Donnerstag, 25. Juli 2019

Castello ist nicht Jericho

Normalerweise benütze ich meinen Blog ja nicht, um Burggeister madig zu machen, und Klar-Namen benutze ich ja sowieso nicht.

Aber seit die nun Standard gewordene Hitzewelle für schweren, kaum erholsamen Schlaf sorgt, sind auch in Ruhephasen die Nerven gelegentlich angespannt. Genau in diesen Momenten tritt mit Vorliebe die Sanna von der oberen Piazza hier uunten auf. Das heißt, sie tritt eigentlich gar nicht auf, sondern erschreckt einen mit ihrem Posaunen-Organ - egal in welcher Distanz - als stünde sie unmittelbar an der Ruhestatt.

Sie klingelt nicht, sie klopft nicht, sie geht auch nicht in die Häuser, um den gewünschten Kontakt aufzunehmen, sondern plärrt aus einem geschützten Schattenplätzchen heraus die Hausmauern an, hinter denen sie die gewünschten Gesprächspartner vermutet. Gut, dass wir nicht Jericho sind und Sanna alleine agiert, sonst hätten wir einen ganz anderen Verfall.

Aus einem besonderen Grund, den wir bisher nicht herausfinden können, hat sie Fabio - den Müllmann, Fredo - den fürsorglichen Neffen der Seelensammlerin, aber ganz besonders unsere Gesangs-Professoressa als Ziel ihrer ratternden Wort-Salven in Düsenjäger-Lautstärke erwählt.
Was auf der Piazza kein Entkommen bedeutet, da sich die selber ja Stimmgewaltige von Sannas Appellhof-Stakkato vom vierten Stock der Burg-Zinnen nur widerstrebend herunter zwingen lässt.

Ich habe längst aufgehört, mir aus diesem ratternden Gemisch aus ligurischem Dialekt und italienischen Vokabeln einen Reim zu machen. Ich warte nur immer furchtsam auf das heischende "Aäääh???" vor jedem Luftholen zum nächsten Satz, das wie ein Stich im Trommelfell wirkt.

Da mokiert sich der Richtige, werden Leser denken, die mich persönlich kennen. In der Tat habe ich ja auch ein tragendes Organ, das man leicht im gesamten Borgo hören kann. Aber ich liege ja immerhin zwischen sieben und neun Uhr morgens verlässlich und auch wehrlos in meinem Bett.

Und weil ich als Bock nicht den Gärtner geben will, verzichte ich auf all den Klatsch und Tratsch, der sich um die kleine, altblonde Sanna mit dem Mops-Gesicht rankt. Stimmt nur die Hälfte, entwickelt einer wie ich natürlich sofort Verständnis, und das will ich in solch nervtötenden Momenten auf keinen Fall entwickeln...

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