Mittwoch, 2. August 2017

Schnatter-Stunde

Wie viele Männer halte ich mich trotz aller geschlechtlichen Unwägbarkeiten für einen Frauen-Versteher. Doch je älter ich werde, desto häufiger bin ich im Zweifel, ob die Erkenntnisse all der Jahre überhaupt für ein derartig komplexes Thema ausreichen.

In der näheren Bekanntschaft - auch hier auf der Burg - gibt es kein Paar, das nicht von der weiblichen Hälfte dominiert wird. Die Fürsorgllchste und ich sind da keine Ausnahme. Wir Männer scheinen im letzten Lebensdrittel neben anderen Kompetenzen auch die sozialen aufzugeben. Das stärkt die Frauen-Liga, die hartnäckig hier ihre Stärke ausspielt.

Meine Frau und ihre zwei Schwestern haben die Fähigkeit  sich stundenlang gleichzeitig zu unterhalten, was einen gewaltigen "Output" erzeugt. Dinge, die beim direkten Simultan-Gespräch überhört oder nicht richtig vrstanden wurden, werden kaum eine Stunde später in telefonischen Einzelgesprächen fortgesetzt. Flatrate sei Dank!

Meine Tochter hat dies wohl auch genetisch mitbekommen. Jedenfalls gelingt es ihr auch immer spielend, wildfremde Menschen in stundenlange Gespräche zu verwickeln, beziehungsweise sie zusammen zu bringen.

Sie war noch nicht sehr oft auf der Burg, dennoch ist sie bis hinunter nach Villa bekannt, obwohl sie kein Italienisch spricht. Meine Frau spricht nach annähernd zwei Jahrzehnten hier oben  auch nicht viel mehr. Dennoch hat sie es geschafft, dass von Jahr zu Jahr mehr Burggeister zum nachbarschaftlichen Abendessen auf die Piazza kommen.

Frauen haben diese spezielle Fähigkeit, die ich früher mal als "Dorfbrunnen-Syndrom" verspottet habe, obwohl ich da schon oft davon profitiert hatte. Nur, dass der Dorfbrunnen in der Büro-Gemeinschaft der Copier-Computer mit Printer war.

Hier haben wir nun tatsächlich einen Dorfbrunnen, und obwohl nur wenige Damen ihn nutzen, bleibt er zentraler Nachrichten-`Faktor.

Passiert denn in einem Dorf wie diesem tatsächlich soviel, dass man sich ständig austauschen muss? Kommt wohl darauf an, was man für wichtig hält.

Wenn Nachbarin Paula jedenfalls auf der Burg ist, hat sich zwischen ihr und meiner Frau ein fixes Treffen um 19 Uhr ergeben, bei dem nicht nur Tagesaktualitäten, sondern Grundsätzliches aus der Gemeinde erörtert werden. Das dauert eine großzügig bemessene halbe Stunde bei ein oder zwei  Gläschen, die wechselseitig ausgeschenkt werden.

Manchmal setze ich mich dazu, merke aber schnell, dass ich störe. Durchs offene Fenster meines Büros dem ungebremsten Schnattern zu zu hören, macht viel mehr Spaß. Weil beide Parteien so tun, als hörten sie nicht zu, werde ich dann auch gerne verbal in die Mangel genommen...

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