Montag, 24. Juli 2017

Nipoti

Nun ist es ganz sicher nicht so, dass ich die heißen Tage in den kühleren Räumen dazu nutze, meine mehr als peinlichen Lücken im Italienischen zu schließen.
Vielmehr geht mein Hirn vor lauter Faulheit  wegen chronischer Unterbeschäftigug von selbst auf Wanderschaft.

Zum Beispiel wenn nahezu jeden Nachmittag der in einem Pflegeberuf tätige Neffe von Don Marino hier hochklettert, um den 94jährigen, der nur noch selten aus dem Haus kommt, zu  versorgen. Ich finde das großartig, zumal ich die große Sippe vor ein paar Tagen bei Da Maria beim Festessen erleben durfte: lauter gelungene Menschen mit einer Mama als Oberhaupt, die in puncto natürlicher Eleganz und Schönheit sogar Madame Lagarde in den Hintergrund drängen würde.

Alles Erbschleicher sagt die Dorf-Fraktion der anderen - natürlich im Streit lebenden - Verwandtschafts-Sippe, die auch nicht gerade im Ruf steht, das kleinste Fitzelchen an Erbbarem auszulassen. Was umso erstaunlicher ist, da beide Sippen in puncto Haus- und Grundbesitz unschätzbar reich sind. Da passten die ebenfalls enormen Latifundien von Don Marino eben auch noch gut ins Portfolio...

Bei dem kinderlosen Don Marino ist das mit dem Nipote einfach. Er ist also ein Neffe, wie auch der Nipote unserer Seelensammlerin, der sich aber gewiss nicht aus Habsucht so rührend um die Schwester seiner Mutter kümmert. Fabrizio ist einfach so. Es macht ihm auch nichts aus, uns seit Jahren zum gleichen Vorzugspreis mit Öl und eingelegten Oliven zu versorgen. Wir seien seine Marketing-Abteilung, erklärt er.

Aber gerade war Marina mit ihren süßen und lebhaften Enkelchen auf der Piazza. Ihren Nipoti! Und zwar einer Nipota und einem Nipote. So einfach wie hier auf dem Castello mit seinem Nepotismo (Vetternwirtschaft) ist es im Alltagsleben sonst aber nicht, wenn man keinen Einblick in die Familien-Verhältnisse hat.

Wenn einer seinen Dito gebrochen hat, muss man  auch nachfragen, ob es sich um den Zeh oder den Finger handelt. Auch hier macht die Vokabel selbst keinen Unterschied

Seltsam, was einem bei der Gluthitze so alles durch den Kopf geht...



                           Heimlicher Großgrundbesitz soweit das Auge reicht.

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