Sonntag, 17. Mai 2015

Natur-Kraft

Manchmal lohnt es sich, den hiesigen Gemeinde-Jahreskalender auf zu bewahren. Vor allem, wenn er auf sepia eingefärbtem Papier Schwarzweiß-Fotos aus der Vergangenheit des Capo Luogo zeigt. Da sieht der Fremde zu Namen, die ihm vielleicht bereits geläufig sind, auch Gesichter von Menschen, die hier einst ihre Spuren hinterlassen haben. Teils verwitterte, teils noble Gesichter, denen das harte Leben von früher eine Geschichte ins Gesicht gefältelt hat.

Interessant sind auch Fotos  von Veränderungen in der Gestaltung des Ortes. Sogar das dekorative Wirken der Zweitbesten auf unserer Piazza hat es schon zu Kalender-Ehren gebracht. Mir aber hat es ein Foto aus den 1950ern besonders angetan:

Da schleppen sich zwei gewaltige Ochsen die Straße zur Burg hinauf. Da war die noch ein Sandweg.
Zur Talseite hin war sie von großen Platanen beschattet, und die Haus-Fassaden zur Bergseite waren noch nicht so aufgefrischt und kunterbunt wie heute. Dennoch strahlt das Bild eine edle Einfachheit aus, die Nostalgie weckt.

Dann drang das italienische Wirtschaftswunder in Form von geteerten Straßen auch nach hier oben vor, obwohl die Dörfer da noch dem Tode nahe waren. Die Platanen sind heute verschwunden und wurden von den Straßenbauern durch seinerzeit natürlich noch kleine Pinien in gemauerten Vierecken ersetzt. Zwischenzeitlich wuchsen sie zu gewaltigen, ganzjährig Schatten spendenden Schirmen. Aber, wer solche Schirme auf kräftigen Stämmen tragen will, der muss sich auch entsprechend verwurzeln...

In den fünfzehn Jahren unseres Lebens hier wurde die Zickzackstraße dreimal asphaltiert. Nun - so scheint es - hat die Straße den Kampf gegen das Wurzelwerk endgültig verloren. In dem beschatteten Teil sieht sie aus wie eine Buckelpiste für das Freestyle-Skiing, und bei den oberen Serpentinen lernt der Mensch, wie die klammen Kassen der Öffentlichen Hand die Natur zum Zurückschlagen animiert. Wir kennen das ja nun auch in Deutschland.

Theodor Fontane hat zu diesem  Thema eine immer noch prächtig passende Ballade geschrieben:
Die Brück' am Tay.

Tand, Tand ist das Gebilde von Menschenhand...

Der globale Wahnsinn mit aussichtslosen Kriegen, Erdbeben, Hungersnöten, rücksichtsloser Ausbeutung unserer Resourcen  erinnert mit deutlichen Signalen, dass wir Menschen in der Erdgeschichte trotz rasender Zivisilation ein Auslaufmodell sind.

Wir mögen unsere Mitmenschen töten oder unterlassen es nur, ihnen in Nöten Hilfe zu leisten. Der Natur ist das egal. Denn gleichgültig wie, sie überlebt uns oder macht uns am Ende platt.

Wirbelstürme in Deutschland, Erdbeben überall auf der Welt. Dazu das bald austrocknende IT-Hirn der Erde in Kalifornien  oder Überflutungen in Ländern, die einst vom Wassermangel geprägt waren. Wir bekommen die Versiegelung der Natur ja auch schon in unsern Breiten heimgezahlt.

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