Donnerstag, 12. Juni 2014

Von wegen - armer Lazarus!

Als die "Zweitbeste" und ich vor anderthalb Jahrzehnten unseren Traum verwirklichten, den Lebensschwerpunkt auf die Burg zu verlegen, wimmelte es hier auf der Piazza noch von Katzen. Was für meine Frau ein gewisses Gefahren-Potenzial barg, weil sie unter einer sich bisweilen potenziell tödlich auswirkenden Allergie gegen Katzenhaare leidet. Da sie ja einen besonders exklusiven Geschmack hat, wundert es nicht, dass für sie am gefährlichsten Angorakatzen und British Shorthair sind.

Fair - wie ich nun einmal bin - habe ich sie stetig darauf vorbereitet, sollte sie einmal zum Geburtstag ein Angora-Kätzchen mit einem Säckchen frischer Haselnüsse von mir bekommen, sie hoffentlich wisse, wie es um unsere Ehe stünde (jetzt habe ich gerade wieder fünf Fleißpunkte der Gesellschaft zur Errettung des Konjunktivs eingefahren. Aber das nur nebenbei). Ernte frische Haselnüsse erzeugen bei ihr zunächst  ein leichtes Kratzen im Hals. Der zieht sich dann zu und lässt ihren Kopf auf den doppelten Umfang schwellen. Ist dann das Rettungsmedikament nicht in der Nähe, wird es im wahrsten Sinne des Wortes recht eng. Alles schon erlebt!

Aber darum geht es ja heute gar nicht, weil sie sich im Freien längst an die Viecher gewöhnt hat. Sind ja auch nicht mehr so viele, seit immer mehr Uralt-Gemäuer hier oben Luxus saniert werden. Die Zahl der samtpfotigen, herrenlosen Mitbewohner hat sich gefühlt auf ein Zehntel des früheren Bestandes reduziert. Auf der Piazza haben wir  es in der Regel nur noch mit zwei Vertretern dieser Spezies zu tun. 

Die durch meine Burgbriefe bereits unsterblich gewordene Ginger und der ihr heute ins gleiche Stadium folgende Lazaro. Ginger gehört der ehemals als Sammlerin buntester Jogging-Anzüge bekannten, heutigen Barfrau Signora Girasole und  Lazaro hat unseren vereinsamten Nachbarn Vincento quasi im Pfotenstreich adoptiert. 

Er war ein zerrupftes Etwas mit Löchern im Fell und ausgefranstem Schwanz, mager und unterernährt voller Parasiten. Vincento hat ihn wieder aufgepeppelt. Zwischenzeitlich war er richtig fett und unbeweglich, aber dann hat er sich quasi hündische Eigenschaften angewöhnt. Das heißt, er folgt hier oben seinem Herrchen auf Schritt und Tritt bis zur Treppe hinunter zur Gasse. Weiter darf er nicht, wenn Vincento zur Happy Hour mit seiner Ape in die Bar Girasole hinunter düst. 

Als der Autor mit 15 noch Katzenfreund war
Dann sind wir gerade gut genug, ihm die Zeit bis zur Rückkehr vom Herrchen zu vertreiben. So, wie wir für Ginger nur existieren, wenn ihr Frauchen nicht da ist.

Allein unter Katzen - Oil on Canvas
Obwohl ich hier  in Anfangsjahren allein unter Katzen gelebt habe, war mir der einzige Hund namens Snoopy doch immer näher. Ich bin nach drei Dackeln meiner Eltern und einem 13 Jahre mit uns gelebt habenden Rabauken von Airedale-Terrier von meinem Hunde-Herrchen-Dasein immer noch nicht kuriert. Und Lazaro ist nun wirklich nicht geschaffen, mich zum Katzen-Freund zu bekehren.

Der Kerl tut ja  nur so, als sei er viel zu unbeweglich. In Wirklichkeit ist er aber der Champion im Jagen von meinen gefiederten Freunden, den Mauerseglern. Erst marschiert er gespreizt über die Piazza, dann legt er sich auffällig auf eine der Steinbänke unter der Mauer mit den Nestern, um die im Brutgeschäft gestressten Schnell-Flieger zu  hysterischen Reaktionen und Angriffsflügen zu verleiten. Und schon hat er wieder einen. Wie Manuel Neuer beim Elfmeter rührt er sich nicht wirklich . Er hebt  nur lässig die Pfote: Gehalten!!!

Papageno, der Hund, der  in unseren Herzen weiter lebt
Die Beute legt er dann beflissentlich bei Vincento ab. Wenigstens wissen wir seit dem SZ-Magazin von letzter Woche und dem lesenswerten Interview mit dem Zoologen John Bradshaw, dass dies keine Liebesgabe, sondern simple Vorratshaltung ist.

 Von wegen armer Lazarus!

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