Freitag, 2. August 2013

Quallen-Qual

Vor drei Tagen war es wieder so weit: Medusen-Alarm für die ligurische Küste. Ein Phänomen, dass seit 2010 unter Einbeziehung der Bevölkerung zu einer Feststellungsstudie seitens der hiesigen Meeres-Biologen geführt hat.

Nun hätten die es sich ja leicht machen und alles auf die griechische Mythologie schieben können. Denn da rankten sich ja bereits horröse Geschichten um die Ur-Medusa. Je nach geschlechtlichem Betrachtungswinkel soll die bildschöne Halbgöttin entweder von Poseidon vergewaltigt oder auf eigene Initiative im Tempel mit einem Mann herum gemacht haben. So oder so war "Pallas blauäugigte Göttin Athene" jedenfalls davon so angefressen, dass sie die aus dem Meer stammende Medusa in jenes schlangenhäuptige Ungeheuer verwandelte, dass fortan so lange durch ihr Antlitz Schrecken verbreitete, bis Perseus sie mittels einer List enthauptete. Dass aus ihrem Halsstumpf dann Pegasus entsprang, macht es aber endgültig unverständlich, wieso alle Quallen unter dem Oberbegriff Medusen "ab geordnet" sind. Seepferdchen wären da einleuchtender gewesen...

Dass die hirnlosen aber schwarmintelligenten Gallert-Geschöpfe zu einer Bedrohung für die Menschheit werden könnten, hat ja schon der deutsche Schriftsteller Frank Schätzing in seinem Roman "Der Schwarm" zu einem sehr lesenswerten Bestseller gemunkelt. Er hat nämlich recht, dass er in ihm die Umweltsünden als Hauptursache für die weltweite (nicht nur ligurische) Quallen-Qual anprangert.

Noch im Juni lag die Ufer-Temperatur  des Meeres hier deutlich unter 20 Grad, jetzt ist das Mare Mediterraneo innerhalb von nur fünf Wochen zu einem tropischen Gewässer mit idealen Lebensbedingungen für Quallen geworden. Ein auflandiger Sturm mit hohem Wellengang hatte zur Folge, dass am vergangenen Mittwoch Schwimmen - ja nur Füße zu baden - zu einem erheblichen Gesundheitsrisiko geworden war. Einen Tag später war das Wasser wieder klar und der Spuk erstmal  vorbei. Aber das wird nicht der letzte Alarm gewesen sein, weil unsere Leidenschaft für Thun in jeglicher Zubereitungsart derart für seine Dezimierung gesorgt hat, dass die verbliebenen Bestände als Haupt-Fressfeind der Quallen gar nicht mehr ihrer natürlichen Aufgabe nachkommen können.

Es geht schon längst nicht mehr nur um die traditionellen Feuerquallen. Wenn ich in den vergangenen Jahren mit meinem Kutter draußen war, konnte ich an manchen Tagen eine gewaltige Zunahme der "Portugiesischen Caravelle" (Physalia) beobachten. Das sind sogenannte Seeblasen, die sich mit einem Segel aus erhärteten Zellen dekorativ  an der Wasseroberfläche treiben lassen, aber unter sich bis zu 20 Meter lange  sehr giftige Tentakel mitschleppen...

Und dann ergab die Feststellungsstudie auch Quallen-Zuwanderungen aus dem Indischen Ozean via Suez Kanal. Werden wir dereinst an den hiesigen Stränden - wie in Australien - Sperrschilder wegen der "Seawasp" haben? Die tropische Würfel-Qualle (Cubozoa) schleppt in ihren Tentakeln eines der heftigsten Gifte mit, die das Tierreich an Toxinen zu bieten hat.

Das wäre dann wohl "die Rache der Medusa", und ich müsste meinem symphonischen Liederzyklus, an dem ich vermutlich noch über meinen Tod hinaus arbeiten werde, ein neues Ende verpassen müssen...
Libretto "Mann vom Meer" - Entwurf Deckblatt: Ölkreide auf Karton

Das Libretto samt Deckblatt wäre doch schon fertig gewesen.

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