Montag, 12. August 2013

Montagsgefühle

Welch spannend Ding ist doch unser Unterbewusstsein! Nur scheinbar von uns nicht zu beeinflussen, schickt es einen selbst im Alter noch in Träumen zu Schulprüfungen oder lässt uns  mitten in der Stadt wie ein Kleinkind ohne Kleider herumlaufen. Mal fallen einem alle Zähne aus, mal  muss einer im Schlaf dringend und findet kein "stilles Örtchen". Die Psychologie wollte darin therapierbare Muster erkennen, doch wer mal in die Fänge der Analyse geraten ist und sie unbeschadet überstand, weiß wie spekulativ das ganze ist; - nicht die Suggestion, sondern das, was über sie angerichtet wird. Jetzt ist es hundert Jahre her, dass sich Freud und sein Schüler Jung darüber in die Barthaare geraten sind, wie das denn alles zu deuten sei.

Die Psychologie dringt in immer weitere Felder vor, aber bringt uns das tatsächlich voran? Wir wissen, dass wir täglich ausgetrickst werden, Dinge zu tun, die wir nicht wollen: Mittels unterschwelligen Botschaften in Kaufhäusern, durch optische Impulse in suggestiven Farben oder den Zwang der Gruppe. Jetzt da die elektronischen Botschaften, das Internet und darin eingebettete Spähprogramme unser Leben in unbekanntem Ausmaß beherrschen, könnte unser Unterbewusstsein, wenn wir es denn selbst erforschen und bewusst machen wollen, zu unserem letzten Refugium im Dasein werden.

Als Burg-Analyst beobachte ich schon seit längerem die unterschiedlichen Verhaltensmuster zwischen denen, die hier für eine überschaubare Zeit Urlaub machen oder sich den Traum einer Residenz im Süden erfüllt und sich in dessen Abhängigkeit begeben haben. Das benachbarte Arztehepaar aus Wien, das ich hiermit als neue Leser begrüßen möchte, hat nach manchem Ärger beim Ausbau jetzt wohl so eine Art Zwischenstadium erreicht. Dieses Stadium hat mich 2005 nach dem kompletten Entkernen und teuren Renovierung unserer mittelalterlichen Bruchbude auch ereilt, aber ich wagte es nicht so deutlich auszusprechen wie der Herr Doktor das neulich bei unserem Cena in Piazza auf den Punkt gebracht hat: "Wissens eh. Da hat man ein Leben lang einen Traum, den man verwirklichen will. Dann ist er verwirklicht, und es folgt eine Art Ernüchterung...".

Wer "nur" hier Urlaub macht, findet seine Erwartungen stets mehr oder weniger erfüllt. Wer den Traum vom Leben hier hat, muss ihn leben können. Ich bin seit sechs Jahren jenem Stadium der Erkenntnis entwachsen, habe aufgehört zu arbeiten und bin hier her gezogen, um mich ganz auf einen neuen Alltag einzulassen. Als die auf Dauer "unerträgliche Leichtigkeit des Seins", diese unermessliche Schönheit hier verblassen ließ, waren wir glücklicher Weise in der Lage, wieder einen Gegenpol zum gelegentlichen Wohnen in der "Heimat" zu aktivieren. Man muss auch mal Urlaub vom Paradies machen können...

Das Leben in beiden Welten ermöglicht es zumindest mir, die Streiche, die mir das Unterbewusstsein spielt, besser zu ertragen:
Noch immer zeigt es mir in schlimmen Träumen an, dass es wohl besser gewesen wäre, weiter zu arbeiten. Es ereilt mich auch immer noch ein schlechtes Gewissen, wenn die Urlauber von hier wieder heim müssen, weil die Arbeit ruft, während ich hier auf der faulen Haut liege.

Wirklich kurios ist jedoch das Montagsgefühl, das vielleicht auch mancher meiner werktätigen Leser spätestens am Sonntagabend hat. Obwohl uns ja in diesem Stadium unseres Lebens der Wochentag wurst sein kann, stellt sich die gespannt verkrampfte Erwartungshaltung zum Wochenanfang immer noch ein. Doppelt komisch, da ja durch großzügige Öffnungszeiten im katholischen Italien  eigentlich kein Sonntag mehr als Unterschied zum Alltag existiert.




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