Mittwoch, 10. Mai 2017

Haarspitzen-Kater

Den ganzen grauen Winter haben wir uns darüber Gedanken gemacht, ob wir uns nicht doch noch einmal einen Hund anschaffen sollten. Das wäre ein Anlass,gewesen, uns täglich hinaus und in die nahe gelegenen Parks zu begeben. Die Diskussion scheiterte auf emotionaler Ebene.
Wir neigen dazu, unsere tierischen Partner zu sehr ins Herz zu schließen. Der Grund wird Tierliebe genannt, ist aber Selbstzweck, weil wir in ihnen so viele menschliche Züge entdecken. Selbst der nordisch starre Thomas Mann musste ja über "Herr und Hund" schreiben.
Wir entwickeln wohl echte Liebe, während die Tiere dem Instinkt nach Nahrungs-Aufnahme folgen, und ihre Frauchen und Herrchen nach erfolgter Sättigung mit allerlei abgeguckten Handlungen belohnen.
Das zumindest versuche ich mir bei der Überlegung nach einem neuen Haustier immer einzureden.

Hier auf der Burg stellt sich die Frage gar nicht, weil wir ja den Leih-Kater Lazaro haben, der uns belagert, sobald er zum ersten Mal hört, wie sich der Schlüssel in unserer Haustür dreht.
Lazaro ist der Charles Bukowski unter den Katern. Wie der beliebte Schriftsteller einst, sieht er immer aus wie ein ungemachtes Bett und hat trotz seiner Zotteligkeit einen Schlag bei den Katzen-Damen. Selbst die Katzen-Allergikerin an meiner Seite ist ihm längst verfallen und echt enttäuscht, wenn er morgens nicht im Türrahmen platz nimmt, um auf sein Leckerli zu warten.

Sie ist die einzige Person außer Herrchen Vicenzo, der Lazaro Körper-Kontakt gestattet. Übrigens: Schon allein die Bezeichnung Herrchen oder Frauchen, zeigt ja, dass wir im Prinzip unseren Tieren untergeordnet sind.

Obwohl wir alte Gesprächspartner sind, schreckt er zunächst vor mir zurück, um sich dann auf Samtpfötchen auf etwa 30 Zentimeter heran zu wagen. Näher ist er mir nur, wenn er in meinem Schutz im Lorbeer neben der Bank schläft;  ein komischer Typ eben. Dass wir "unter Männern" sind, erkenne ich immer dann, wenn er mit seinen Ritualen  und intimsten Handlungen anfängt.

Bis vorgestern war ihm sein Winterfell noch willkommen, aber gestern wurde es zum ersten Mal richtig warm auf der Piazza. Vicenzo vertraut ihn in punkto Fell-Pflege dem natürlichen Ablauf an.
Sein einziges Zugeständnis ist ein Zecken-Halsband, und Katzen-Friseure gibt es nun mal im Borgo nicht. Es sei denn, Kater betrachtet die Piazza mit ihren versenkten Kieseln als große Massage-Bürste.

Trotz ihrer Allergie räumt die fürsorglichste aller Ehefrauen von nun an dem Kater seine Wollfetzen hinterher. Soviel zu Haus- oder Platz-Tieren...

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