Mittwoch, 4. Juni 2014

Die Rache des Bluters

Es ist ja nicht alles pure Harmonie auf der Burg. Es gibt auch die eine oder andere Plage, mit der sich die Bewohner alljährlich arrangieren müssen: Nach dem feuchten Frühjahr mit Dauerregen und abgestürzten Straßen, mehren sich mit den ersten etwas wärmeren Tagen Anzeichen dafür, dass das eine gute Saison für Mücken (Zanzare) und die von uns fälschlicher Weise auch als Oliven-Fliegen  bezeichnete Sandfliegen Pappataci (Phlebotimus papatasi) werden könnte.

Im Haus schützen wir uns vor ihnen damit, dass wir an allen für die Dauerlüftung an heißen Tagen strategisch wichtigen Fenstern mobile Fliegengitter (Zanzariere) angebracht haben. Die Mücken, die dann doch noch aus Unachtsamkeit herein kommen, hauen wir mit Handtüchern von Wänden und Decken der hell erleuchteten Zimmer - natürlich bevor sie zugebissenen haben. Wir wollen ja schließlich nicht jedes Jahr neu streichen...

Schwieriger wird der Häuserkampf allerdings gegen die Pappataci, die so hauchdünn und durchsichtig daher kommen, dass sie erst zu erkennen sind, wenn sie bereits zubeißen. Kleine, gemeine Dreiecke, die den Science-Fiction-Autor Stanislaw Lem einst als Vorbild für seine Schwarm-Computer gedient haben könnten. 

Bekommt der Mensch zuviel Bisse auf einmal ab, kann es gut sein, dass er am sogenannten "Toscana-Fieber" erkrankt, das aber im Vergleich zum von Mücken übertragenen Dengue Fieber ohne bleibende Schäden verläuft. Je nach Allergie hinterlassen die Bisse aber scheußlich juckende Riesen-Pusteln. Da ist es gut, wenn Fenistil im Hause ist. Das hilft wenigstens einigermaßen.

Richtig versauen können einem beide Spezies aber die lauen Nächte auf der Piazza oder auf der Terrasse. Das Kampfmittel Autan hat sich zwar geruchsmäßig und als Spray geschmeidig verbessert, es ist aber dennoch nicht jedermanns Sache, sich mit Chemikalien  einzunebeln..

Die systematisch vorgehende "zweitbeste Ehefrau von allen" (kurz: die Zweitbeste) probiert auf diesem Gebiet ja immer mal etwas neues aus. Nach Elektro-Spiralen, heiß verdampfenden Giftplättchen und Akustik-Fallen, die angeblich das Fluggeräusch paarungsbereiter Mücken simulieren, ist sie im vergangenen Jahr auf eine Blumentopf große Stinke-Kerze  gekommen. Sie verbreitet Rauchschwaden und den Geruch brennender Ölquellen, hilft aber hundertprozentig, wenn man sich in ihrem (hihi) Dunstkreis aufhält. Aber wer möchte unter unserem herrlichen Sternenhimmel nächtens schon an die Irak-Kriege erinnert werden?

Nach meinem Infarkt muss ich auf Anraten der Ärzte sowohl den Blutverdünner ASS100 als auch ein Macumar-Präparat schlucken. Das erinnert mich an einen Kollegen und Reisebegleiter, der trotz einiger Bypässe, Herzschrittmacher und Herzklappen vom Abenteuer nicht lassen konnte. Am Lagerfeuer in der Wildnis ließ er sich angeblich gerne mal beißen (nicht Stechen, denn Mücken benutzen ja zwei Kiefer-Säge-Raspeln im Rüssel um durch die Haut von Warmblütern zu kommen), damit er vorzuführen konnte, wie die durstigen Mücken durch die Blut-Verdünnung zerplatzten.

Ich halte das für ein Gerücht, bin aber zum Selbstversuch bereit. Wenn das tatsächlich stimmt, werde ich mit meinem Smartphone ein Video drehen, das ich unter dem Titel "Die Rache des Bluters" auf YouTube posten werde.

Für die jüngeren Leser, die nicht unter als Bluter bekannten Britischen Königen oder bei der Zaren-Familie Romanow aufgewachsen sind: Hämophilie ist eine degenerative Erbkrankheit, von der in erster Linie Männer befallen werden. Ein genetischer Defekt führt dabei zu einem zu niedrigen Gerinnungsfaktor und nur schwer oder überhaupt nicht heilenden Wunden oder früher mitunter tödlichen Einblutungen..

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