Donnerstag, 27. August 2015

Southern Walking

Als einer, der an vorderster Front dafür gearbeitet hat, dass Deutschland am Stock geht, besser gesagt, mit Stöcken geht, kenne ich mich ganz gut mit Massenbewegungen aus. Die meisten boomen zunächst, dann werden sie kleiner, und am Ende trifft man in den Wäldern und Parks den kleinen Kern echter Anhänger. In Bayern werden die, die Nordic Walking betreiben "Steckerl-Hatscher" genannt. Was ein wenig gewollt diskriminierend klingt. Mit Stöcken beim Gehen fördert der Mensch auf alle Fälle seinen aufrechten Gang - was vielleicht von der Staatsregierung gar nicht so gewollt ist...

Dennoch gibt es in Bayern viele schöne und markierte Trails mit einer gewissen Infrastruktur. Doppelt so viel wie beispielsweise in ganz Italien. In Ligurien habe ich bislang noch keinen gesehen, und wenn man auf den markierten Seitenstreifen unseres Rad-Fernwanderwegs die Küste entlang mal in der Nachsaison mutig mit Stöcken Ausschreitende trifft, sprechen die Deutsch.

In den vergangenen Wochen war es so heiß, dass auch die unvermeidlichen Rennradler die Küste eher mieden. Das etwa 600 Meter lange markierte Teilstück, dass in der Mitte durch die Zona Divertimento führt, dient eher als Erinnerung, dass der Weg irgendwann mal frei von Unterbrechungen fertig ist, wenn die alte Bahnstrecke endlich aufgelöst sein wird. Das kann aber dauern, weil es Gerüchten nach bei der Brückenverbindung über den Impero zwischen den beiden künftigen Bahnhof-Tunnels zu Höhen-Divergenzen gekommen sein soll... Stuttgart 21 lässt grüßen.

In den heißen Wochen war die Zona Divertimento ausgestorben. Selbst einige unserer Stamm-Restaurants am Pier machten mittags dicht, wenn sie nicht wegen Ferragosto gänzlich geschlossen hatten. Die Leute waren den ganzen Tag am Strand oder in den vermeintlich kühleren Bergtälern.

Seit die Temperatur wieder deutlich unter 30 Grad gesunken ist und die Windstille durch den beinahe permanent wehenden Scirocco verjagt wurde, werden von der arbeitenden Jeunesse Doree Imperias Hafen und Mole in der Mittagspause wieder zum sportlichen Schaulaufen genutzt.

Vor allem der männliche Beobachter ahnt schnell, dass dabei Stöcke nur hinderlich wären. Denn beim Southern Walking werden neben den Armen und Beinen vor allem die weiblichen Attribute bewegt. Schnell in ein möglichst enges Trikot geschlüpft und geschmeidig Laufen oder Gehen, damit alles gemäß den kybernetischen Regeln in Bewegung kommt..

Ich habe ja die "Zweitbeste", die niemals schimpft, wenn ich meinen begeisterten Beobachtungen mit einem leisen Kommentar Tribut zolle. Schließlich hat sie ja auch ganz schön zu gucken, wenn die Adonisse mit nacktem Oberkörper und knappsten Laufhosen an uns vorbei traben...

Southern Walking lässt eben auch bei Unbeteiligten den Puls höher schlagen. Was bei der Ansicht in Grüppchen schnatternder Damen und abgehetzter Manager-Typen in buntesten Schlabber-Anzügen der Nordic-Walking- Ausstatter eher weniger der Fall ist.

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