Mittwoch, 13. August 2014

Vollkommen vergurkt

Es stimmt traurig, wenn die Allmacht und Ohnmacht im ausgeliefert Sein bei Propaganda und Gegenpropaganda nicht nur den Putins und Erdogans dieser Welt in den Kram passt, sondern auch auf unserer friedlichen Burg ausgeübt wird:

Unser Nachbar, der Hotelier aus Rom, dem die Schlamperei bei der Versorgung mit Trinkwasser einen erheblichen Schaden als Vermieter von Ferienwohnungen beschert hatte, war Initiator einer mehrsprachigen Petition, die  - von den Burggeistern unterschrieben - die Gemeinde-Verwaltung veranlassen sollte, aufzudecken, wer für den Schlamassel verantwortlich war. Nicht aus Rachsucht, sondern um künftiges Ausbleiben  des Trinkwassers von mehr als 48 Stunden  in der August-Hitze nachhaltig zu verhindern. Ihm kann auch nicht vorgeworfen werden, er sei ein zugereister Meckerfritze, denn er ist hier auf der Burg geboren, und seine Mutter war im Talort eine geschätzte Gymnasial-Lehrerin.

Um es vorweg zu sagen: Nur ein geringer Teil aller Betroffenen hat unterschrieben, weil es der im Notfall noch so unendlich langsam reagierenden Gurken-Truppe blitzschnell gelungen war, die Verantwortung für ihr Versagen auf andere abzuwälzen. Denjenigen, die zuvor am lautesten gejammert hatten, leuchtete auf einmal ein, dass nur der Pool-Besitzer an der oberen Piazza mit seinem riesigen Wasserverbrauch schuld gewesen sein könne. Merkwürdig, dass dieser Vorwurf erst erhoben wurde, nachdem die Familie am Sonntag bereits abgereist war und sich dagegen  nicht mehr wehren konnte. Wie soll man beispielsweise der leichtgläubigen Seelensammlerin Electra, die sich weigerte zu unterschreiben, auch das Wirken einer umwälzenden Aufbereitungsanlage verklickern. Mehr als die Hälfte der betagten Burggeister, die ja auch Verwandtschaft mit Jobs in der Gemeinde haben, glaubt nun nämlich, dass das permanente Rauschen des Pools auch stetiger Trinkwasser-Verbrauch sei...

Eine Analyse zur Verbesserung wurde dadurch also vollkommen vergurkt, Was mich - auweia was für eine gewürgte Überleitung - zum angenehmeren Teil des Vergurkens bringt.

Noch nie - seit wir hier leben - hat es einen Juli oder August gegeben, in dem derart reichlich Wasser vom Himmel kam und die Nächte infolgedessen kühlen und angenehmen Schlaf bescherten. Alles blüht und steht in saftigem Grün. Die Gärten rund um die Burg sind geprägt von üppigster Gemüseproduktion.

Anscheinend ist ein Quantum des Wassers vor allem in die Freiland-Gurken geflossen. Nur, Gurken sind nicht so populär in Ligurien, und in solchen Massen schon gar nicht. Fast jeden Tag bekommen wir daher zwei bis drei von den grünen Riesen von unseren Nachbarn überreicht, die ja schon Probleme haben, ihrer zahlreichen monströsen Auberginen und Zucchini Herr zu werden.

Deutsche lieben doch Gurken! Und das tun wir auch, denn wer im Allgemeinen auf diese holländischen Treibhaus-Dinger angewiesen ist, hat ja längst verlernt, wie Gurke schmeckt. Aber jeden Tag Gurken-Salat ohne den hier unpopulären Dill? Da ist Kreativität gefragt.

Die Gurke gilt als schwer verdaulich und arm an Nährstoffen.  Vor allem, wenn sie aus optischen Gründen auch noch geschält wird. Dafür hat sie nur wenig Kalorien.  Das Universalmittel gegen vergurkte Langeweile heißt Konfektíonieren.

Hier und heute also zwei Ideen für Gurke als Vor- und Hauptspeise und - wie versprochen - eine weitere Drink-Variante für heiße Tage.

Mus oder Mousse

Zutaten:
Zwei große Freiland-Gurken, zwei mittelgroße mehlig kochende Kartoffel (ca. 250g), zwei weiße Zwiebeln, einen gehäuften Esslöffel getrocknete Dillspitzen (frischen Dill nur zum Abschmecken), zwei große Zehen frischen Knoblauchs, 20 Gramm klein gehackter, frischer Ingwer, einen gestrichenen Esslöffel grobes Salz, 40 Gramm Butter, 1 Liter Gemüsebrühe zum Angießen, reichlich Pfeffer aus der Mühle.

Zubereitung (erste Schritte auch für die Mousse):

Die geschälten  Gurken der Länge nach halbieren und mit einem spitzen Esslöffel komplett von den Kernen säubern. Dann in schmale Halbmonde in einen Topf schnippeln. Kartoffeln in feinen Würfeln hinzu sowie gehackte Zwiebeln, Ingwer und den Knoblauch. Auf niedriger Flamme mit der Butter gründlich unter Rühren anschmoren. Dann die Dillspitzen und Pfeffer sowie Salz hinzu geben bis der Schmor glasig wird. Nach und nach unter Rühren Brühe unterrühren und abschmecken, dass das nicht zu salzig wird. Immer wieder einkochen lassen und am Schluss einen Schuss süßen Essig zum Abrunden. Köcheln lassen, bis alles eine breiige Konsistenz hat.
Bis auf lauwarm abkühlen. Dann mit einem Löffel (oder einer "Flotten Lotte") durch ein feines Sieb passieren.

Das Mus schmeckt bereits lauwarm super, aber es gewinnt, wenn es eine Nacht lang -  natürlich abgedeckt - kühl gestellt wird. Ohne weiteres Zutun kann es am nächsten Tag - mit Krabben oder gebeiztem Lachs belegt - als überraschende, gekühlte Vorspeise serviert werden.

Oder ihr macht aus dem Mus, indem man es mit einem Achtelliter Sahne schaumig unter Hinzugabe von frischem Dill, Estragon und Petersilie aufkochen lässt eine Gourmet-Süppchen mit pochierten Wachtel-Eiern.
Damit das Mus zur Mousse wird, braucht es mehr Steifigkeit. Zu erreichen entweder durch vorsichtige Hinzugabe von ein wenig Brei hälftig aus Pastinaken oder Kartoffeln oder indem es mit der aufkochenden Sahne weiter reduziert und dann mit dem Schneebesen aufgeschlagen wird. Ein ideales Bett für erwärmten, geräucherten Aal als Hauptspeise. Ganz genial aber extreme Geschmackssache: mit unter gehobenem, grob gehackten Matjes als leichtes Sommer-Essen.


Buon Appetito!


Und als Aperitif- um im Thema zu bleiben:

Datscha Daiquiri


Zubereitung:

Gurken so in Halbmonde schnippeln wie oben. Dazu eine klein gehackte Spreewald-Gurke, das Grüne vom Fenchel, Salz, weißer Pfeffer und Eis sowie einen Schluck vom Gurkenwasser. Das Ganze kurz durch den Mixer jagen, ins Cocktailglas schütten und mit Wodka aufgießen. Früher haben sich damit die KGB-Agenten in Deutschland gegenseitig zur Strecke gebracht. Ein totsicherer Ankommer: riecht nicht, schmeckt geil, macht nicht dick, aber schnell blau...

Nastrovje  на сдорове

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