Sonntag, 14. August 2016

Sommer-Zeit

Aus meiner Schreibstube schaue ich direkt auf die Sonnenuhr an der Burgmauer. Sie ist eine moderne Sonnenuhr, denn sie zeigt auch die Sommerzeit an. Diese nutzloseste aller behördlichen Verordnungen ist sogar einem zeitlos lebenden Menschen wie mir ein Dorn im Auge. Ich versuche jedes Jahr wieder, den Folgen der Umstellung zu entgehen, aber nach kurzer Zeit der Verwirrung gibt mir doch wieder mein Körper vor, dass er mit der Zeit-Umstellung nichts im Sinn hat. Also folge ich seinem Rhythmus und der ist auf die Normal-Zeit eingestellt: Gehe ich sonst nicht vor 1 Uhr nachts ins Bett, muss ich nun bis 2 Uhr warten, um einigermaßen in Morphens Arme zu gelangen. Ich schlafe dann mit Unterbrechungen bis 10 Uhr, und dem entsprechend nehme ich dann auch meine Medikamente.

Aber deshalb schreibe ich den heutigen Post ja nicht:
Gestern haben mich zwei Meldungen veranlasst, wieder einmal einen Text über die Zeit zu schreiben. - Und wie unterschiedlich unsere Wahrnehmungen im Laufe der Zeit werden.

Die erste betraf den Berliner Mauerbau vor 55 Jahren. Ich weiß noch genau, welche Angst wir alle hatten, als wir an einem Ostsee-Strand die ersten Bilder auf einem VW-Bus sahen, der die aktuelle Wochenschau zeigte. Wir waren ja nur ein paar Kilometer von der DDR entfernt, und waren sicher: Jetzt kommt der Dritte Weltkrieg. Da war ich gerademal 12. Trotzdem ist diese Erinnerung unauslöschlich und kann in Bildern abgerufen werden, als sei es gestern geschehen. Normalerweise ist das menschliche Gehirn ja so programmiert, dass es schöne erlebte Dinge vorrangig parat hat.

Damit komme ich zur zweiten Meldung: Die über den Grönland-Hai, der nach jüngsten Forschungen das Wirbeltier mit der höchsten Lebenserwartung ist. Der Meeres-Methusalem, der durch das eiskalte Wasser des Polar-Meers gleitet, kann bis zu 600 Jahre alt werden, und er wächst nur einen Zentimeter pro Jahr. Dass er erst mit 100 in die Pubertät kommt und geschlechtsreif wird, tut mir leid, ist aber bei den Wasser-Temperaturen wohl verständlich.

Mich würde brennend interessieren, ob sich ein ausgewachsener Grönland-Hai an sein erstes Sex-Erlebnis erinnert, dass dann ja bis zu  400 Jahre zurück läge. Denkt er:"Da war doch noch etwas..."
Oder hat er sogar alles parat, weil seinem Gefühl nach das Leben an ihm regelrecht vorbei rauscht. Das heißt, ihm 100 Jahre als glückliche Kindheit mit jeder Menge Krill zum Fressen vorkommt.

Und da sind wir gleich wieder bei Albert Einstein, der sagte, Zeit sei nur das, was wir auf der Uhr abläsen; der die von Menschen erfundene Zeit ja durch seine Theorie relativierte...

Also carpe diem liebe Leser! Wie lange er von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang auch dauern mag...

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