Mittwoch, 19. Juni 2019

Wenn Vögel im Dialekt singen

Einen Vogel haben, ist nicht schwer, Ornithologe sein dagegen sehr! Dabei muss einer heute ja nicht einmal einer sein und auch nicht mühselig getarnt im Unterholz mit seinem Spektiv auf Vogel-Bestimmung ansitzen.

Das Internet bietet Plattformen ohne Ende - zum Teil in beeindruckend detaillierter Qualität. Und dennoch hörte meine Frau vor ein paar Tagen mein entnervtes Stöhnen:
"Bin ich froh, dass ich kein Ornithologe bin!"

Geschlagene drei Stunden hatte ich zuvor deutsche und italienische Webseiten durchstöbert, um ein Piepmatz-Paar zu bestimmen, dass uns schon bald nach unserer Ankunft jedesmal anmeckerte, wenn wir unsere Haustür aufmachten oder gar die Piazza betraten. Von rechts und links erhob sich das Pöbeln, um offenbar vom frisch belegten  Nest abzulenken. Dabei veränderten sie jeweils blitzschnell ihren Standort wie der Jedermann-Rufer bei den Salzburger Festspielen. Das heißt, sie waren immer in Bewegung und dadurch auch nicht richtig zu erkennen. Das Bild, das ich mir von ihnen machen konnte, resultierte aus Bruchstücken von Farbe und Körper-Positionen. Einmal kurz im Sonnenlicht gab es den entscheidenden Hinweis. Als ich aber auf der folgenden Webseite - übrigens die beste und umfangreichste - fündig wurde, hatte die Stimme dort mit dem Gesang unseres Duos wenig zu tun.


Also doch eine Fehlbestimmung?
Auf einer ähnlichen, italienischen Webseite hörte sich der genauso dargestellte Hausrotschwanz nur entfernt so an, wie er wohl in Deutschland klingt. Der Codirosso Spazzacamino klang aber in Teilen seiner Partitur genau so wie unsere beiden "Burgsänger", die gerade schon wieder brüten. 

Weil die Brutdauer nur 14 und die Befütterung bis zum flügge Werden nur bis zu 17 Tage in Anspruch nimmt, ist der Hausrotschwanz bei all den aussterbenden Arten ein Erfolgsmodell. Seine enorme Verbreitung im Mittelmeer-Raum verdankt er auch der Tatsache, dass er ein Kurzstreckenzieher (Wikipedia) ist, der bei entsprechenden Bedingungen auch zum Standvogel wird.

Das hat mich zu folgender Überlegung gebracht: Was, wenn die Kerlchen hier in Ligurien zuviel Trallalero aus den Häusern, über denen sie wohnen, gehört haben? Der traditionelle Acapella-Wechselgesang der Genoveser mit den prägenden Kopfstimmen weist durchaus Elemente auf, die sich im Lied unseres einheimischen Hausrotschwanzes erkennen lassen:


Sing zum Abschied leise Hooorstl!!!*****
Wieso gehen wir Menschen überhaupt davon aus, dass Vögel nicht in einem regionalen, heimischen Dialekt zwitschern?

Jetzt, da ich sie bestimmt habe, werde ich in München auch mal meine Lauscher öffnen, um herauszufinden, ob der bayerische Hausrotschwanz nicht einen eigenen Dialekt sänge, der von "Vogelstimmen.de" abwiche...Nicht auszudenken, wenn sich da Elemente von Seehofers Vogelfänger-Gesäusel wiederentdecken ließen!

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