Sonntag, 25. August 2019

Albero a camme

Was haben wir Deutschen uns früher gerne in Italien über lustige, den Sinn verfremdende Übersetzungen lustig gemacht. Seit ich in Italien lebe, merke ich oft, wie die Leute hier über meine Briefe schmunzeln, die ich in Ermangelung ausreichender eigener Italienisch-Kenntnisse mit dem Google-Übersetzer zusammen geschustert habe.
Doch die Übersetzungsprogramme werden immer ausgeklügelter. Vielleicht erlebe ich das noch, dass mein Handy mir den Live-Dialog in den gängigsten Sprachen ermöglicht. In einem Film sah ich neulich jedenfalls, wie eine chinesischen Managerin mit so einem Ding eine Verhandlung im Auto führte.
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So schlecht bin ich ja eigentlich nicht in Fremdsprachen. Dennoch habe ich mich immer aufgeregt, dass ich nicht mehr kann. In meinem Beruf kam man nämlich immer wieder mit ausländischen Sprach-Genies zusammen. In Tokios damals Ende der 1970er noch mehr Nacht- als Nobel-Viertel Akasaka wurde ich beispielsweise nachts in recht angeheiterter Stimmung aus einer Gruppe Chinesischer Offizieller in grauen Mao-Anzügen wegen einer flapsigen Bemerkung in lupenreinen Deutsch mit leichter rheinischer Klangfärbung angesprochen. In der Folge erfuhr ich bei ein paar weiteren Becherchen Sake, dass der Mann, der mich angesprochen hatte, vor der Zeiten-Wende mit dem legendären "Onkel Tschou" (heutige Schreibweise Zhou Enlai) zusammen in Aachen studierte. Zhou war von 1949 bis 1976 Chinas Minister-Präsident, obwohl er ein Adliger mit Mandarin-Vorfahren war. Mein Gesprächspartner war seine rechte Hand gewesen und später noch immer in diplomatischer Mission unterwegs. Er sprach nicht nur fließend Japanisch, sondern konnte mühelos ins Französische oder in ein echtes Oxford-Englisch wechseln. Ich erwähne das, weil der Mann, dessen Namen ich leider nicht mehr parat habe, vorgab 12 Weltsprachen in gleicher Qualität akzentfrei zu sprechen. Er war mindesten so alt wie ich heute bin und hatte nicht eine Falte im Gesicht.

Wieso diese lange Einleitung? Weil ich eben heute nicht mehr in der Lage bin, ohne Karambolage in meinen nur noch rudimentär vorhandenen Sprachkenntnissen hin und her zu springen. Am schlimmsten ereilt es mich immer bei Ausflügen nach Nizza, obwohl Französisch nach dem Englischen immer meine Lieblingssprache war. Wenn ich allerdings wütend werde, funktioniert mein Französisch noch ohne italienische Sprachbrocken dazwischen. Wie neulich. Weil sie am Flughafen den "Kiss-and-Fly-Bereich" umorganisiert haben, gab es erhebliches Durcheiinander. Eine Ordnungskraft nahm alle auf, die darin nicht ordnungsgemäß parkten. Die, die richtig eingeparkt hatten, gerieten dadurch aber über das kostenlose Zeit-Limit und mussten zahlen...
Allerdings prallten meine Tiraden ohne Reaktion ab, was wohl daran lag, dass der Mann irgendwo aus dem Magreb stammte. Französisch musste er bei seiner Tätigkeit ja nicht können, er benutzte nur sein vernetztes Dienst-Handy für die Fotos der Nummernschilder, die so direkt zur Anzeige führten. Eine schöne neune Welt, in der wir leben...

Aber sie hat auch etwas Gutes. Denn seit ich über unser Piazza-Konzert gepostet habe, sind die italienischen Nachbarn mit Computer oder Smartphone immer wieder gerne Empfänger der "Briefe von der Burg".

Ob sie alles so verstehen, wie ich es gemeint habe, sei aber dahin gestellt. Denn der Blog-Translater kann zwar gerade formulierte Texte ziemlich gut übertragen, aber scheitert meist an meinen ironischen Redewendungen oder von hinten durch die Brust in den Kopf gedachten Überschriften.

Die Nockenwelle, die ich in meinem Rezept für die Gnocchi zur "Nockenwellness" verfriemelt habe, konnte die Übersetzung nicht überleben, weil das Teil vom Auto-Antrieb im Italinischen ja "albero a camme" heißt. Ich wiederum hätte das naiv als Baum mit Nocken dran übersetzt. Nie wieder werde ich mich also über das Dolmetschen anderer  lustig machen.

Und so wird es demnach für die Nachbarn in meinen übersetzten Post einiges an Verwirrtem geben, das sie in ihrer Ansicht bestärkt, dass ich ein "pazzo tedesco" bin...

Aber schaut doch mal selbst nach:
https://translate.googleusercontent.com

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