Donnerstag, 25. Juni 2015

Der Gianni muss raus!

Sie lässt ja nichts unversucht - die Seelensammlerin. Alle Jahre wieder kommt sie vor dem Höhepunkt der Johanneswoche auf die Piazza, um mich - den Agnostiker - als Träger für den Notfall in Bereitschaft zu versetzen. Denn nicht nur unten am Meer ist die Prozession um Giovanni Batista der Höhepunkt der Festwoche. Auch hier oben im Borgo ist die Kirche am alten Ortseingang Johannes dem Täufer gewidmet. Und deshalb gibt es hier auch ein Prozessiönchen.

Aber im Gegensatz zu dem Andrang am Meer, bei dem viele Szenen aus der biblischen Geschichte von ausreichend vielen Freiwilligen bei Bruthitze durch die Menschenmassen in der Altstadt getragen werden, scheint das hier oben langsam zur lästigen Pflicht zu werden.

Aber der Gianni muss raus. Auf Teufel komm raus - wenn man das so sagen darf. Und da fragt sie dann eben auch den Ungläubigen, der mit dem dritten Vornamen ausgerechnet Johannes heißt. Selbst eine halbstündige Diskussion riskiert sie und erfährt, wieso ich mich mit dem Glauben so schwer tue. Wieso mir ausgerechnet die blutrünstigen Geschichten des Täufers und des Heiligen Sebastians schon als frisch in Bayern angesiedeltem Bub eine Heidenangst vor Gott eingejagt hatten? Immerhin hat der ja auch seinen eigenen Sohn auf ziemlich bestialische Weise töten lassen. Wenn ich dann noch die vielen Religionskriege bis hinein in unsere Tage anspreche, läuft die Signora heiß vor Leidenschaft. Das seien eben die sündigen Menschen und nicht der Wille des Creatore.

Was soll ich lange rumreden? Natürlich hat sie mir wieder die Trage-Bereitschaft abgerungen.

Die "allerkatholischste" Zweitbeste, die bei solchen Zeremonien nicht fehlen darf, nahm ihr Handy mit, und ich wartete dann dennoch vergebens auf einen Notruf. Was in mir den Verdacht weckt, dass allein die Androhung, dass ein ehemaliger Protestant aus dem hohen Norden den Gianni mit rausschleppen könnte, reicht, um die Kräfte der Überlebenden noch einmal zu mobilisieren.

Diesmal waren es inklusive reichlich genervtem Pfarrer 16 Gläubige, die den Gianni für ein paar Gebete die 60 Meter hinunter auf unseren Parkplatz trugen. Die zweite Kopfstimme beim Vorsingen fehlte, und den Klingelbeutel wollte auch keiner herum reichen.

Es scheint nur noch ein Frage der Zeit, bis mein Drittnamens-Vetter doch noch auf meine auch bereits schwindenden Körperkräfte angewiesen sein wird.

Wer's glaubt wird selig.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen