Montag, 20. Juni 2022

L'Indirizzo di Babbo Natale

 Unser letztes Einschreiben nach Deutschland hat kürzlich zwölf Tage gedauert. Manche Grußkarten sind gar nicht erst angekommen. Es wäre zu einfach das alles den Poste Italiane zuzuschreiben. Seit wichtige Briefe, die wir in München direkt vor unserer Haustür eingeworfen hatten, auf nimmer Wiedersehen verschwunden sind, halte ich mich mit Schuldzuweisungen zurück.  Es ist schon möglich, dass das Zeitalter des Internets und der Lieferdienste mit einfachen Briefen oder Postkarten nicht mehr recht etwas anfangen kann. Mein Bestelldienst liefert sowohl mit eigener Logistik als auch mit DHL. Lieferprognosen sind mit dessen eigener Logistik immer präziser und schneller. Wir benutzen die Schneckenpost nur noch selten. Deshalb kann es aber auch sein, dass wir wieder einmal eine der ständigen Tarif-Änderung verpasst und falsch Frankiert haben.

Die nächste echte  Post in München (nicht die diversen Annahmestellen) ist 15 Autominuten entfernt. Hier müssen wir an drei Tagen pro Woche nur einige hundert Stufen in den Capo Luogo hinunter, um beispielsweise Zahlungen  per Postanweisung vorzunehmen.

Ich habe als Kind nicht zu denen gehört, die an Weihnachten Postkarten mit Wünschen an komische Orte wie das mecklenburgische Himmelpfort oder das Santa Claus Village in Finnisch Lappland geschrieben haben. Das ganze Weihnachtsmann-Getue ging an mir vorbei, bis ich auf einer Nikolaus-Party meiner Kinder selbst in diese rote Kapuzenkutte schlüpfte und ziemlich versagte.

Ausgerechnet hier in Ligurien holte mich schon vor Jahren der Weihnachtsmann wieder ein, weil ein Pizzabäcker und die Mädels vom Heizungsservice mir wegen meines Aussehens immer "ciao Babbo Natale" zuriefen. Mittlerweile bin ich sicher, dass sich der Spitzname ganz schön verbreitet hat. Denn auch die neue Postina steuerte vor ein paar Tagen in der Gluthitze des Mittags direkt unsere Tür an, um uns die Weihnachtsgrüße unserer Nachbarin, der Bürgermeisters-Witwe zu bringen.

Die Wege der Post sind unergründlich. Wir schreiben unserer uns mittlerweile ans Herz gewachsenen Nachbarin jedes Jahr aus München zu Weihnachten. Die rüstige 84jährige, die ihren Garten noch selbst bestellt und jede Last zu ihrem Haus nahe der Piazza hochschleppt, wollte sich nicht lumpen lassen und schrieb zurück- Aber irgendwie hat sie im Weihnachtstrubel mit ihrer Familie nur die halbe Adresse auf den Umschlag geschrieben.

Als Nachforschungen noch von Menschen und nicht von Klarlese-Automaten erledigt wurden, hätte die Karte eigentlich zeitig ankommen müssen. Denn die Postleitzahl war richtig, und unter der gäbe es auch nur eine Familie unseres Namens.

War das der Grund, weshalb die Postina den Brief nicht an die Absenderin auslieferte, sondern ihn uns geradezu konspirativ mit verschwörerisch leiser Stimme direkt aushändigte?

Sie erkannte natürlich l'Indirizzo di Babbo Natale... - und wir kühlten uns bei 30 Grad symbolisch an der verschneiten Winterlandschaft auf dem Weihnachtsgruß...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen