Donnerstag, 27. Juni 2019

Dann gehen wir halt ans Eingemachte!!!

Jetzt ist es schon so heiß, dass wir kaum noch vor die Tür gehen können. Seit Tagen leben wir von dem, was unsere Vorräte hergeben. Unvorstellbar die Verhältnisse auf der "Seawatch 3", die nun trotz des Bannes in die italienischen Hoheitsgewässer vor Lampedusa gefahren ist...

Ist Italien, eine der Wiegen des Humanismus, wirklich so vor den Hunde gekommen, dass es sein Mütchen an den Ärmsten der Armen kühlen muss? Der alte Francesco Petrarca, der  im 14. Jahrhundert von Florenz aus das "humane Denken" auf den Weg ins gesamte Europa gebracht hatte, rotiert vermutlich wieder einmal wegen seiner Nachfahren wie eine Zentrifuge in seiner Grabstätte nahe Padua.

Klar, im zentralen Mittelmeer ragt halt der Italienische Stiefel am weitesten hinüber nach Afrika. und mit seinen Inseln gibt es natürlich sensible "Steppingstones" für Migration. Ein Land wie Italien muss sich einen starken Humanismus oder einfacher humanitäre Hilfestellungen in einer sich so rasant und ungerecht entwickelnden Welt einfach leisten können!

Aber mal ehrlich: Seit Jahren geben alle italienischen Politiker mehr Geld aus, als ihnen nach den EU-Regeln zu stünde. Es wird ja mittlerweile allgemein sehr an den willkürlich festgelegten EU-Verschuldungs-Grenzen gezweifelt Aber als Antwort im Neo-Nazi.Style Menschlichkeit zu verweigern, das geht  absolut nach hinten Los. Vor allem wenn Big Spender wie die Niederlande und auch Deutschland derart von einem außer Rand und Band geratenen Matteo Salvini angegriffen werden. Nur um für den kommenden Wahlkampf zu vertuschen, dass hinter der Pöbelei kein politisches Konzept, sondern bloßer Machthunger steckt. Wenn das wirklich so ist. Dann rate ich, nichts wie raus mit euch Italienern aus der EU!

Ich lebe hier mit den Menschen in einer Region und einer Stadt in der es augenscheinlich mit der sichtbar zunehmenden Überfremdung weniger Probleme gibt. Okay, sie wählen immer noch mit einer Träne für Berlusconi. Aber Cinque Stelle oder Lega zu wählen, käme den Leuten hier oben nicht in den Sinn. Wie man noch vor einigen Jahren von Zeitzeugen gehört hat, hätten sie auch die Zeit des Faschismus autark abgekapselt überlebt.

Aus Jahrhunderten an verborgene Vorratshaltung gewöhnt, bestand ein Teil der Strategie im Konservieren der reichlichen Ernten für den Privat-Bedarf. Mettere in conserva oder ispessirsi cuocendo sind Tugenden, die bei den Landfrauen auf der Burg noch heute hoch gehalten werden. Allerdings nie allein für den Eigenbedarf. Dazu sind ihre Seelen zu sehr im Christentum und mit der Barmherzigkeit verankert. Halllooo? Salvini!?

Meine Mutter war ja nach dem Krieg quasi "Marketenderin" für die britische Besatzungsmacht in Hamburg. Da kam sie zwar leichter an wichtige Waren ran, aber die wurden für noch wichtigeres eingetauscht. Denn auch für die deutschen Frauen war da das "Einwecken" noch eine fürs tägliche Überleben wichtige Tugend.
Seit ich einigermaßen lange laufen konnte, war ich dabei, wenn wir fünf mit Körben Beuteln und Eimern bewaffnet in die Heide, in die Harburger Berge oder ins Alte Land zogen, um Beute für die Einmach-Gläser zu machen. Am liebsten war mit das Pilze Sammeln und des Beeren Pflücken. Als kleiner Junge kommt einem ja so ziemlich alles riesig vor, aber die gefüllten Regale mit den Einmach-Gläsern im Keller kamen mir unendlich lang vor, und sie hielten auch stets bis zur nächsten Saison.

In unserem Münchner Haus mit den zwei Gärten hatten wir Weinstöcke und eine wie wild tragende Quitte, von deren Früchten meine Frau bislang unübertroffene Gelees von enormer Lebensdauer herstellte. Das letzte Glas von der Ernte 2007 habe ich vor kurzem hier auf der Burg verschnabuliert; köstlich wie im Jahr seiner Abfüllung.

Nur eine kleine Auswahl, der nachbarschaftlichen Vorratsgestaltung, von der wir
alljährlich profitieren
Trotz diverser Maulereien: Sie helfen sich hier auf der Burg und geben von dem, was sie zu reichlich haben, auch gerne ab. Mich verblüfft immer wieder, dass die Damen trotz ihres zum Teil beträchtlichen Alters und trotz der Hitze ihre Gärten und Faschen pflegen und bei Bedarf mit Hilfe aus dem Tal auch abernten. Die Wertschätzung der für sie Gott gegebenen Gaben, ließe ein Verrotten wegen Faulheit gar nicht erst gedanklich zu.
Crostate für das
"Cena in Piazza" ofenfrisch
aus selbst gepflückten Pflaumen

So werden wir in einer Weise versorgt, für die wir uns nie und nimmer richtig revanchieren könnten.
Allen voran unsere Nachbarin, die Bürgermeisters-Witwe. Wenn sie nach ihren einzigartigen lokalen Rezepten bäckt, tut sie das wie einst für ihre Sippe. Weil die aber im Tal lebt, bekommen wir immer großzügig etwas ab. Ihre Arancia-Amaro-Konfitüre (Bittere Orangen) erhalten wir wie ihre Mousseline aus Prugna (fast flüssiges Pflaumen-Püree) in Liter-Gläsern, die Ergebnisse des eigenhändigen Beeren Sammelns fallen hingegen verständlich homöopathisch aus. Sie sammelt vom Wegesrand auf dem Weg ins Tal auch das Johannes-Kraut für ihren alljährlichen Bedarf am universell anwendbaren Heilmittel Rot-Öl.
Heilung am Wegesrand:
Johanneskraut
Aus dem wird  im Olivenöl
durch Sonnen-Einstrahlung das Rot-Öl,
von dem die Damen hier schwärmen










Im Verein mit Eiern und Feldfrüchten aus der Lieferung unserer "Schweizer Garde" wären wir selbst bei einem  Ganzjahres-Aufenthalt ernährungstechnisch ziemlich autark.

Gescheitert bin ich allerdings damit, meinen Nachbarn  begrifflich zu erklären, was es bedeute, wenn Europa mit seiner Italien-Politik auf Deutsch gesagt "ans Eingemachte" gehen müsse...

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