Montag, 17. Juni 2019

Denunciare

Ein Blick in die Historie der Gemeinde, in der wir hier zu Gast sind, zeigt, dass immer wieder gleiche Familien-Namen als Bürgermeister auftauchen. Heuer hat es bei den Kommunalwahlen ein Ergebnis für den neuen Sindaco gegeben, auf das auch Franz-Josef Strauß seinerzeit stolz gewesen wäre:

Mit 342 gegen 25 gültige Stimmen wurde der Nachfolger von unserer Schönheitskönigin, die zwei Amtszeiten absolviert hat, wieder aus einer Familie mit großem Namen gewählt. Der gleiche Name, den schon der Vor-Vorgänger der eitlen Rechtsanwältin trug. Der Giovanni, der heute regiert, war schon 1990 bis 2004 für drei Amtszeiten Bürgermeister...

Das Feindbild der ansonsten recht wirkungslosen Politik der wenig diversen Administrationen ist allerdings das Alte geblieben. Und dazu braucht es keinen Matteo Salvini, der sein braunes Gift neuerdings in Richtung Deutschland verspritzt. Denn es sind die bösen Ausländer, vornehmlich die Deutschen Hausbesitzer im Wehrdorf, die die Gemeinde daran hindern zu erblühen.

Der neue Bürgermeister will gleich verschärft einer anonymen Anzeige nachgehen, die die ausländischen Hausbesitzer bezichtigt, schwarz an Feriengäste zu vermieten; also dafür keine Steuern abzudrücken.
Wie es ist, wenn man wegen Denunziationen
in Italien vor Gericht landet, erfährt gerade
ein italienischer Freund von mir.
Egal, ob Schuld oder Unschuld - es zieht sich hin!

Denunciare hat im Italienischen nicht annähernd die Schärfe wie es das Denunzieren in Deutschland hat. Es kann auch nur eine einfache Anzeige bezeichnen - ohne bösartigen Hintergrund. Hier oben auf der Burg bekommt das aber gerne mittelalterliche Züge:
La Denuncia passt zu unserem mittelalterlichen Dorfbild

Der Deutsche X hat seine Terrasse zum Wohle aller und zum Banne der Gefahr des Einsturzes alter Trockenmauern umgestalten lassen. Schon kommt eine "anonyme" Anzeige, weil der verantwortliche Baumeister die Gestaltung nicht angemeldet hat: Geldstrafe plus Nachreichung des Progettos in Form einer offiziell abgestempelten Blaupause. An der verdient der bestallte Geometra der Gemeinde.
Im Zweifel eine Win-win-win-win-Situation...

Es geht aber auch anders herum: Eine alt eingesessene einheimische Hausbesitzerin an der oberen Piazza hat ihre zwei Balkone eigenmächtig zu einem umgestaltet. Das hat einem Deutschen nicht gefallen, den diese Dame zuvor wegen eines illegalen Tür-Vordachs angezeigt hatte.

 Und dann die Streitereien, wer für die Reparatur welcher maroden Stützmauer zu zahlen hat. Die Bürgermeisterin der vergangenen Legislatur-Perioden war ja Rechtsanwältin, die ihren Job ja beibehalten durfte und nicht schlecht an solchen Streitigkeiten verdient hat. Im übrigen erklomm sie die steilen Treppen nur wenn sie mit der malerischen Schönheit der Burg, ihren Plätzen und Gassen offizielle Besucher beeindrucken wollte.

Der neue Sindaco ist Ingenieur im Hauptberuf. Mal sehen, was dem zur  Gewinn bringenden Selbstbeschäftigung so alles einfällt. Der Angriff auf die ausländischen Hausbesitzer jedenfalls könnte sich als Querschläger aufs eigenen Wahlvolk erweisen. Hätte er in seinen bisherigen Amtszeiten mal die Häuser der Ausländer angeschaut, dann hätte er festgestellt, dass diese derart individuell gestaltet und eingerichtet sind, dass man in die außer Familie bestimmt niemanden zum Wohnen lässt. Aber zur verbalen Erfüllung des Wahlprogramms taugen sie auch nicht recht. Denn die Ausländer drücken ja zumindest ihre IMU ab, während es schwer fällt trotz teils unerhörtem Reichtum, hier oben freiwillige, einheimische Steuerzahler zu benennen...

Seit zwei Jahrzehnten schließe ich die Augen vor diesen Nickligkeiten. Sie sind es nicht wert, sich die einzigartige Atmosphäre hier verderben zu lassen. Was hinter unseren Rücken über uns an Gerüchten verbreitet oder gelästert wird, ist auch egal, so lange alle dann wieder beim von uns zusammen getrommelten "Cena in Piazza" friedlich vor unserer Tür zusammen sitzen.

Die Fahndung nach vermeintlich vorenthaltenen Steuern der Ausländer wird in erster Linie, die einheimischen Vermieter ins Visier der Guardia di Finanza rücken.
Bin mal gespannt, wie lange es dauert, bis dem Bürgermeister von diesem Post gesteckt wird?
Denuncia nescesse est!
Unser Cena in Piazza bringt stets Freund und Feind sowie alle ansässigen Nationen zusammen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen