Montag, 13. Mai 2019

Wenn Mussolinis Wahlkampf machen

Nein, ich war nie ein politischer Journalist. Und ja, ich vertrete die Ansicht, dass nur akkreditierte Korrespondenten ein Recht haben, Kritik an dem Land zu üben, in das sie entsandt wurden. Als Deutscher, der die Gastfreundschaft dieses herrlichen Landes genießt, habe ich es mir bislang verbeten - auch im Angesicht germanischer, geschichtlicher Greul, die auf dem Stiefel ausgeübt wurde - eine Meinung zum Zustand der "Republica" zu äußern. Aber als leidenschaftlicher und hoffnungsfroher Europäer, halte ich mich angesichts der bevorstehenden Europa-Wahlen nicht länger zurück.

Geliebtes Italien! Wohin treibt Dich der Grecale?

Grecale, das ist der Wind der aus der furchtsamen ligurischen Sicht nach Norden - also von rechts aus dem Nord-Osten kommt, Kälte und schlechtes Klima mit sich bringt, und absolut unitalienisch ist.
Angefacht von der Lega, die es irgendwie geschafft hat, dass man sie nicht mehr allgemein treffender mit dem Nord einschränkend zusammen nennt, hat wieder ein erfolgreicher "Marsch auf Rom" stattgefunden. Anfangs belächelt wie die Faschisten, die sich am 23 März 1919 von Groß-Industriellen unterstützt mit dem links gestarteten Duce Mussolini in Mailand zum historischen Treffen einfanden, bestimmt die Lega nach überraschend schnellem Aufstieg heute die Politik Italiens. Obwohl sie von den Stimmen her nur ein Appendix an der Regierungs-Bildung mit der Cique-Stelle-Bewegung war, werden die populistischen "Lega"-Themen lauter und schneller verbreitet als die zunächst oft idealisierten Vorhaben des 5ST-Gründers und -Vordenkers Beppe Grillo.
Dass dem als "Polit-Clown" unterschätzten Schauspieler und Kabarettisten das nicht passt, hat er seit Jahresbeginn immer deutlicher zum Ausdruck bringen wollen. "Grillo afferra la sua vailigia", Grillo habe seine Koffer gepackt, textete bereits in diesem Januar die mitte-links  stehende Wochenzeitschrift L'Espresso. Aber Grillo gibt bei seinen verklausulierten, öffentlichen Auftritten für seine Botschaften ironisch danach gerne zu, dass er sie selbst nicht verstehe.
Un Grillo - also ein Schekel soll bei Starkwind Segel und Shot
zusammenhalten. Vielleicht wird sich ja der
Komiker noch bewusst, was er in Italien mit der
Koalition seiner 5ST angerichtet hat...
Dabei sei sein Austritt längst beschlossene Sache, aber er vollzieht ihn nicht. Aus Angst vor seiner missverstandenen Rolle in der Geschichte? Der Mann ist eitel bis zur Selbstverliebtheit, aber damit hat er dem auf Krawall gestrickten Polit-Selbstdarsteller Matteo Salvini mit seinem populistischen Ränkeschmieden nichts Plausibles entgegen zu setzten.

Gleichzeitig starten die Ultra-Rechten mit zwei Mussolini-Nachkommen in den Europa-Wahlkampf. Richtiger Weise gibt es kein verächtlich Machen ganzer Sippen. Aber die beiden  mit unterschiedlichen Parteien auf  Stimmenfang - Urenkel der eine, Groß-Cousine die andere - verbreiten faschistisches Gedanken-Gut. Sie verteidigen die "Bewegung der Faschen" als in ihrer positiven Entwicklung vom Krieg ausgebremst. Italien könnte viel bedeutender sein, wenn es faschistisch geblieben wäre - so der Umkehrschluss.Da die alten Schwarzhemden mehr oder weniger ausgestorben sein dürften, überrascht der Zulauf junger Neo-Nazis. Ein Phänomen, wie wir es auch aus Deutschland und Frankreich aber nun auch in Ost-Europa erkennen. Vor allem in Staaten mit überwundener, kommunistischer Repression in ihrer Geschichte ist das umso verwunderter zur Kenntnis nehmen.

Na ja, bei uns soll es ja auch immer noch welche geben, die Auschwitz für eine Lüge halten und meinen, Hitler hätte ja Autobahnen anlegen lassen und die Massen-Arbeitslosigkeit beendet...

Jüngste Prognosen für die Europa-Wahl sehen Marine Le Pen vor Emmanuel Macron, und Viktor Orban kann getrost darauf verzichten, den sich ultrarechts peinlich anbiedernden CSU-Spitzenkandidaten Manfred Weber zu unterstützen. Als Teil der national-konservativen Allianz wird seine Partei Fidesz nach der Wahl wohl  eh mehr Einfluss haben.

Natürlich hat es national-konservative Strömungen weltweit schon immer gegeben, aber dass sie mittlerweile einen derart politischen Rüpel-Stil pflegen, ist dem Einfluss seines "Spiritus Rector" geschuldet. Donald Trump fördert die europäische Rezession, und das ist auch die Antwort darauf, wieso die Europa-Gegner sich in dieses Parlament wählen lassen wollen:
"Um Europa von innen zu zerstören", wie ein verwirrter AfD-Politiker dies mit der Vernichtung des Todessterns in den STARWARS gleich setzte.
Un Grillo - also das echte Grillen-Männchen weist
erstaunliche Parallelen zum "richtigen Leben" auf: Es singt
schön un betört damit paarungsbereite Weibchen.
Beide frönen dem HWG, fressen sich aber dabei nicht auf,
wie häufig behauptet wird. Trotz des Paarungseifers landete diese
Heuschrecken-Art bereits auf der "Roten Liste" vom Aussterben bedrohter Spezies
Foto: pro natura

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