Sonntag, 2. August 2020

Oben angekommen

Zuerst hörten wir sie nur am Meer, dann waren sie auf einmal in den Bäumen vom capo luogo. Dass sie gelegentlich schon am Parkplatz unterhalb der Burg waren, konnten wir an ihren Leichen auf der Prozessions-Treppe erkennen. Da haben Vögel wohl gedacht, sie seien eine Leckerei. Aber ohne entsprechendes Einbruchswerkzeug sind die - wie Hummer - nicht zu verspeisen. 
Nun hören wir sie, wo immer in den Gärten um uns herum hier oben auf der Burg größere Bäume stehen.

Unser Haus am Burgplatz liegt exakt so hoch über dem Meer wie das Glashaus in München, von wo aus ich ja winters schreibe. Werden also wanderlustige  Mittelmeer-Zikaden bald in den Robinien oder den Haselnuss-Bäumen nisten, die dort bis vor unsere Glasfront im vierten Stock reichen? Dann könnten sie sogar den Verkehr übertönen. Hier in der meist vorherrschenden Stille wären sie - bliebe ihre Zuwanderung ungebrochen - demnächst vom Morgengrauen bis Sonnenuntergang die beherrschend Geräusch-Kulisse. 

Gewissermaßen ist ihr kreischendes Singen oder Krächzen also auch der Kanon des Klimawandels. Da sie sich ausschließlich von Blätter-Saft ernähren, ist anzunehmen, dass sie entlang der  Strada dell'Olio zunehmend auch auf den "höheren" Geschmack des Oliven-Blattwerks gekommen sind.
Männliche Sing-Zikade mit goldenen Flügeln - von mir ein wenig "aufgehübscht"...
cd.paint-collage  August 2020



Entomologen haben die südlichen Berg-Zikaden-Arten bereits nördlich des Alpenhauptkammes vermehrt registriert. Aber die waren schon immer Höhen von über 1000 Metern gewöhnt. Bislang dachten die Insektenforscher, dass die mediterranen Arten Höhen von über 300 Meter eher meiden.

Die 400 Zikaden-Arten, die weltweit verbreitet und von denen "geräuschlose" auch in deutschen Gärten als Schädlinge zu finden sind, haben eines gemeinsam - ob wir sie hören oder nicht: Grundsätzlich geben die männlichen Tiere den Ton an, und der ist so unterschiedlich wie teilweise auch ihr Aussehen. Wer ihr Verhalten analysiert, entdeckt durchaus auch Ähnlichkeiten zu Donald Trump. Je näher ein zu begrapschendes und potenziell zu begattendes Weibchen heranrückt, desto lauter wird der "Zikado". Ob das der Holden immer gefällt, was sie zu hören bekommt, ist nach menschlichem Geschmack fraglich. Mein Ohr fragt sich bei 90 von hundert abgehörten Zikaden-Geräuschen jedenfalls, wieso die Entomologen das Gesang nennen? 
Aber hört selbst! Da haben sich tatsächlich welche gefunden, die diverse Stimmen verschiedenster Zikaden gesammelt haben:

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