Mittwoch, 19. Juli 2017

Toten-Glocken

Mögen wir mit zunehmendem Lebensalter über den Tod nachdenken? Wenn ja, dann doch nur im Geheimen. Nacht für Nacht, ob alles bedacht wurde...

Im Dorfleben mag der Stadtmensch vieles verdränge wollen - so wie meinereiner, der sich täglich dabei ertappt, wie er den Horror der weltweiten Nachrichtenlage weiter in den Hintergrund drängt.

Aber im Dorf-Funk, in dem jede Nachricht vom obersten Stock hinunter in die tiefste Gasse mit den durchdingenden Kopfstimmen ausgetauscht wird, kannst du dich einfach nicht ausblenden. Im Halbschlaf magst du dir vorgaukeln, dein Italienisch reicht ja ohnehin nicht, um das wie vom Maschinenvewehr abgefeuerte, schnelle Geschnatfer der Donne zu  verstehen:
Funerale, matremonia, tragico morte, povera vedova - das alles drängt ins Unterbewusstsein und wird dort ohne Zusammenhang übersetzt.
Ist es nicht normal, dass in einer Gemeinde, in der die Menschen weit älter werden als im europäische Durchschnitt, auch mal die Toten-Glocken durchs Tal wummern?

In diesem Halbjahr haben wir sie öfter gehört als sonst. Jede  Gemeinde hat da ihre spezielle Dramaturgie für die Campanologie. Unsere beginnt mit einem Wirbel verschiedener kleinerer Glocken, der wohl das  bewegte Leben der oder des Verstorbenen symbolisieren soll. Dann gibt es eine Pause, und nun erklingt die traurig tonierte  Toten-Glocke in der sich hinziehenden Zahl der Lebensjahre, die ganz am Schluss dann immer leiser ausklingt...

Gestern, morgens um Acht, schlug die Glocke der Nachbar-Gemeinde. Dumpf, quasi trostlos, zehn Minuten lang, übertönte sie sogar unser Stunden-Geläut und erzeugte eine echte Gänsehaut. Muss - wie in Bayern  geasgt wird -  a große Leich gwesen sein

Bei all den Ritualen kommt mir als Agnostker der kätzerische Gedanke:
Wenn es das Leben nach dem Tod doch gibt, wieso fällt der Abschied vom irdischen Dasein immer so schwer? Müsste der Tod nicht ein tröstender sein wie auf meinem Aquarell?


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