Montag, 3. Oktober 2022

Ironie - so fehl am Platz wie nie










Das griechische Wort eironeia bedeutet Verstellung oder Vortäuschung. Daraus wurde mit Ironie eine Begrifflichkeit, die diesem Ursprung zwar immer noch ein wenig gerecht wird, aber im Wesen doch anders und weitläufiger gebräuchlich wurde.
Zum Beispiel sprechen wir von einer Ironie des Schicksals. In diesem Sinn  landete die kanadisch-amerikanische Sängerin Alanis Morissette mit ihrem Song "Isn't it ironic" Monate lang in den Charts. Sie sang über jemanden der in der Lotterie gewinnt und am nächsten Tag tot ist,  oder eine schwarze Fliege in ihrem Glas Chardonnay. Daraus ergibt sich die Frage: Ist Pech zu haben auch ironisch?

In der Rhetorik ist die Ironie ein Stilmittel, bei dem der Vortragende etwas mit ausgewählten, sinnfremden Worten sagt, damit der Zuhörer eben dadurch weiß, dass er  das genaue Gegenteil meint. Gerade darin aber liegt die große Gefahr, falsch verstanden zu werden. Ich denke da an den einstigen Bundestagspräsidenten Philipp Jenninger, der zurücktreten musste, weil er  am 10. November 1988 ausgerechnet in seiner Rede zum 50, Jahrestag der Novemberprogrome von 1938 eine im Skript ironisch gemeinte Passage falsch vorgetragen hatte.

Ein intellektueller
Mann von Welt:
Der noch heute lesenswerte
Kurt Tucholsky

Quelle: wikipedia
Ironie ist stets ein weites Feld voller Tretminen. Sie kann aus einem Missverständnis heraus einen sofortigen Shitstorm auslösen. Wenn sie in schriftlicher Form vorliegt, könnte sie dem Verfasser auch später noch bei einem möglichen Meinungs- und Macht-Umschwung zum Verhängnis werden. Kurt Tucholsky zum Beispiel war zwar in erster Linie Satiriker, konnte sich aber gleich ausmalen, was die Nazis, die alsbald seine Bücher verbrannten, noch mit ihm anstellen würden. Er floh nach Schweden, wo er dennoch derart seelisch erkrankte , dass er sich 1935 das Leben nahm. Also lange bevor der braune Spuk den Weltenbrand entfachte. Carl von Ossietzky publizierte als Herausgeber der "Weltbühne" Tucholskys ironisches Theorem "Soldaten sind Mörder" und geriet deshalb schon während der Weimarer Republik in die Fänge der rechtsnationalen Justiz, Die Nazis steckten ihn dann nach der Machtübernahme unter "Schutzhaft" direkt ins KZ Esterwegen. Er starb quasi an den Folgen von Misshandlung und Folter 1938 unter Polizeiaufsicht  in einem Berliner Krankenhaus.
Häftling 238:
Friedensnobelpreisträger

Carl von Ossietzky
Der Weltöffentlichkeit war sein publizistischer Kampf gegen den Staatsterror  und sein persönliches Opfer nicht entgangen. 1936 wurde ihm deshalb der Friedensnobelpreis verliehen. Eine ironische Parallele: Das Schicksal von Aung San Suu Kyi, die von der Junta in Myanmar aktuell zu immer mehr Jahren im Gefängnis verurteilt wird..
Gezeichnet aber nicht gebrochen:
Aung San Suu Kyi.
letzte frei gewählte Präsidentin
von Myanmar
Quelle: sfr.ch
:

So erleben wir das gerade auch bei den Autoren, die dem totalitären Größenwahn des kleinen Putin ans Bein pinkeln. Entweder sie sind rechtzeitig ins Ausland geflohen oder sie landen für Jahrzehnte in Straflagern, so sie nicht vorher auf offener Straße ermordet werden.


In Zeiten wie dieser ist Ironie absolut fehl am Platz, weil das gegenseitige sich nicht verstehen Wollen unüberbrückbar scheint. Ironie, die nicht als solche zu erkennen ist, kann wie ein Bumerang auf den "Ironisten" zurück segeln. Nehmen wir den Begriff des "Sozialtourismus", den der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz im Zusammenhang mit den ukrainischen Flüchtlingen ins Spiel gebracht hat. Für Mitdenkende ist das böse populistische Ironie, aberdue bleibt eben bei jenen hängen, die vorrangig nun Angst vor dem eigenen "Wohlstandsverlust" im kommenden Winter haben.

Da ich im Moment dieser mörderischen Farce nicht mehr weiß, ob Putin, Lawrow und Konsorten mit ihrem Lügen-Konstrukt eine Ironie des Schicksals erstellen oder etwas entfachen, was dann auch global so weiter geht, schicke ich mein Maskottchen oben in den Urlaub. " I Ronie" kommt erst zurück, wenn angebrachte Ironie wieder ohne Schaden an Körper oder Seele verstanden werden kann.

Diese Themen könnten auch heute
auf dem Titelblatt stehen
Da kommen sie also: Die "Sozialtouristen".
wie Friedrich Merz sie sieht
Quelle: dreamstime.com


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