Dienstag, 18. Juni 2013

Na, da fliegen sie ja wieder!

Wäre ich ein Professor für Komposition wie mein Gegenüber von den Zinnen, der Pasquale, hätte ich ihnen längst eine symphonische Dichtung gewidmet: Den Mauerseglern. Aber vielleicht ist die ja schon längst in Arbeit.

In dem Zweitage-Frühling kurz nach Pfingsten wurden wir beide in den frühen Morgenstunden durch eine absurden Lärm auf unserer Piazza aufgeweckt. Gefühlte dreißig, vierzig Mauersegler rasten in engen Kreisen durch das vielleicht 20 mal 20 Meter enge Geviert und flogen "Scheinangriffe" auf seine Burgmauer. Manche verschwanden in alten, ihnen offenbar wohlbekannten Spalten,andere klammerten sich verzweifelt an zugespachtelte Lücken und ließen dann enttäuscht  los, als könnten sie nicht fassen, dass da keine Behausung für sie sei. Zwei, drei landeten aber auch im Schlund des Katers Lazaro, der ansonsten Mäuse bevorzugt. Das ging eine gute halbe Stunde so, und Pasquale, der Stadtmensch, der dies wohl zum ersten Mal erlebte, schüttelte nur verständnislos den Kopf.

Dann war der Spuk vorbei. Und ein paar Wochen schien es, als sei die Langzeit-Prophezeiung der Deutschen Mauersegler-Forschung früher als erwartet eingetreten: Nach der werden die Raser wegen des Klimawandels immer "wanderfauler" und bleiben aufgrund der guten Bedingungen lieber daheim Stand- als irgendwo nach Süden strebende Zugvögel. Aber bitte doch nicht nach diesem Winter -  ihr geliebten Himmelsjäger!

Als hätten sie mein Flehen erhört, war gestern nach dem Nebel das Azur über der Burg fast schwarz vor Mauerseglern. Und weil es gleich wieder so heiß war, dass man nur unterm Terrassen-Schirm wie ein Maikäfer (haha - Mitte Juni!) auf dem Rücken alle Teile von sich streckend liegen konnte, fiel mir ungefragt allerlei ein, was ich Pasquale als Idee an die Hand geben könnte:

1. Ouvertüre: Der Wetterflug
Am Bodensee sondieren die alten Mauersegler-Kempen die Zeit des Aufbruchs. Jedes Mal, wenn sie starten, fängt es wieder an zu schneien.Die Mauersegler-Kids hängen an ihren Smartphones oder Computern und maulen, was sie denn im Süden sollen, wo es laut Wetter-App dort doch noch viel schlimmer sei.

2. 1. Satz: Der Aufbruch
Crescendo, gefolgt von allegro non troppo. Der Chor der Mauersegler setzt alsbald ein mit den Stücken: "Wir fliegen auch im Schlaf" und " Ihr verschneiten Alpen könnt uns mal!"

3. 2. Satz: Über der Burg
Vivace, toccata. "Wir suchen uns ein Zuhause".sowie der Canon "Ist uns doch Wurst, dass wir mehr als einen Monat zu spät sind" und abschließend "Der Luftraum ins unser!"

... Ehe ich mit meinem von der Sonne zermatschten Hirn weiter komponieren konnte, holte mich die bittere Realität des Mauersegler-Alltags ein: Ein kleiner Falke hatte sich heimlich als Jäger unter die Jäger gemischt, um sich so ein 40-Gramm-Frühstück zu holen.Aber erstens war er sehr klein und zweitens wohl auch noch ein wenig dumm. Denn die ungefähr doppelt so schnellen Mauersegler stürzten sich wie ein Schwarm Spitfires im Luftkampf gegen einen Bomber auf den pomadigen Raubvogel und attackierten ihn derart, dass er in Sekunden nicht mehr gesehen ward...

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