immer noch nicht aufgegeben, aber deshalb ist auch fraglich wie lange noch das Brodeln an ihrer Basis wirkungslos bleibt. Die Gläubigen laufen ihr ja schon mit stetig steigenden Zahlen von Austritten davon. Das Schlimme ist, dass ihre als Basis-Denken dienenden Strukturen zur Schaffung von Macht und dem Glauben an Führung durch nur eine einzige Person heute wieder dramatisch an Popularität gewinnen:

Gott - Papst - Inquisition

Führer - Volk - Gleichschaltung des Denkens

Natürlich wurde auch vor Torquemada immer schon  darüber nachgedacht, wie die Welt im Zaum zu halten sei. Niemand aber hat das derart weitreichend zu Pergament gebracht wie dieser gestrenge Gottesmann. Dass er dadurch als Wegbereiter faschistischen Denkens gelten könnte, wäre vermutlich schwer historisch zu belegen, Nicolo Machiavellis Denkweise hat sich zudem ja glücklicher Weise auch nicht durchgesetzt
Ich mein' ja nur!

Als Buch bei Amazon auf Lager
Die Website für Kinder und Jugendliche "helles.köpfchen,de" definiert Faschismus derart einfach und präzise, dass sie so eigentlich  auch von erwachsenen Querdenkern verstanden werden müsste.
Der Faschismus ist eine rechtsradikale politische Bewegung, die die Werte einer Demokratie ablehnt. Die Herrschaftsform des Faschismus ist die Diktatur. In faschistischen Systemen gibt es nur eine Partei, andere Parteien neben ihr sind verboten. Gegner des Faschismus werden in einer solchen Herrschaftsform verfolgt, gefoltert und eingesperrt.

Wer hat's erfunden?
Das Königreich Italien
führte das von Mussolini
den alten Römern geklaute Symbol des
unzerbrechlichen Bündels
von 1927 bis 1929
sogar im Staatswappen...


Mittwoch, 14. September 2022

Reizüberflutung


Was malen wir nur heute?
Gegen die vielfältigen Eindrücke
aus den Spielkonsolen
hat es ein Großvater mit
seinen Bild-Ideen extrem schwer
Je entwickelter das menschliche Hirn desto grenzenloser die Phantasie. Wenn der Herbst kommt und die Nächte immer länger werden, muss ich meinem reizüberfluteten Leben mit ständigen Albträumen Tribut zahlen. In ihnen herrscht jedoch nicht ein "Gott de Gemetzels". Es sind auf die Spitze getriebene Alltags-Situationen eines längst vergangenen Lebens.

Gestern ist meine Enkel eingeschult worden, und ich mache mir Sorgen, wie es ihm einmal mit seiner Vorstellungskraft ergehen wird. Er ist ja jetzt schon mit derart vielen virtuellen Reizen belastet, wie sie frühere Generationen ein Leben lang in Realität nicht zu verarbeiten hatten.

In den Augen meines Schwiegersohnes bringe ich mich als Opa nicht genug ein. Aber wie soll das gehen, wenn die Dinge, die noch bei meinen Kindern zu deren Unterhaltung gut funktionierten, meinen einzigen Enkel im Handumdrehen langweilen? Ich komme einfach nicht an gegen die Flut von Phantasie-Spielzeugen und all der Spannung, die ihm die vielfältigen Erlebnisse in seinen Computer-Konsolen anbieten. Die haben ja längst dem Fernsehen den Rang abgelaufen.
Das hat auch gar nichts damit zu tun, dass er ein Einzelkind ist, denn vor einigen Tagen war die Familie seines Spielkameraden für ein paar Nächte hier zu Besuch. Ich in deren Alter hätte diesen mittelalterlichen  Spielplatz mit seine engen Gassen, den verwunschenen Häusern und den schönen Plätzen als unbegrenzten Abenteuer-Spielplatz genutzt. Aber meine Mutter war auch nicht so ängstlich wie offenbar heute alle Mütter, deren Vorstellungswelt von horrösen Schilderungen in den Nachrichten gefüttert wird. Also saßen die beiden bei herrlichstem Wetter oft lieber dicht vor einem kleinen Multifunktions-Computer und schauten sich im Esszimmer Comics an.

