Mittwoch, 22. Juni 2022

Frau Mückes letzte Sekunden

Frau Mücke in einer Karikatur von de,freepik,de
Wir Menschen neigen ja aus Selbstüberschätzung oder Überheblichkeit dazu, alles  Leben aus unserer Perspektive zu betrachten. Wir sind nicht bereit, uns einmal in die Wahrnehmung anderer Wesen hinein zu versetzten. Was auch schwierig ist, weil unsere Sinne derart verkümmert sind, dass wir überfordert werden.

Am größten ist die Diskrepanz zwischen Mensch und Mücke. Zum einen verständlich, weil sie in weiten Teilen der Welt todbringend sein kann (Malaria und Dengue-Fieber), zum anderen weil sie uns vor allem in unseren Breiten nächtens in den Wahnsinn treiben kann.
Ich schreibe wir, obwohl das für meine Frau und mich so nicht gilt. Wenn wir abends beim leichten Essen auf der Piazza sitzen, wird sie innerhalb von ein paar Sekunden trotz diverser Sprays von Angriffswellen der kaum sichtbaren Insekten umschwirrt und angegriffen. Dann geht sie los die verzweifelte Prügelei, und ich muss mir am nächsten Morgen im Bett die Geschichte zu jedem einzelnen Biss anhören, wenn Körperteile mal wieder aussehen, als hätte sie Masern
Bestimmt klingt diese Schilderung herzlos, aber ich würde freiwillig ein Dutzend Bisse in kauf nehmen, um ihr Klagen nicht mehr hören zu müssen. Aber an mich gehen die Blutsauger nicht, auch wenn ich direkt neben ihr sitze oder liege. 

Deshalb sei es mir gestattet, dass ich mich auch einmal in die Mücke hinein versetze. Nicht als Mensch, sondern aus Menschlichkeit. Natürlich gäbe es anhand des zoologischen Zyklus der Stechmücke (siehe Darstellung) dafür kaum Ansatzpunkte. Zweifellos sind Mücken überall auf der Welt eine Plage, aber auch sie müssen und wollen leben. Dazu gehört auch dass Mücken nicht stechen, sondern sich mit zwei blitzschnell in ihrem Rüssel wetzenden Kiefer-Blättern durch die Haut zum Blut ihres Opfers sägen - also beißen, um dann des leichteren Aussagens wegen Blutverdünner einspritzen. Und es sind eben nicht die Mücken insgesamt, die beißen, sondern allein die Weibchen, die das Blut als Nährstoff für ihre Eier benötigen.
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Um das ganze zu vermenschlichen - hier ein Einblick in das Leben von Frau Mücke nach menschlichen Maßstäben. Von einem Männchen geschwängert, das sofort wieder abhaut, wird sie gleich in die Rolle der alleinstehenden Mutter gedrängt, die mit ihren einzigartigen Sinnen aus großer Entfernung das Blut riecht, dass sie für ihre Eier dringend benötigt. Mit dem Instinkt von Myriaden Geschlechtsgenossinnen vor ihr in den Genen, weiß sie dass sie auf einem Himmelfahrts-Kommando unterwegs ist. Sie ist eine schnelle Tänzerin, die in Bruchteilen einer Sekunde Anflug-Manöver durchführen kann. Aber dann hört sie auf einmal eine liebevolle Stimme, die sie aus dem Konzept bringt:
"Setz dich nur meine kleines Mücklein. Mach's dir gemütlich!"
'Na wenn das so ist, dann nehme ich die Einladung doch gerne an', sind die letzten Botschaften, die ihre Ganglien weiterleiten. Dann nur noch ein endliches Wusschhhhh.
"Erwischt", sagt meine Frau mit bösartig triumphierender Stimme und einem Blutfleck auf ihrem Unterarm...
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