Mittwoch, 26. August 2020

Summ, summ, summ...

Wir haben neue Nachbarn. Zunächst dachte ich, das heftige Sirren durch das ich geweckt wurde, stamme von einer der lästigen Drohnen, die in diesem Sommer bei den jungen Leute hier oben so in Mode gekommen sind. Die Kleinen, mit denen sie hoffen, nackte Sonnenanbeterinnen auf ihren Terrassen auszuspähen, sind ja abgesehen vom Voyeurismus noch harmlos. Aber dann war da eine große Profi-Drohne unterwegs, die so hinter meinem Kopf stehen blieb, dass ich sie zunächst für einen schon so erlebten Hornissen-Schwarm hielt. Was der Typ, der das Ding von einem parkenden, weißen Lieferwagen am Parkplatz steuerte, ausspähen wollte, blieb allerdings rätselhaft.

Die, die im Kamin des Nachbarhauses direkt gegenüber meiner Schreibstube eingezogen sind, haben allerdings nur Arbeit im Sinn. Da das Wildbienen-Volk noch nicht so lange in dem still gelegten Kamin haust, ist es vermutlich spät dran seinen "Beton-Stock" nicht nur winterfest zu machen, sondern auch die junge Bienenkönigin für ihren Hochzeitsflug noch fit zu machen. Ende August wird die Zeit nämlich knapp. Ihr bleibt etwa eine Woche nachdem sie geschlüpft ist, um sich von den herum lungernden männlichen Bienen, den Drohnen also, in der Luft begatten zu lassen. Danach hat sie Schwerstarbeit zu verrichten, um alle ihre noch nicht geschlüpften Schwestern  zu töten.

Es ist übrigens ein Ammenmärchen, dass alle Drohnen für ihre luftige Sex-Akrobatik sofort mit dem Tode bestraft werden. Viele, aber längst nicht alle, bleiben mit ihrem Sex-Organ bei der Toberei in ihrer Königin hängen. 

https://www.focus.de/wissen/videos/aussergewoehnliches-naturschauspiel-seltene-bilder-der-sexflug-einer-bienenkoenigin_vid_41334.html

Diese ist nicht nur Sex süchtig, sondern "hamstert" die Spermien regelrecht, weil sie diesen Vorrat für den Rest ihres Lebens zum Eier Legen benötigt. Bis zu vierzig Tage leben viele Drohen nach dem Luft-Akt noch in sozialer Isolation weiter. Versuchten sie, in den Stock zurück zu kommen, würden sie von den Wächter-Bienen gekillt...

Bei unseren Nachbarn ist das vermutlich schon alles passee, denn die dicken Alt-Bienen schwärmen schon fleißig für den Winter-Vorrat an Pollen aus. Die kleineren Jung-Bienen sieht man nicht, denn die arbeiten vermutlich schon daran, den Stock abzudichten, Vorrats-Waben anzulegen und ihre Königin mit Gelée Royale, dem Weiselfuttersaft, zu hätscheln. Die Alt-Bienen, die sich abgeschwänzelt haben, um alle Kolleginnen mit Infos zu versorgen, wo es noch Blühten gibt, haben dann im Spätherbst ihre Schuldigkeit getan und werden "ausgesondert". Die Jung-Bienen kuscheln sich später im Stock gegen die Kälte als eine Art Heizung in Trauben zusammen und erzeugen dabei eine Temperatur von bis zu 13 Grad im Stock.

Dieses "Alle für Eine" kommt dem humanistisch und demokratisch eingestimmten Empfinden von uns Menschen vielleicht seltsam vor. Aber es sichert nicht nur wegen der zu stark eingesetzten Pestizide das immer schwerere Überleben der Bienenvölker, sondern wegen der bienenfleißigen Bestäubung auch unser aller Fortbestand. Als Modell für unsere Regierungen - wie im Moment hie und da angestrebt - sollte es aber nicht dienen...

Die Königinnen können nur bei schönem Wetter zu ihrem Hochzeitsflug aufbrechen, während den dicken Alt-Bienen beim Arbeiten auch Regen nichts ausmacht...

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