Donnerstag, 21. Juli 2016

Auf den Lorbeeren ausruhen?

Dieser Tage hatte ich eine höchst interessante Unterhaltung mit einem Nachbarn, der einst CEO bei einer Weltfirma war. Wie immer landeten wir nach wenigen Augenblicken bei der politischen Weltlage, unter der ich leide, als sei ich für sie verantwortlich. Natürlich bin ich das nicht, und mein Leiden wird nichts verändern, es steigert nur meine eigene Hilflosigkeit.

Ich habe ja an dieser Stelle und auch in meinen Glashaus-Blogs des öfteren geschrieben, dass nur ein Blick in gute Geschichtsbücher reichte, um all die gegenwärtigen politischen Fehler zu vermeiden. Aber außer Winston Churchill, der dafür den Nobelpreis bekam, hat sich kein Spitzenpolitiker jemals literarisch mit der unmittelbaren Historie auseinander gesetzt. Es sei denn in persönlichen Biographien die eigenen Leistungen mit Lorbeeren geschmückt...

Aber zurück zu meinem Gesprächspartner, der - obwohl älter - wesentlich fitter daher kommt. Er macht es richtig, indem er Störendes einfach nicht mehr an sich herankommen lässt. Ihm geht heute gewissermaßen alles hinter seinem  Körper-Schwerpunkt vorbei. Er begründet es damit, dass wir Alten ja unseren Beitrag zu Gesellschaft und Wohlstand beigetragen hätten. Jetzt müssten die Jungen klar kommen, so wie wir mit Aufständen, Kriegsgefahr und Terror es in den 60ern, 70ern und 80ern des vergangenen Jahrhunderts getan haben.

Thomas Manns Zauberberg-Theorem unterstellt der Gesellschaft seiner Zeit, alles Übel sei daher gekommen, weil sich deren Spitzen auf den errungenen Lorbeeren ausgeruht hätten. Der Bildungsroman erschien ja 1924 zwischen den beiden Welten-Bränden, und gilt dennoch symptomatisch gleichermaßen für beide Kriege.

Auf Lorbeeren ausruhen, geht ja ohnehin nur metaphorisch. Als einer, der gerne mit Lorbeer kocht, weiß ich, dass die frischen Blätter schnell trocknen und dann scharfkantig und knitterig werden. Das gilt natürlich für den Lorbeer-Kranz der Sieger gleichermaßen. Allein auf Denkmälern hält der Helden-Kranz ewig. Mag man sich real wirklich auf so etwas Unbequemen ausruhen? Zumal auch der Sieger-Lorbeer im Verlauf der Geschichte eher etwas Anrüchiges bekommen hat. "Heil dir im Siegerkranz"?

Auf der Piazza aber gibt es einen, der weder etwas geleistet hat und oft genug sogar als Verlierer davon geschlichen ist. Ausgerechnet der ruht sich an heißen Tagen mucksmäuschenstill neben mir im Schatten unseres Lorbeerbaums  auf dessen Knitter-Laub aus: Lazaro, der Kater, dem eigentlich auch alles am Schwanz vorbei geht.

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