Donnerstag, 28. August 2014

"Hummage" an ein Krustentier

Mit Bildern auf Bestellung halte ich es genauso wie mit Witze Erzählen auf Kommando: Ich mag es einfach nicht, und es müssen schon die besten Freunde sein, wenn ich dann doch mal nachgebe. Die neapolitanisch-deutsche Nachbarin Petronella, die zum Geburtstag immer mal wieder ein Bild nach meinem Gusto gemalt bekommt, lag mir seit Jahren in den Ohren, sie hätte gerne für ihre Küche endlich einen Hummer auf schwarzem Grund.

Den hat sie jetzt bekommen, weil sie mein schlechtes Gewissen gegenüber diesem Krustentier kennt. Ihr seht es jetzt hier anstelle des sonstigen Aquarells, damit ich meine Schuld als einer der größten Fressfeinde des Hummers wieder ein wenig abtragen kann.

Mein Lebenslauf ist geprägt von schier unglaublichen Hummer-Orgien und einem permanent wachsenden Bedürfnis nach Ausgleich. Deshalb habe ich schon vor langer Zeit damit begonnen, für jedes Tier, das ich verzehrte, eines zu malen. Das begann allerdings erst in dem Jahr, in dem ich versucht hatte, in meinem Garten-Teich australische Süßwasser-Hummer anzusiedeln. Das waren wirklich niedliche Exemplare von denen eines dreimal soviel kostete wie ein für den Verzehr bestimmtes Tier. Leider konnte ich da nicht ahnen, dass das Entenpärchen, das jedes Jahr seinen Nachwuchs in unserem Garten aufzog, meine Leidenschaft für diese Krustentiere teilte. Ehe ich mich versah, verschmatzten sie die armen Tierchen und verfütterten sie auch an ihren Nachwuchs.

Die zweite tragische Begebenheit traf meinen Vater, der bei einem von mir zubereiteten Weihnachtsessen beinahe an einem Hummerstück erstickt wäre, dass die Internationale der Krustentiere eigentlich als Rache für mich vorgesehen hatte. Schon deshalb malte ich fortan jedes Hummerbild ("Hummagen" als Hommage) mit besonderer Demut und verteilte sie auch weltweit, in der Hoffnung ungestraft davon zu kommen.

Bei den Simpsons gibt es eine Folge, in der Homer unter Tränen aber mit großem Genuss einen lieb gewonnenen Hummer verspeist. Da erkenne ich schon ein paar Parallelen. Mir tat es auch jedes Mal leid, wenn ich die Tiere kopfüber ins kochende Wasser warf. Es wäre aber gelogen, wen ich das als Grund aufführte, sie selbst nicht mehr zu zu bereiten. Der wahre Grund ist, dass die Internationale doch noch einen Weg gefunden hat, sich an mir zu rächen: Durch Gicht-Anfälle und Nierensteine aufgrund des Purin-Gehaltes von Hummerfleisch...

Aber ich bin ja auch nicht alleine Schuld gewesen (das behaupten Unholde immer). Es gab auch diese verführerischen Momente, gegen die man sich nicht wehren konnte:

Auf Valencia Island in Irland waren meine Frau, meine Schwiegermutter und ich einmal wegen anhaltenden schlechten Wetters (!?) die einzigen Gäste in einem Grandhotel. Wir hatten mit Abendessen gebucht. Ob wir etwas dagegen hätten wenn als "Catch of the Day" ohne Aufpreis Lobster serviert würde? Und dann kam für uns drei ein Ungetüm an den Tisch, dessen Zangen alleine schon Fleisch eines Kilo-Hummers hatten.

Auf Rodrigues im Indischen Ozean gibt es im Korallen-Shelf einen hüfthohen Kanal, aus denen bei Ebbe die lizenzierten Fischer quasi die Hummer pflückten, die sie dann auch selbst an Ort und Stelle bis zum ermatteten Abwinken in einer Kokos.Chilly-Sauce zubereiteten und servierten.

Und selbst im noblen Boston konnte ich nicht nein sagen, denn das "Legal Seafood"-Restaurant serviert im Ambiente einer Fischhalle so genannte Lobster-Platters. Fünf pfundschwere, megafrische Hummer mit Baguette und Knoblauchbutter. Allerdings mit der Herausforderung, wenn du zu zweit zwei schaffst, bekommst du eine dritte gratis. Wenn du fünf schaffst, zahlst du gar nichts und kommst auf die Ehrentafel. Auf der standen noch keine deutschen Gäste...Allerdings dürften die Betreiber durch unsere Champagner-Rechnung mit einem blauen Auge davon gekommen sein.

Ich bin da nicht stolz drauf. Vor allem im Rückblick ist mir das jetzt beim Schreiben doch peinlich. Auch wenn ein weiterer Verführer, Alf Ramsey, Lobsterkönig von South Australia, mich mit seinem Spruch bestätigte, den er immer anbrachte, wenn ihn jemand danach fragte, wie er seinen Hummer am liebsten äße:
"The only way I like Lobster is with more Lobster!"

Nach dem Motto werde ich zumindest meine "Hummagen" weiter malen - wenn ich die Viecherl schon nicht mehr essen darf... 

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