Freitag, 8. Juni 2018

Das Erbe der Alten

In Bezug auf  Familien-Zusammenhalt ist die italienische Gesellschaft den Deutschen weit überlegen.
Das erleben wir als Gäste und Zaungäste immer wieder. Dieser Zusammenhalt sorgt aber auch für die Unterbeschäftigung der Jugend. Wer keine Arbeit hat, wird von Mama und Papa und der gesamten Sippe mit Dach überm Kopf und reichlich Essen über Wasser gehalten. Das gilt im besonderen Maße natürlich für ländliche Gemeinden, in denen es wenig Geld dafür um so mehr Latifundien gibt.

Auch bei uns im Dorf gibt es junge Leute, die sich allein durch zulässige Gelegenheitsarbeit einen erstaunlichen Lebensstandard leisten können. Sie Wohnen in restaurierten Gebäuden der Famiglia und profitieren auch vom Selbstanbau in den Gemüse-Gärten und dem Ertrag der Oliven-Bäume. Im Gegenzug werden die Altvorderen gehegt und gepflegt. Vielleicht ein Grund, wieso die Lebenserwartung der hiesigen Einheimischen so erstaunlich hoch ist.

Wenn es mit einem Verwandten zu ende geht, wird er im eigenen Gemäuer betreut. Nicht immer ganz selbstlos, denn es gibt meist etwas zu erben. Don Marino zum Beispiel wurde täglich von einem jungen Mann versorgt, der glücklicher Weise auch Sanitäter beim Roten Kreuz war. Einmal trafen wir auf seine Familie bei einem der typischen ligurischen Gelage. Da saßen 18 Leute um den Tisch.

Weniger gut geht es solchen, die keine direkte Verwandschaft haben wie die Seelen-Sammlerin, die auf Anordnung der Ärzte nicht mehr in ihr wunderschönes Haus mit großem Garten zurück darf. Zwar hat sie der Sohn ihrer nicht sehr geliebten Schwester behütet und versorgt, aber der Neffe hat ja selbst viel Arbeit.

Jetzt fristet sie ihr Dasein in einem schrecklichen  Altersheim. Untergebracht in einem Vierbett-Zimmer für 1700 Euro pro Monat. Die Fürsorglichste von allen hat sie dort mit engsten Nachbarinnen besucht und kam leichenblass  - ob der dortigen Tristesse - zurück.

Da fragt man sich, wieso sie für 1700 Euro nicht eine Tageshilfe  im eigenen Haus engagieren kann, und jetzt nach bald einem Jahr immer noch auf die beim Sturz beschädigte Armprothese wartet...

Federico Fellini, Italiens grandiosester Regisseur, hat den Vitelloni  (Junggeselle, Müssiggänger) mit seinem gleichnamigen Film über die Jungs im ewigen "Hotel Mama" ein nach bald 70 Jahren immer noch gültiges Denkmal gesetzt..

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