Mittwoch, 9. September 2015

Konversation mit Kater

Nein, ich habe keinen Hangover. Bin vielleicht ein wenig depressiv, weil der Herbst hier nun doch überraschend schnell gekommen ist. Rund um die Piazza ist zur Zeit außer Vittorio und uns keiner daheim. Und Vittorio geht jeden Tag pünktlich, wenn ich Happy Hour habe zum Kartenspielen in den Hauptort hinunter.

Die "Zweitbeste" guckt sich da schon immer die zweihundertfünundzwanzigste Wiederholung der dreißigsten Koch-Show an. Also mache ich Konversation mit Kater Lazaro.

Ich bin ja mehr der Hunde-Typ. Katzen haben immer etwas von einer Art Frauen, um die ich in jüngeren Jahren mannhaft einen Bogen gemacht habe. Aber einerseits ist Lazaro  ja mehr Hund als Kater und andererseits ist er - wie ich -  ein "Stimmungsmensch". Soll heißen, wer ihn kennt, sieht ihm an, wie er drauf ist.

Als kleiner Junge habe ich auf den vielen Reisen mit meinen Eltern immer sofort Freundschaft mit allerlei sich herumtreibendem Getier geschlossen und konnte partout nicht einsehen, wieso ich sie dann nicht mitnehmen durfte. Tiere haben mir immer zugehört. Obwohl ich damals nur Deutsch konnte, war ich felsenfest überzeugt, dass Tiere mehrsprachig sind. Seit einer Begegnung mit einem in Deutschland ausgebildeten Drogen-Hund weiß ich allerdings, dass sie überwiegend die Sprache und Kommandos ihrer Ausbilder verstehen. Selbst die Deutschen Schäferhunde bei der Polizei von New York hören teils auf deutsche Kommandos, wie mir ein Freund, der früher bei der NYPD Narcotic Branch war, versicherte.

Wie erwähnt, muss Lazaro Schlimmes durch gemacht haben, bevor er Asyl bei Vittorio fand. Obwohl wir uns seit einigen Jahren kennen, bestimmt er die Kontakt-Aufnahme. Streicheln darf ich ihn ohnehin nur, wenn Vittorio auf der Piazza sitzt.

Normalerweise geht das so:
Er hört, wie ich die Haustür aufschließe und rast, ehe ich draußen bin, zu seinen Beobachtungsposten.
Er bezieht entweder starr wie eine Skulptur zwischen den Pflanzen-Kübeln auf der Brunnen-Mauer Position oder schmiegt sich getarnt an die Quader der Burg, die exakt die Farbe seines Fells haben. Schon mancher Hund ist knapp an ihm vorbei getrabt, ohne ihn zu sehen.

Sobald ich mit meinem Drink an dem kleinen Tischchen platz genommen habe, stelzt er lässig in die Mitte von der Piazza, und tut so, als hätte er mich gar nicht gesehen. Es folgt eine ausgedehnte Körper-Pflege. Wozu man bemerken muss, dass er jetzt wieder ein edles Fell hat, während er zur emsig genutzten Paarungszeit zerrupft und verfranst ausgesehen hat wie eine Pariser Clochard-Katze unter einer Seine-Brücke.

Dann zuckt er, als er ob er mich gerade erst entdeckt hätte und schreitet würdig ein paar Meter auf mich zu. Damit beginnt unser Spielchen: Ich recke mich - wie er zuvor - und gähne mit ganz schrecklich aufgerissenem Mund. Da Gähnen ja bekanntlich ansteckend ist, habe ich ein paar Sekunden später soweit,dass auch er gähnt und sich erst einmal zusammen rollt.

Natürlich habe ich immer Schnapper-Dönzchen für ihn auf dem Tisch, aber wenn ich etwas kaue, dann rückt er nicht deshalb ganz nah heran, sondern weil er weiß, dass jetzt das Gespräch beginnt.
Meist ist er bumperlsatt, und knabbert erst nach langem Riechen aus Höflichkeit.

Ihm geht es wirklich und ernsthaft in erster Linie ums Gespräch. Wir erzählen uns, wie unser Tag so verlaufen ist, und da ja meist nichts geschehen ist, können wir auch wirklich gut miteinander schweigen. Wie das in einer guten Männer-Freundschaft ja sein muss.

Je länger wir uns kennen, desto mehr gelange ich zur Überzeugung, dass Lazaro  das schönste Gesicht hat, das man je bei einem Katzen-Tier gesehen hat. Selbst die "Zweitbeste" die an einer bisweilen dramatischen Allergie leidet, liebt ihn mittlerweile. Sie weiß sogar wie krüsch der Kerl ist.
Gestern schimpft sie mich nach unserem Beisammensein:

"Du weißt doch, dass er keinen gekochten Schinken mag. Wenn er überhaupt etwas will, dann Parma!"

P.S. Wer glaubt, der haarige Blog-Star sei wieder einmal von mir erfunden. Hier sind Bilder von Ihm


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