Dienstag, 11. August 2015

Blöde Blogger!

Was müssen die angestellten Redakteure für eine Angst vor dem Zeitungssterben haben, wenn jetzt auch auf den hochbordigen Schlachtschiffen Sparmaßnahmen ergriffen werden? Da kann man schon mal gegen vermeintliche Konkurrenz textlich unter die Gürtellinie hauen.

So geschehen im Streiflicht der aktuellen Wochenend-Ausgabe der honorigen Süddeutschen Zeitung. Für FZ- und WAZ- Leser.: Das Streiflicht gilt seit jeher als Juwel des "Kolumnismus". Seine Autoren bleiben aus Tradition anonym und wurden früher redaktionsintern ob ihrer fabelhaften Formulierungs-Künste als Egg-Heads bezeichnet.

So ein Eier-Kopf hat nun entweder Twittern und Tweeten mit dem Bloggen verwechselt, oder er schreibt in einer Ahnungslosigkeit und Unwissenheit, die er in seiner Kolumne generell den Bloggern unterstellt.

Ich will eigentlich nicht mehr mit Schaum vor dem Mund schreiben, aber ich nutze heute mal die Vorteile dieser Internet-Publikation zu einer ähnlichen Polemik.

Damit meine Leser verstehen, wovon ich schreibe, habe ich unter Berücksichtigung der Zitat-Grundsätze hier einige Passagen vom Streiflicht zu meinem Text gestellt. Ich werde provokant, obwohl ich weiß, dass der Autor meinen "Schönwetter-Blog" niemals lesen wird.

Hier also ein paar Fragen an Anonymus:

Liest er seine eigene Zeitung nicht? Hat er vergessen, dass gerade  ein saudischer Blogger zu tausend Stockhieben und mehr verurteilt wurde, weil er seine Wahrheit publiziert. Hat er den iranischen Blogger, der für die Gleichberechtigung der Frauen in seinem Land schrieb, an dem Baukran hängen sehen? Ignoriert er, dass ein chinesischer Blogger wegen Aufwiegelns in einem Fußballstadion vor tausenden Zuschauern erschossen wurde? Dass in der Türkei trotz Repressionen, das Netzwerk der Blogger noch die einzige Chance sein wird, den durch Erdogans Größenwahn eingeschlagenen Weg in eine "hitlerartige" Diktatur  zu blockieren?

Aber man muss ja auch nicht auf offener Straße erschossen werden - wie der russische Kollege, um zu dokumentieren, dass Bloggen eine nicht mehr aufzuhaltende Form der kontrovers kritischen Publikation ist, um Stellung zu beziehen.

Grundsätzlich verbrauchen Blogger nur ein wenig Strom und ihre eigene Zeit, für die sie meist auch nicht bezahlt werden. Selbst wenn sie nicht kompetent sind, haben sie immerhin den Mut, von ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch zu machen. Der, der solche Blogs anklickt, tut dies aus freien Stücken ohne aggressive Abo-Werbung, wie das bei den Apps ohne Möglichkeit zur Gegenwehr geschieht.

Der Erfolg bei den Zugriffen hängt allein von der Thematik, der Kontinuierlichkeit und der textlichen Güte ab. Der Blogger kann sich nicht wie manche angestellten Redakteure durch eine Vielzahl ungelesener Seiten schmuggeln.

Ein Redakteur von der "ZEIT" hat dafür längst den Beweis geliefert, indem er bei seinem Blog Zugriffs-Zahlen erzielt, die das Traditions-Blatt heute gerne mit seiner Auflage noch erreichen würde.

Aber selbst wenn sich ein Blogger vermeintlich der Lächerlichkeit preis gibt, ist das doch mutig. Deshalb erkläre ich mich mit der deutschen Burgblog-Kollegin, die der Eierkopf aufgespießt hat,solidarisch und werde ab sofort ihren Blog regelmäßig besuchen. Sie kann nämlich publizieren, ohne dass ein besserwisserischer Vorgesetzter ihren Artikel dreimal umschreiben lässt...

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