Montag, 22. Juni 2015

Italiener und Griechen

Egal, wie die Entscheidung der europäischen Staatsführer heute Abend ausgeht, die vereinigten Staaten von Europa haben zur Freude anderer Wirtschaftsräume zunächst einmal einen dauerhaften Image-Schaden davon getragen.

Eine Zustimmung zur Rettung Griechenlands nach den erneut eingereichten Vorschlägen ändert im Prinzip kaum etwas an der Schulden-Krise. Es geht ums Rechthaben der Mehrheit und um die Warnung an die anderen "Südstaaten", ja nicht dem griechischen Poker-Spiel zu folgen. Jeder weiß aber nun, wie brüchig, dieses Konstrukt ist, das ja leider nie ein idealistisches war.

Wer profitiert, wird am heutigen Sprung des DAX deutlich. Die hysterischen Reaktionen der Börsen nach oben und unten sind die Stunden der Spekulanten. Da muss sich einer nur die Kurse von vor drei Monaten anschauen. Im Prinzip hat sich nämlich in dieser Zeit gar nichts geändert, aber es wurden durch die Schwankungen Milliarden an Gewinnen eingefahren.

Putin lacht sich darob ins Fäustchen und feuert das Ablenkungsmanöver auch noch mit vorgezogenen Griechenland-Geschäften an. Wenn er sich in diesem Sommer noch Mariupol einverleibt, darf das nicht überraschen.

Aber ich wollte ja auf diesem Blog nicht politisch werden, sondern lieber feuilletonistisch bleiben.

Da mein Gastgeber-Land Italien ja mit Griechenland - was den wirtschaftlichen Europa-Exitus angeht  - gerne in einen Topf geworfen wird, möchte ich aus meiner persönlichen Sicht gerne einmal einen Vergleich über Gemeinsamkeiten und Unterschiede anstellen. Ich habe beide außerordentlich schönen, mediterranen Länder intensiv bereist und gerade die einfacheren Menschen aufgrund ihrer überschwänglichen Freundlichkeit schätzen gelernt:

Gemeinsamkeiten: 

Beide Nationen sind tief verwurzelt in der Antike und haben die Geschichte des Westens nachhaltig geprägt. Die Griechen politisch, indem sie die Demokratie erfanden. Die Italiener dauerhafter in puncto Staatsordnung, Wirtschaft, Verwaltung und Kunst. Beiden ist die individuelle Leidenschaft zu eigen. Aber ihre Eroberungen nach Norden und Osten - so weitreichend und prägend sie auch waren -
konnten Fremdherrschaften im Gegenzug bis zur Neuzeit nicht verhindern. Die Folge: Massive Blutbäder in Freiheitskämpfen.

In dieser Gegenwart werden beide Staaten sozialdemokratisch geführt, was aber eben nichts daran ändert, dass sie zu den lausigsten Steuerzahlern Europas gehören. Dass die Milliarden schwere Oberschicht quasi machen kann, was sie will. Nirgends an den europäischen Küsten ist die Flotte privater Jachten derart riesig und steht in derart krassem Gegensatz zum allgemeinen Lohnniveau. 

Obwohl ich die italienische Küche etwas mehr schätze, ist die kulinarische Kultur ja gerade bei uns in Deutschland von beiden Ländern nachhaltig geprägt worden.

Unterschiede:

Schon immer konnten die Italienern besser mit Geld umgehen, das ihnen nicht gehörte. Seit der Antike ist es Griechenland nicht mehr gelungen, seine eigenen Ideale umzusetzen und sich ohne fremde Hilfe vom Joch der Unterdrückung zu befreien. Wie das Nachbarland Türkei sind die Griechen bis in die jüngste Vergangenheit stetig in Gefahr von einer Junta regiert zu werden.
Im Zweiten Weltkrieg standen Italiener und Griechen in gegensätzlichen Lagern. Die Italiener als Aggressoren sind aber eindeutig schneller mit den Folgen fertig geworden als das "griechische Opferlamm". Es gab das "italienische Wirtschaftswunder" trotz kommunistischer Beteiligung an der Regierung, was zu dem Begriff Spaghetti-Kommunismus führte. Selbst eine medienstarke Kunstfigur wie der Oligarch Berlusconi konnte mit demokratischen Mitteln abgewählt werden. Italien ist trotz aller Streiks ein erfolgreiches Industrieland. Griechenland wird trotz aller Streiks durch seine Struktur ein Land bleiben,das extrem und vorrangig vom Tourismus abhängig ist.

Als Konsument muss ich jedoch auch sagen, dass das Bemühen um den Gast rund um den Stiefel einfach intensiver ist. Dass Mode und Stil hier prägender sind, hängt natürlich auch mit dem Auftreten der Politiker zusammen, und da ist zur Zeit gegen Matteo Renzi kein Kraut gewachsen. Er und seine Minister müssen nicht aufgrund von gespielter Hemdsärmeligkeit täglich von Kameras verfolgt werden. Europa weiß spätestens seit dem Ratsvorsitz der Italiener, dass hier ein charmanter und eleganter Vertreter der europäischen Idee mit großem diplomatischen Geschick agiert. Diesem Charme kann selbst unsere eher blaustrümpfige Kanzlerin kaum widerstehen...
Europa und Zeus haben es getan: Oil on Canvas 2011


Griechenland sollte sich vielleicht noch rechtzeitig daran erinnern, dass Europa eine Gestalt aus seiner mythologischen Kultur ist. Es muss sich ja nicht wie Zeus in einen Stier verwandeln, um es zu vernaschen...

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