Dienstag, 15. August 2017

Himmelfahrts-Kommando

Heute ist Mariä Himmelfahrt. In Deutschland nur im katholischen Süden, ist der vom päpstlichen Rom vor langer Zeit verordnete Feiertag einer der wichtigsten in Italien - nicht nur weil er in der Ferienzeit liegt: Ferragosto..

In der heutigen Arbeitswelt geht er meist mit sogenannten Brückentagen einher, was jegliches unterwegs Sein mit dem Auto in Richtung Meer oder in die kühleren Berge zu einer Art Himmelfahrts-Kommando macht....

Wie haben uns wie immer mit Vorräten eingedeckt und werden die Burg erst nächsten Samstag wieder verlassen, um die Stille hier zu genießen.

Ruhe und Stille? Auch in unserer allerkatholischsten Borgata ist es längst nicht mehr so wie in meiner Kindheit. Da waren die Städte leer und die Strände knüppelvoll, was meinen kulturbeflissenen Vater dazu brachte, uns  im Umkehrschluss alle Bauwerke in genußvoller Ruhe darzubieten. All die Kirchen gingen ja noch. Die waren ja schön kühl. Aber die meisten interessanten Bauwerke waren eben: chiuso per ferie.

Und das galt auch für die meisten Bars und Restaurants, so dass ich mich bis heute an quälenden Hunger und Durst erinnere.

Ja und jetzt? Durch das Dorf hallen Hammerschläge, jaulen Kreissägen und fliegende Wortfetzen der sich streitenden Experten. Kaum ein Handwerker läßt sich das kleine Extra-Geschäft an den Brückentagen hier oben entgehen. Dazu kam in der Nacht auch noch die Sagra im Nachbardorf, die bis zwei Uhr ihre Beats herüber schallen ließ.

Jetzt sitze ich als Agnostiker, der gelegentlich zu dem Gott betet, an den er eigentlich nicht glaubt, und beschäftigt sich mit Marias Sohn.

Vor ein  paar Tagen hätte ich nämlich den INRI  mit einer für einen Slapstick-Film geeigneten Handlung fast von seinem Platz beim Eingang herunter geholt: langer Gegenstand vorne umsichtig bugsiert, aber seine Ausmaße hinten unterschätzt...

Als ich den Haussegen wieder gerade gerückt hatte, dachte ich darüber  nach, ob die Fuß-Stellung am Kreuz Aufschluss darüber geben könnte, ob der Heiland Rechtsfüßler oder Linksfüßler war. Wenn ich auf dem Rücken liege, legt sich meine rechte Wade automatisch über das linke Schienbein... Aber ob die Schergen darauf überhaupt geachtet hätten?

Die Erforschung der wichtigsten Darstellungen von Christus am Kreuz im WWW ergab nichts Schlüssiges. Bei gut einem Drittel geht der Nagel zunächst durch den linken Spann. Gut zehn Prozent der Künstler gehen davon aus, dass die Füße parallel festgenagelt wurden. Aber nichts Genaues scheint da überliefert.

Bleibt da noch die zurück gedrängte Frage, wieso sich die Christenheit ausgerechnet eines der brutalsten und quälendsten Hinrichtungs-Instrumente der Strafgeschichte als dauerhaftes Leit-Symbol auserkoren hat? 71 vor Christi Geburt hatte der Tribun Crassus 6000 der Gefangenen aus dem Spartacus-Aufstand entlang der Via Appia kreuzigen lassen. Unterstützt wurde er dabei von Gaius Julius Cäsar,  mit dem ich im Geschichts- und Latein-Unterricht wegen seiner Ermordung immer Mitleid hatte...
Unser INRI

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