Freitag, 14. August 2020

Philosophie und Pandemie

Bevor wir vor lauter Angst vor der Pandemie aufs Leben vergessen, sollten wir Philosophie im reinsten Sinne ihrer Bedeutung betreiben: Jeder von uns kann über den Sinn seines Lebens und seine Stellung als Individuum in dieser Welt nachdenken und zu persönlichen Ergebnissen kommen. Dazu bedarf es weder überragender Intelligenz noch geschwollener, kaum zu verstehender Redewendungen. Wieso also suchen wir so gierig nach Rat, bei Leuten, die uns das Leben neu erklären sollen. 

Die neuen Philosophen, denen wir nachhecheln, entsprechen nicht mehr dem Bild der antiken Denker, von denen wir Grundsätzliches in der Schule hätten lernen können. Die neuen Philosophen sind aalglatte Marketing-Strategen, die von ihren Agenten zu permanenten Auftritten in den Medien vermittelt werden, wo sie dann auf diversen Kanälen immer wieder ihre Mantra runterbeten, damit sich ihre Bücher besser verkaufen. Aber gewähren sie uns tatsächlich Lebenshilfe oder formulieren sie den hilflosen Umgang mit Konflikten und alltäglichen Herausforderungen nur geschmeidiger?

Wer ist wann ein Philosoph, wenn uns schon von Kindesbeinen geraten wird, besser zu schweigen, weil wir uns sonst blamieren? Si tacuisses philosphus mansissis! So wird gezielt die freie Entfaltung von eigenen Gedanken zu Gunsten philosophischer Hypes unterdrückt. Wer bestimmt denn überhaupt, wer Philosoph ist und wer einer werden könnte? Der akademische Grad in einem der weltweit schwammigsten Studienfächer?... Wie um meine Frage zu beantworten, war gestern zu lesen, dass der Plagiator, WireCard-Drahtzieher und frühere Verteidigungsminister Freiherr von und zu G. nun tatsächlich einen echten Doktor-Titel erworben hat: An einer britischen Universität und zwar in - Philosophie !?

Wo wären denn die großen Vordenker aktuell, um uns die größte Angst vor der Gegenwart zu nehmen, der diese Generationen nach dem Ende des zweiten Weltkrieges ausgesetzt ist? Es ist ja nicht nur die Pandemie, die gerade auf die zweite vermutlich viel wuchtigere Welle im kommenden Herbst und Winter zu rollt.

Claus Deutelmoser: "Tröstender Tod"
Kreide und Gouache auf Mal-Karton.
Da glaubte ich noch, dass der Tod
auch etwas Tröstliches hätte haben können

Ich bin ganz bewusst häufig ein Ich-Schreiber. Nicht, weil ich meine Meinung für unfehlbar hielte, sondern um meinen Leserinnen und Lesern auch zu signalisieren, was mich persönlich umtreibt. - Selbst wenn ich mich damit womöglich auch der Lächerlichkeit preisgebe. Diese Blogs und Posts dienen ja vorrangig mir als eine Art Tagebuch, damit ich einst nachforschen kann, wie sich meine Sichtweisen auf Dinge und Geschehen verändern. Denn das sollte oder müsste die Philosophie auch tun, wenn sie denn greifbar und nicht wohlfeil abstrakt wäre. Philosophie muss nämlich immerfort auf den Prüfstand!

Diese Woche war für mich unerträglich. Weil mir endlich machtlos klar geworden ist, dass die gut ein Dutzend Staats-Terroristen, die aktuell wichtige Länder mit ihrer Politik kontrollieren, ungeniert eigene Philosophien nicht nur entwickeln, sondern sie auch vor den Augen der restlichen Welt unangetastet durchziehen können. Hilflos, weil dem Rest der Welt gegen diese Perfidien offenbar keine Maßnahmen mehr einfallen.

Die Frage, die wir Nachkriegs-Kinder noch gewagt hatten, unseren Eltern zu stellen, wird durch die Ohnmacht der Nachfolge-Generationen Weltweit offenbar: Wieso habt ihr das nicht verhindern können? Wieso wart ihr trotz der Medienvielfalt und massenhaft zugänglicher Information derart hilflos?

Philosophen, die nun erhöhte Opferbereitschaft fordern, stehen im Verdacht falsche Propheten zu sein. Denn die Jetztzeit offenbart, dass in Strömen vergossenes Blut den Drang der Geschichte, sich zu wiederholen, noch nie aufgehalten hat. Wir haben eben nur ein Leben. Die Angst es zu verlieren aber, nutzen die Potentaten aus.

Dass Thomas Jeffersons Spruch immer noch so gerne zitiert wird, ist nicht allein Metapher, sondern in meinen Augen Beleg für einen fest verankerten, stetig wachsenden Anti-Humanismus.

"Von Zeit zu Zeit muss der Baum der Freiheit mit dem Blut der Patrioten und der Tyrannen begossen werden. Dies ist der Freiheit natürlicher Dünger."

Der Gründervater und einstige Präsident vom "Land Of The Free" erlebte nicht, wie dramatisch der "Civil War"vier Jahrzehnte nach seinem Tod, seine "philosophische" Ansicht konterkarierte...


Selbst freiwillige Blutopfer
dienen nicht der Freiheit, sondern im Laufe
der Zeit allenfalls der Macht der Anderen
Claus Deutelmoser: "Blutopfer"
Kreide und Gouache auf Mal-Karton





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