Freitag, 9. September 2022

Das Kassandra-Kartell

Sind wir alle mittlerweile so  informationsdürstend, dass diese Sucht zum allgemeinen Masochismus führt? Der Drang nach Information scheint ein künstlich gesteigerter Bedarf zu sein, der gerade in diesem Jahr - wie ich finde - überproportional und willkürlich bedient wird.

Wenn die Nachrichten-Produzenten aber nicht genug wissen, muss jemand für sie Mutmaßungen anstellen, die sobald sie in den Medien geäußert worden sind, von anderen "Mutmaßern" ins Gegenteil verkehrt werden. Längst rangiert der Grundsatz "Sex sells" an zweiter Stelle hinter der Angst, die täglich lukrativ aufs neue geschürt wird. Diese Angst steigert die Einschaltquoten und Auflagen, und dabei bleibt nicht nur der Wert der Informationen auf der Strecke, sondern nicht selten auch die Wahrheit. Schon Halbwahrheiten sind ja gefährlich.

Quelle: Einfluss

Wenn wochenlang auf Basis nicht abgesicherter Statistiken für den kommenden Winter nicht nur in punkto Heizen und Ernährung schlimmste Horror-Szenarien erzeugt werden, muss sich niemand wundern, dass bereits im Sommer die Energie-Preise "vorsorglich" steigen und Lebensmittel bereits teurer werden, bevor sie geerntet sind. Ja und dann die unterbrochenen und verlangsamten Lieferketten: Hier in Italien sind die Regale der Supermärkte genauso überreichlich gefüllt wie in Deutschland. Wenn sie lückenhaft befüllt oder gar gänzlich leer wären, könnte ich verstehen, wieso die Preise schon für Ware gestiegen ist, die bereits unter besseren Bedingungen produziert worden war...

In Krisenzeiten ist die freie Marktwirtschaft, auf die wir so stolz sind, ein böser Fluch, weil jeder staatliche Eingriff  um sie angemessen zu regulieren  von lautem Protest begleitet wird. Wieso muss die Regierung zu Schutzschirmen, Deckelungen und Gießkannen-Subventionen gezwungen werden, wenn das Verursacher-Prinzip doch so offensichtlich ist.

Denn die Marktlage wird wie von jeher von einer Gruppe Krisengewinnler gesteuert, die sich des - wie ich es nenne - "Kassandra-Kartells" bedient. Um auf diversen Wegen noch mehr Gewinn zu erzielen? Während das Gros der Steuerzahler dann die Wassersuppe auslöffeln muss. um doch am Ende die Zeche der Absahner allein zu bezahlen.

Sie ahnte alles. konnte aber
eigenen Schicksals-Schläge
nicht abwenden: Von Ajax vergewaltigt

und von Klytaimnestra erdolcht,
  endete Kassandra als tragische Heldin
quelle: Nationalmuseum Athen
Ich will nicht tiefer in die Griechische Mythologie der Antike eindringen, aber doch soviel zur Erläuterung meines Begriffes:
Die Priamos-Tochter Kassandra wurde ob ihrer Schönheit vom Gott Apoll mit der Gabe der Weissagung beschenkt, aber - als sie ihm nicht zu Willen war - umgehend derart verflucht, dass fortan niemand mehr ihre Prophezeiungen glaubte.

Zurück in die Gegenwart:
Seit Monaten geben die führenden Institute der Wirtschaftsforschung auf Basis ungesicherter Daten in einer Situation, die es seit sieben Jahrzehnten nicht mehr gab, Prognosen ab. Denen muss die Ampel mit aus ihrer Sicht gesicherten Fakten umgehend widersprechen. So wird sich gegenseitig tagtäglich hoch geschaukelt, ohne dass dieser Antagonismus zu etwas anderem führte, als die Angst der Menschen in diesem, unseren Europa noch zu vergrößern. Derart nämlich, dass sie wieder zunehmend hörig werden für faschistische Parolen.

Da die oft noch jungen Analysten, ähnliche Zustände wie jetzt allenfalls historisch verkürzt in den Geschichtsbüchern nachlesen konnten, ahnen sie nicht, was sie mit dem Beharren auf ihren Weissagungen anrichten könnten. Und selbst noch einigermaßen verlässliche Medien hätten bei einem Umschwung  - angezettelt in den sozialen Medien -  dem dann nichts mehr entgegen zu setzen. 
Wieso also noch Prognosen, wenn sie am Ergebnis doch nichts ändern? Kassandra sagte den Untergang Trojas zwar voraus, aber es überlebte dennoch nicht. Mal sehen, was sie Helden der Wirtschafts-Weissagung so um Weihnachten befürchten werden...

Eigentlich geht es doch immer nur um Geld.
aber mittlerweile beanspruchen die sogenannten
Wirtschaftsweisen einen Einfluss, der weit
über ihre Kompetenzen hinausreicht

Quelle wiwo.de


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