Montag, 7. September 2020

Passion

 

Foto: Claus Deutelmoser









Regelmäßige Leser meiner Posts wundern sich ja vielleicht nicht mehr, dass ich - der eingefleischte Agnostiker - mich so für den inbrünstigen Glauben anderer begeistern kann. Vielleicht ist da ja auch ein Portiönchen Neid dabei, aber vor allem ist es Faszination wie "nicht Wissen" mit soviel Zuversicht praktiziert werden kann. Es ist doch so verlockend und gleichzeitig beruhigend, zu glauben, es könne eine höhere Macht geben, die alles gut werden lässt...

Wie fahren ja nicht mehr so oft hinunter ins Tal wie früher. Wenn, dann meist vormittags, aber nie genau zur selben Zeit. Dabei treffen wir auf halber Strecke zum nächsten Ort bei der engen Kurve des Torrente immer wieder das selbe Paar. Ob Mutter und Tochter, oder eine ältliche Betreuerin der alten Dame bleibt im Bereich der Spekulation. Die eine ist vielleicht schon 80, die andere auch schon grauhaarig. Aber wir kennen das Ziel der Wanderung, weil wir schon manchmal genau im richtigen Moment dort vorbei fuhren. Es ist ein kleiner Altar, ein Heiligen-Häuschen oder wie man in Bayern sagt: ein Marterl. Von Vandalen und der Zeit ist es erheblich mitgenommen. Ob da den Unfallopfern der Kurve oder des Sturzbaches gedacht oder um Schutz für Verkehrsteilnehmer gebetet wird? Wir wissen es nicht!

Mal stehen die beiden rastend oder andächtig davor, mal sind sie noch auf dem Hinweg, und ganz selten befinden sie sich schon wieder auf dem Rückweg. Mittlerweile sind wir uns im Vorbeifahren schon so vertraut, dass gegenseitig gewunken wird. Alles in allem legen die Damen hin und zurück so wohl täglich an die zwei Kilometer zurück. Wenn es dem Glauben geschuldet ist, dient es ganz sicher aber auch der Gesundheit der "Pilgerinnen". Und so dicht ist der Verkehr hier oben ja kaum, dass nicht Zeit für diesen Genuss-Tunnel aus knorrigen Steineichen, Akazien und herrlich silbrig grün glitzernden Oliven-Bäumen wäre. Und dann sind da auch immer wieder  diese wie in belaubte Bilder-Rahmen gefassten Durchblicke  auf die im Licht geborenen Dörfer auf der anderen Talseite...

Da ist die Passion nie ein Leidensweg sondern eher eine liebe Leidenschaft.

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