Durch meine vielen Reisen war ich bestimmt kein prägender Vater, aber daheim, hatte ich zumindest bis zu deren Einschulung  in Dreisamkeit sehr intensive Momente mit meinen Kindern. Gemeinsames Malen oder spannende Geschichten von meinen Reisen waren da die Hits, und ich überprüfte regelmäßig, was davon hängen geblieben war. Prägend war da vielleicht leider oder glücklicher Weise, dass mein Sohn seinen ersten richtigen Computer schon im Alter von zehn bekam und meine Tochter in ihren musischen Begabungen sehr zeitig unterstütz wurde. 

Aber zurück zu meinem Enkel: Natürlich hat mich der Vorwurf meines Schwiegersohns betroffen gemacht. Vielleicht scheitere ich als Opa ja daran, dass ich grundsätzlich möchte, dass aus der spielerischen Zweisamkeit ein bildender Nutzen entspringt?

Mein Enkel hat wunderschönes schwarzes Haar, dass ihm beim Essen stets vor dem Mund hängt. Auch kaut er darauf herum, wenn er unter Strom steht, was beinahe im Wachzustand die Regel ist.
Es entspann sich also folgender Dialog:
"Wenn du dann  in der Schule bist, solltest du ein Stirnband tragen wie Klein Adlerauge, damit du besser gucken kannst."
"Wer ist denn Klein Adlerauge?"
Hätte ich ihm jetzt den gesamten Disney-Kosmos erklärt, wäre ich bei dem, der ganze Galaxien mit seinen Superhelden auf diversen Konsolen durchreist vermutlich sofort gescheitert.
"Das ist eine Comic-Figur, die ich gemocht habe, als ich in deinem Alter war. Ein kleiner Indianer-Junge, der viele Abenteuer in der Prärie erlebt. Soll ich dir mal zeigen, wie der aussieht?"
Auweia! Hätte ich nicht sagen müssen: Native American oder indigener Häuptlingssohn? Aber dann wäre es mit der Neugier vermutlich da auch schon wieder vorbei gewesen.
"Wollen wir ihn gemeinsam zeichnen und malen?"

Wer ist denn dieser Klein Adlerauge?
Mickymaus? Donald Duck? Tick,Trick und Trak?
Angesichts des elektronischen Daten-Universums
im Kinderzimmer kommt sich der
Blogger vor wie der debile Franz Gans bei 
seiner Oma Duck: Entsprechend sieht das
erste Gemeinschaftswerk Enkel/Opa dann auch aus
Da war er wieder - der Opa-Ehrgeiz, dem Enkel den Unterschied zwischen Zeichnen und Malen zu vermitteln. Ich stellte einen rückseitig bereits für Skizzen verwendete Mal-Karton und Wachskreide zur Verfügung. 
"Ich zeichne dir vor, wie er in etwa aussieht, und du malst dann die passenden Farben -wie du sie dir vorstellst - dazu."

Es war spannend, welche Farben er auswählte, und als er schnell begriffen hatte, dass man die richtig zugeordnet und mit einer anderen auch noch mit dem Finger zu einer anderen mischen und verschmieren kann, war er Feuer und Flamme. Allerdings erlosch beides schnell, als er merkte, dass so ein flächiges Bild eine gewisse Weile viel Aufmerksamkeit bindet. Als hätte eigentlich er mir einen Teil seiner kostbaren Zeit geopfert, fragte er seine Mutter ungeduldig:

"Mami darf ich jetzt wieder Computer spielen?"

Immerhin entstand so ein erstes gemeinsames Enkel-Opa-Werk, das vor allem beim Opa die Hoffnung weckt, dass dem - sobald der Enkel Geduld und Beharrungsvermögen aus der Schule mitbringt -weitere folgen könnten...
Sein Erstlingswerk unter Opa-Beteiligung lehnt jetzt am Spiegel im Gästezimmer.

Das sagt die übrigens die Wissenschaft zum Begriff  Reizüberflutung:
Das ist in umgangssprachlichem Gebrauch eine Metapher für einen angenommenen Zustand des Körpers, in dem dieser durch die Sinne so viele Reize gleichzeitig aufnimmt, dass sie nicht mehr verarbeitet werden können und beim Betroffenen zu einer psychischen Überforderung führen.