Mittwoch, 21. Juni 2017

Spannende Spuren-Suche

Heute Kemenate - einst Karzer,
der nur über eine steile
Leiter zu erreichen war?
Jetzt wohnen wir bald seit zwei Jahrzehnten auf der Burg. Aber immer wieder werden wir mit der Frage konfrontiert: Was wissen wir eigentlich über unser Haus?
Gestern kam Nachbar Andrea, mit dem wir eine bauliche Kuriosität teilen, auf die Piazza. Denn sein Haus und unser Haus umschließen eine Art einstöckiges Appartement. Unten eine Wohnküche und darüber - über eine Wendeltreppe zu erreichen - eine Schlafnische und ein kleines Bad. Jahrelang hat die Wirtin unserer Gemeinde-Bar darin gewohnt und sogar mittags Essen für viele Handwerker zubereitet. Dann ist sie gleich nebenan in etwas eigenes gezogen.

Seither ist die "Baulücke" spekulativ ein paar mal verkauft worden, aber blieb meist unbewohnt. Andrea weiß, das das Abteil einmal zu seinem Haus gehört hat und hätte es gern wieder integriert. Aber der Eigentümer hat nicht nur absurde Preisvorstellungen, sondern alles so verwahrlosen lassen, dass es vollkommen verschimmelt ist.


Nicht weil ich ihn trösten wollte, sondern um die Skurrilität katastermäßig zu dokumentieren, erzählte ich ihm, dass die heutige Kemenate der "Fürsorglichsten" einmal zu seinem Haus gehört hat. Wir haben sie vom früheren Eigentümer gekauft, in unser Haus baulich integriert, damit wir darüber unsere Terrasse vergrößern konnten.
Seither haben wir zwei Kataster- und drei Hausnummern. Die zwei Neben-Hausnummern wurden uns verpasst, weil unsere Cantina einen Zugang zur Gasse hat und durch den Umbau quasi eine eigenständige Einheit, die Tür an der Piazza aber eigentlich nicht der Haupt-Eingang zum Haus ist. Zu dem führt die bereits öfter erwähnte, umstrittene Treppe mit dem diretto passagio an der Ostseite...

Romanisches Gewölbe mit gotischen Tür-
und Fenster-Portalen. Ein Gäste-
zimmer mit himmlischen Segen von einst?
Die Architektur unseres Hauses besteht aus vier Stockwerken. Als wir das Haus kauften, bestand der Boden der Cantina noch aus gestampften Erdreich. Wo heute die Waschküche ist, war wohl ein Zerwirk-Gewölbe. Den Haken haben wir gelassen. Aber wieso hat der Raum tatsächlich ein Gewölbe? Der Nachbarraum, in dem heute mein Studio mit einem kleinen Bad ist, hat nämlich keines, sonder das übliche Gebälk. Aber dafür eine große gewölbt gemauerte Back- und Koch-Esse, die weit unter die Piazza reicht. Molto strano!

Das Gäste-Zimmer, das unter dem tiefer als das Studio liegenden Zerwirk-Gewölbe liegt, hat gotische Bögen und eine romanisch anmutendes Kabinett. Jetzt kann ich es ja sagen: Als ich Malermeister Bruno bei der Renovierung mit dem Abschlagen des blasigen Verputzes half, tauchten hinter den Schollen Bruchstücke eines primitiven Wandgemäldes auf: eine segnende Hand und eine Hafen-Ansicht mit einem brennenden Schiff. Votiv-Malerei oder der Hinweis auf eine Privat-Kapelle?

Wer weiß das schon? In einem Haus, in dessen Bad das beherrschende dekorative Element ein einstiger Kamin ist. Glauben heißt ja Nicht-Wissen, aber Dran-Glauben und die Phantasie kreisen lassen, ist spannend...

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