Freitag, 27. Juni 2014

In der Wolken-Walze

Hier oben gibt es in manchen Sommern ein Wetter-Phänomen, das ich als meteorologischer Laie die "Sanremo-Walze" oder - wenn diese uns auf  Dauer den Sommer nieder walzt -  auch den "Sanremo-Achter" nenne. Jedenfalls kann es passieren, dass wir ausgerechnet zur Sonnenwende  im Haus tagsüber Licht anmachen müssen, weil die Lebensspenderin an den längsten Tagen des Jahres durch das schwarze Gewölk einfach nicht mehr hindurch dringt. Auf der Terrasse oder im Wohnzimmer kommen wir uns dann vor, wie auf einer vom Nebel umwobenen Berghütte in 2000 Meter Höhe, obwohl unser Haus ja gerade einmal so hoch liegt wie München...

Natürlich könnten wir dem Himmelsgebräu entgehen, indem wir einfach ans Meer hinunter fahren, wo es dann oft noch schön ist. Aber wir finden das hier viel zu spannend, heraus zu finden, ob aus der "Walze" dann doch noch ein "Achter" wird. Sonnentage haben wir in der Endabrechnung ja immer noch genug.

Vermutlich passiert Folgendes:

Unser Schönwetter-Wind, der Libeccio, sammelt auf seinem Weg aus Südwest über dem Mittelmeer soviel Luftfeuchtigkeit ein, dass er sie an der Berg-Kette hinter Sanremo staut und derart verdichtet, bis sie endlich - deutlich abgekühlt  -zäh wie grauer Griesbrei in unseren trichterförmigen Talkessel drückt. Da bleibt die Masse bei Windstille erst einmal liegen. Die Luft fühlt sich dann an wie eine Sauna nach zuviel Aufguss, und sie macht Anfällige auch deutlich depressiv. In drastischen literarischen Schilderungen - aus einer Zeit Liguriens ohne Antidepressiva - hingen dann schon mal welche in den Kronen der Steineichen und schaukelten im Wind.

Erlösung bringt der Maestrale nur bedingt. Wenn er dann scheinbar als Glücksfall von Nordost aus den See-Alpen heran jagt. Bei den immer noch von uns aus zu sehenden Schneefeldern abgekühlt sorgt er gerne für einen Temperatur-Sturz. Mit dieser Kälte löst er in dem feuchten Wolken-Sumpf Gewitter von mitunter verheerender Stärke aus; so wie zu Wochen-Anfang. Gerade eben noch alles in voller Blüte, dann nur noch Kraut und Rüben.

Immerhin jagt er die Wolken aufs offenen Meer hinaus, wo sie wieder vom Libeccio erfasst werden und weiter östlich die Badestrände und  das Tal von Diano verdunkeln. So, und wenn jetzt der Grecale, unser eigentlicher Schlechtwetter-Wind, aus Nordosten das Kommando übernimmt, entsteht der "Achter". Weil der ganze feuchte Wolkenhaufen - erneut verdichtet und kräftig regnend - wieder bei uns landet.

Die liegende Acht ist ja das Symbol für die Unendlichkeit. Wollen wir hoffen, dass der Scirocco aus Südost uns bald trocken und hart aus großer Hohe  - mit seinen Fallböen zuschlagend - erlöst. Allerdings, wenn er den rötlichen Sahara-Staub mit sich führt, dürften wir wieder mal die Terrasse neu weißeln.

Scheint aber noch auf sich warten zu lassen, gerade werden wir nämlich wieder eingehüllt... Meine Tastatur ist kaum noch zu erkennen... Seht ihr mich noch? ...Ich muss aufhören... - Also zunächst mal letzte Grüße aus dem Tal der Finsternis...

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