Montag, 27. Mai 2019

Ein junges Europa gegen die Götterdammerung

Die Friedhöfe der Demokratie sind voller dahin geschiedener, politischer Ideen. Wer lange genug lebt und nicht der Demenz oder dem Altersstarrsinn anheim fällt, kann davon Zeugnis ablegen. Denkmodelle für die Gesellschaft haben eine oft schmerzhafte und auch blutige Halbwertzeit.
Dass die komplizierteren Ansätze dabei am Durchschnitts-Verstand der Völker vorbeigehen, wird von denen, die sie vorantreiben, gerne übersehen. Dann kommen in ihrem Sog Leute, die ihre einfachen Botschaften so lange in die Hirne ihrer Wähler hämmern, bis sie sie ohne Sinn und Verstand wiederholen können.

Zu den zum Teil absurden Ergebnissen der gestrigen Europa-Wahl, möchte ich deshalb nicht viel mehr sagen. Haben sich Kandidaten und Experten eh über 10 Stunden ihre Lippen fransig geredet, ohne dabei auf ihre Rhetorik des Verschwiemelns zu verzichten.

Quintessenz: Wir Alten sind schuld, dass es die "ehemaligen Volksparteien" nicht noch böser erwischt hat, denn das junge Europa hat ein deutliches Statement für ihren Anspruch auf eine heilbare Zukunft der Welt abgegeben. Und dann die Rechthaber-Politik, die mit oder ohne Brexit zur Ego-Pflege Einzelner dienen muss. An ihr wird sich auch in Zukunft trotz aller Lippen-Bekenntnisse zum Bremsen des Klimawandels nichts ändern. Weil die Lobbies des "Weiter so!" einfach zu mächtig sind.

Wenn Teile des Volkes einer Meinung sind, müssen sie sich heue schon in Bewegungen außerhalb der Parlamente zusammen finden. Ihre gewählten Vertreter, vertreten sie nämlich in dem Moment nicht mehr, indem sie sich Fraktionszwängen unterwerfen oder Koalitionen eingehen oder ihr Gewissen in der Parlaments-Garderobe abgeben. Die Kaste der Berufs-Politiker wird sich aber nicht auflösen, denn es warten ja für fleißige Arschkriecher auch Pfründe jenseits des Parlaments. Und dafür müssen sie dann weder gewählt noch qualifiziert sein.

Bleibt eine letzte Frage.
Wo war unsere Kanzlerin an diesem Abend?

Ist Steigbügel Halten für den mehr als fragwürdigen Manfred Weber ihre letzte Amtshandlung, und sagt sie dann - wie Sigmar Gabriel bei Anne W'ill gestern Abend -: Schluss ist!
- Der allerdings nicht, ohne zu orakeln, dass Strömungen zur Zerstörung der Europäischen Union durchaus den globalen Skat-Brüdern Trump, Putin und Xi Jinping in die Hände spielen würden oder sie gar von jenen angezettelt werden könnte...

Selbstpensionierung ist ja immer eine Option. Aber erst nach 30 Abgeordneten-Jahren???
Kunst-Interpretation ist ja immer heikel.
Mein Gemälde:"Europa und Zeus haben's getan"
entstand ja aus einem anderen Anlass.
Jetzt muss Europa eher aufpassen, dass es von
der Bullen-Börse nicht vergewaltigt wird

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