Mittwoch, 23. Juli 2014

Polenta verde

Da muss - denke ich - doch einmal im Hinblick auf die vielgängigen ligurischen Menüs etwas klar gestellt werden:

Das sind nicht vierzehn volle Teller, und es werden auch nicht nur kulinarische Highlights serviert, sondern vieles ist Standard aus der casareccia liguria. Aber zwischendurch gibt es durchaus Spannendes.
Am Sonntag in Cosio d'Aroscia gab es neben einem Scheibchen Vitelleo Tonnato und einem Scheibchen Bresaola mit geraspelten Kohl vor allem Torte in verschiedenen Geschmacksrichtungen: verde, con trombette, con patate und so weiter als Vorspeisen. Wer keinen großen Hunger hat, sollte aus taktischen Gründen durchwinken, denn die werden gerne reichlich serviert, um bei den teureren Gerichten (geröstetes Kaninchen mit Leber, Roastbeef und Wildschwein-Gulasch) nicht soviel nachreichen zu müssen. Bei den Pasta-Gängen oder genauer bei den secondi waren zwei spannende Sachen dabei: crespelle con formaggio, feinste Pfannkuchen - den Crèpes sehr ähnlich - mit einer sahnigen Käsefüllung und dann noch etwas, das die Gourmet-Geister am Tisch schied, und das der Anlass für den heutigen Blog ist.

Wir waren vier bei Tisch, und noch nie lagen die Kommentare und Meinungen derart auseinander wie bei der Polenta verde con Funghi Porcini: Die "Zweitbeste" schwärmt immer noch davon, Paula - eine exzellente Köchin - probierte und aß nicht weiter, Paul  - ein sehr dezidierter Esser - verweigerte wegen des Anblicks, der mich in einer Anmerkung an die Inhalte der Alete-Gläser erinnerte, die ich in meine Baby-Kids hinein gestrichen habe, als die sich noch nicht so wehren konnten.

Gegessen habe ich den Gang dennoch, und musste der "Zweitbesten" irgendwie recht geben - wenn auch nicht so richtig. Der Gang offenbarte ein Grund-Dilemma der Casareccia-Küche. Traditionsrezepte werden einfach weiter so gekocht wie bei Mamma, obwohl sich der Anspruch an das Essen im Hinblick auf Ästhetik und Nahrhaftigkeit ja auch in Italien längst geändert hat. Ein Durchstöbern italienischer Koch-Seiten im Internet hat mir bestätigt, dass da generell kein Wille zur Interpretation besteht.

Jetzt bin ich einer der gerade vom Koch-Saulus zum Gourmet-Paulus wird, weil ich Polenta von ihrer Grundausrichtung eigentlich nicht mag. - Ganz besonders wenn es sich um die weiße "Wasser-Polenta" handelt, die einfach zum Rösten auf die Herdplatte geklatscht wird. - Aber ich mochte auch Kartoffeln nach Art meiner Mutter und Schwiegermutter nicht: Aufgestampfte und zerkochte Oberfläche zur maximalen Aufnahme von Soßen, die zudem noch mit Mehl geschwitzt waren; reine Sättigungsbeilagen eben.

Ich weiß noch wie ich im Veneto vom Personal eines Restaurants fast gelyncht wurde, weil ich zu der schwarz gerösteten Polenta Zucker und Zimt haben wollte... Mittlerweile weniger radikal habe ich Polenta in veränderten Darreichungsformen durchaus schätzen gelernt: in fester Konsistenz zum Nero di Seppie beispielsweise, oder in der ligurischen, breiigen Feiertagsvariante mit unter gehobenem  Mascarpone-Gorgonzola oder Gorgonzola dolce.

Da ist das Schlüsselwort: Konsistenz.
Bei da Maria war die Polenta verde äußerst cremig und der Steinpilz - da teuer - sehr vereinzelt mitgekocht und daher eher schleimig. Das gab einen geschmacklich durchaus akzeptablen "Einheitsbrei". Ich mag aber, wenn die Komponenten einzeln erkennbar und zu schmecken sind. Es ist also keine Besserschmeckerei, wenn ich euch folgenden Vorschlag für die Zubereitung mache:

Polenta verde nach Burgschreiber-Art

Zutaten für vier  Personen als secondo:


400 Gramm für Polenta vorgesehenen, gelben Mais-Gries
100 Gramm im Mixer grob zerkleinertes Grün bestehend aus Blättern vom Stangen-Sellerie, Blattspinat, Grün vom Mangold und Petersilie - oder nach anderem Gusto auch Basilikum oder Estragon (bei Fisch)
2 gehäufte Teelöffel abgewaschener grüner Pfeffer im Mörser mit groben Salz und einem Teelöffel braunen Melasse-Zucker zerstampfen.
Vier mittelgroße, frische Steinpilze (Hut und Stil in feine Scheiben geschnitten - trifolati)
!/8 Liter süße Sahne.

Zubereitung


Meiner Meinung nach müssen die drei Haupt-Komponenten vor dem Beifügen zunächst getrennt von einander vorbereitet werden.
Polenta-Gries in zwei Esslöffeln Butter vorsichtig anrösten und dann unter permanentem Rühren (in kleinen Portionen) Wasser hinzu geben, bis der Brei die gewünschte leicht steife Konsistenz erhält.
Das zerhackte Grünzeug ebenfalls aber separat kurz mit Butter anschwitzen. Das Grün muss seine Farbe behalten und darf dann auch in der Polenta nicht noch bräunlich werden!
Die Steinpilze in einer Pfanne mit etwas Butter zusammen mit dem Inhalt aus dem Mörser auch nur so kurz anschwitzen, dass sie weder schleimig werden, noch ihre weiß-braune Farbe verlieren.
Dann bei  stets geringer Hitze erst das Grün unter die Polenta heben bis der Brei grün marmoriert und appetitlich aussieht. Mit der Sahne Farbe und Konsistenz des Breis korrigieren und erst am Ende die Steinpilze hinzugeben. Dann sofort Flamme aus, und das ganze nur noch etwa drei Minuten ziehen lassen...

Fertig ist ein mit ein paar Basilikum-Blättern verziertes Vorgericht. Oder ihr serviert es als Beilage zu einem auf der Haut gebratenen Zander-Filet mit ein paar gerösteten Pinien-Kernen dekoriert. Polenta ist eben vielseitiger als man denkt...

Buon appetito!


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