Mittwoch, 6. Juni 2018

Gammeln

Peter Fleischmann
heute (80)
Als aktiver 68er habe ich natürlich damals den Film von Peter Fleischmann angeschaut. Er hieß "Herbst der Gammler" und war eine preisgekrönte Dokumentation über das Leben der antriebslosen jungen Leute, die auf der Leopoldstraße herum stromerten und unter dem Kuppel-Dach des Monopteros im Englischen Garten schliefen. Die Antriebslosigkeit war der beherrschenden Gesellschaft und ihrem Streben geschuldet- Aber sie war weniger Protest als "Rutscht uns doch den Buckel hinunter!" Da es immer ein Anliegen Fleischmanns war, der jeweiligen Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten - wie in "Jagdszenen aus Niederbayern" - kamen immer sehr authentische Meinungen vor.
Und siehe da: Es gab gleich Worthülsen der Intoleranz, Vorurteile und die Forderung nach drastischen Maßnahmen (Arbeitslager etc.), die von der populistischen Presse und Politikern gerne aufgenommen wurden
Der brave Bürger marschiert voran. Szenen-Foto
eines Fleischmann-Filmes
.

50 Jahre später hat sich quasi nichts geändert, schon gar nicht hier im Italienischen Wahlkampf, der durch Bürgermeister-Wahlen in die Verlängerung geht. Dass 30 Prozent Jugend-Arbeitslosigkeit eigentlich nichts mit Ausländern und Flüchtlingen zu tun haben kann, geht nicht in die Köpfe der Wähler - genauso wenig, dass ein funktionierender Staat Steuer-Ehrlichkeit vor Steuer-Senkung verlangt. Experten gehen davon aus, Dass Italiens maroder und verschuldeter Haushalt vor allem auf säumiges Zahlen und Prüfen zurück zu führen ist.

Aber was soll es? Wir Deutschen haben absolut kein Recht, uns zu mokieren, so lange Steuer-Sünder wie Uli Hoeneß mit Pampers-Strafen davon kommen.

Gammeln an sich - um aufs Thema zurück zu kommen - ist die Vorstufe zum Kompost, und der birgt die Chance auf weiteres Wachstum. Aus den Gammlern im Herbst wurden die aufmüpfigen Studenten oder die bunten Hippies. In weltweiter Übereinkunft entstanden dadurch sozial-liberale Demokratien und eine Kultur, die Vielfalt zuließ.

Nun erleben wir das genaue Gegenteil. Die Alten sitzen staunend vor dem Fernseher - zu müde, um noch einmal gegen Rassismus und Diskriminierung aufzustehen.

Weil wir nichts tuen können, gammeln wir in den Herbst unseres Lebens, da weltweit die Populisten Wahlen gewinnen.

Heute hat Giuseppe Conte, der Ministerpräsident Italiens, mit der populistischen Mehrheit im Parlament, das erste Vertrauensvotum überstanden...

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