Montag, 29. August 2022

Den Wachhund bewachen

Man könnte sagen, die Familie meiner Tochter hätte bei der Wahl ihres Hundes einen Glücksgriff getan. Aber dann täte man der umsichtigen Züchterin und dem Instinkt meiner Tochter für Tiere Unrecht.

Bevor die Züchterin einen Welpen aus dem nächsten Wurf ihrer Irish Terrier fortgibt, unterzieht sie dessen künftige Familie bei Besuchen und Gegenbesuchen einer gründlichen Inspektion. Den ursprünglich auserwählten Jubaka empfand sie nicht so geeignet und empfahl ein anderes Hundchen aus dem Wurf. Abgeliefert in seinem zukünftigen Zuhause wurde er im Kreise seiner Geschwister und der Mutter. Ein paar Minuten noch gemeinsames Spielen in der anderen Umgebung, dann war das Kerlchen ohne großen Trennungsschmerz angekommen. Der Name Jubaka blieb ihm. Sein leicht zotteliges Fell erinnert tatsächlich an den rieseigen Co-Piloten von Han Solo aus den Starwars-Filmen; auch sein hohes Fiepsen, wenn ihm was nicht passt.

Ich nenne ihn lieber Chewy, weil er ständig etwas zum Kauen braucht. Wie die meisten Hunde hatte er von Anfang an keine Probleme mit mir. Allerdings bin ich auch ein bewährter Dauer-Krauler und Öhrchen-Knacker. Es ist ja sein zweiter Aufenthalt auf der Burg. Als er ankam, stürmte er über die Piazza direkt auf  mich zu, obwohl es ein Jahre her war und wir uns sechs Monate nicht gesehen hatten.

Jubaka ist ein fabelhafter Familienhund. Für einen Terrier dank Hundeschule aber auch gehorsam und gelehrig. Das macht sich sofort bemerkbar, wenn ein Mitglied seiner Familie nicht in seiner unmittelbaren Nähe ist. Dann schaltet er sofort auf Wachhund-Modus um. Als mein Enkel mit uns allein war, weil die Eltern zum Einkaufen ins Tal hinunter mussten, wich er für die Zeit ihrer Abwesenheit nicht von dessen Seite. Da konnte man ihn noch so sehr mit Leckerli locken.

Aus dreierlei Gründen ist Ligurien kein idealer Aufenthalt für einen Terrier. Die Hitze war er heuer zwar auch aus der Großstadt gewohnt, aber der Borgo ist eben auch ein Paradies für streunende Katzen und Hunde. Da sind meist an der Leine geführte Hunde im Nachteil. Vor allem wenn sie sich dann - ihrem Instinkt - folgend als Platz-Hunde fühlen, die ihr Revier verteidigen wollen. 

Wenn die Familie an den Strand will - die Hundestrände sind hier wirklich nicht zu empfehlen, spiele ich gerne den Wachhund für den Wachhund. Denn Chewy denkt tatsächlich, er müsse mich als verbliebenes Mitglied des Rudels beschützen. In Habacht-Sitz-Position lehnt er sich fest an meine Beine, schnüffelt prüfend in alle Himmelsrichtungen und scannt mit seinen wachsamen Augen sogar den Himmel über der Piazza nach möglichen Angreifern ab. Das hatte unser Airedale-Terrier früher nie gemacht. Für den gab es kein Oben, obwohl er ja auch teilweise in den Bergen gelebt hatte.

Gemeinsam ist ihnen allerdings, dass sie sich zum Entspannen ein Plätzchen suchen, an dem sie von allen Seiten geschützt sind. Wenn Chewy es sich unter der Bank und unter mir mit dem Hintern zur Mauer genüsslich seufzend gemütlich macht, bin ich dann an der Reihe und wache wirklich über den Wachhund...



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