Dienstag, 6. Mai 2014

Späte Wahl-Geschenke

Die "Zweitbeste" und ich haben uns ganz bewusst nicht um die residenza  bemüht. Das damit verbundene Recht, hier an Gemeinde- und Kommunalwahlen teilnehmen zu dürfen, wurde uns nämlich schon in den ersten Jahren durch den zum Teil ehrabschneiderischen Kleinkrieg um die Konsortiumsstraße verleidet. Damals verstanden wir zwar nur einen Bruchteil, aber der sichtbare Hass und die Lautstärke, mit denen Vertreter von Familien übereinander herfielen, die seit Jahrhunderten hier oben in nachbarschaftlichem Frieden wohnen, ließen unsere Teilhabe eben nicht erstrebenswert erscheinen. Ein früherer Bürgermeister-Kandidat wurde dabei derart beleidigt, dass er für Jahre nicht mehr zu uns heraufkam. Er wäre aus unserer Sicht übrigens eine gute Wahl gewesen...

Selbst wenn uns jetzt nichts gesagt worden wäre, wir hätten an der plötzlichen Emsigkeit, mit der Verschönerungen im Borgo angegangen werden, schnell geahnt, dass wieder Bürgermeisterwahlen anstehen. Unsere beste Freundin, die ebenso schöne wie versöhnliche Nachbarin Petronella, findet anlässlich der Gemeinde-Politik auf Deutsch zu ihrer einst in ihrem Geburtsort Pozzuoli gepflegten,  neapolitanischen Politiker-Schelte zurück:
"Auf einmal stiefeln hier Leute hoch, die du hier noch nie gesehen hast und die dich das ganze Jahr unten im Capo Luogo nicht mit dem Hintern grüßen und geifern nach deiner Meinung. Aber immer nur so lange, wie die ihnen ins Programm passt."

Petronella hätte gerne in der Gasse vom Eingang zum Borgo eine Gedenkplakette für die in der letzten Legislatur-Periode verstorbenen, deutschen Ruinen-Baumeister. Die hätten doch so viel zur heute gerne von den Bürgermeistern hergezeigten Schönheit und Rettung dieser vielfältig renovierten mittelalterlichen Gemäuer beigetragen... Aber daran werden die Kommunalpolitiker nicht gerne erinnert, weil sie ja sonst nicht eben viel vorzuweisen haben.

Was fanden wir die derzeit noch aktuelle Bürgermeisterin, eine junge Rechtsanwältin mit Modell-Qualitäten, in den ersten Monaten nach ihrer Wahl toll. Sie trug Kultur hier hoch und hatte sogar für solche Veranstaltungen eine eigene, sehr engagierte Referentin. Aber mit dem Fortschreiten der Legislaturperiode ward die schöne Bürgermeisterin, die in ihrem Hauptjob hier nach deutscher Rechtsauffassung gelegentlich in massive Interessenskonflikte geriet, nicht mehr gesehen. Der Kultur-Referentin wurde aus Geldmangel gekündigt, und die Instandsetzung der schlampig gepflasterten unteren Hauptgasse sowie die dringende Ausbesserung unseres maroden Abfluss-Systems blieben trotz zahlreicher Proteste liegen. - Bis zu diesem Frühjahr...

Seither knattern die Steinbrecher, graben alte Rohre aus und reißen die pestrelle vom alten pavimento fort. Hoffentlich ist es nicht wieder so ein Schwager vom Vetter, der da als Impresario seinen Auftrag huschdichhuschdich vor der Wahl so erledigt, dass "nach der Wahl" doch wieder "vor der Wahl" wäre.

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