Donnerstag, 25. August 2011

Der alte Kauz und die Käuzchen

Wenn die Temperatur auch nachts die 30 Grad nicht unterschreitet, kommt es manchmal zu komischen Dialogen, die dem Burgbriefe-Schreiber dann das nächste Thema vorgeben:
So stellte meine geliebte Muse gestern im Sternen-Dunkel der immer noch aufgeheizten Terrasse fest:
"In dem Licht siehts du echt aus wie ein alter Uhu."
"Na", antwortete ich, "so lange du nicht alter Kauz zu mir sagst..."
Aber nach einer kurzen Pause stellte ich die für diesen Burgbrief entscheidende Frage:
"Ja, übrigens, wo sind die denn alle hin?"

Da dachte ich nämlich an eine Nacht wie diese vor etwa fünf Jahren. Ich hatte mich im Dunkeln auf die Terrasse geschlichen, weil ich wegen der Hitze einfach nicht schlafen konnte.  Eine ganze Weile lag ich still  im Liegestuhl, als im Haus plötzlich das Licht anging und mir im selben Moment das Herz stehen blieb:
Ein Uhu hatte wohl die ganze Zeit im Portico auf dem Gitter direkt hinter mir über meinem Kopf gesessen und die Aussicht genossen. - Vielleicht in der Hoffnung, ein über die Dächer streifendes Kätzchen oder eine hier fälschlicher Weise so genannte  Baumratte zu erbeuten. Aufgeschreckt vom Licht hatte er nur schlampige Startvorbereitungen getroffen und rasierte mir derart scharf über den Kopf, dass ich den Luftschwall seines panischen Flügelschlages zu spüren bekam und ansehen musste, wie er beinahe in die Blumen gekracht wäre. Ein letztes Steuermanöver brachte ihn gerade noch über die Mauer. Dann trugen ihn seine mächtigen Schwingen ins Tal hinunter. Leider habe ich ihn oder einen seiner Artgenossen seither weder zu Gesicht noch zu Gehör bekommen...
Auch die Steinkäuzchen, die wie Porzellan-Miniaturen ohne Scheu bei der Nachbarin auf der Wäscheleine saßen, sind offenbar umgezogen. Manchmal wurden sie nächtens von den Scheinwerfern der "Spätheimkehrer"  beim Steinchenschlucken für die Verdauung in ihren Retortenmägen auf der Straße paralysiert. Aber daran kann es auch nicht gelegen haben, dass man sie nicht mehr sieht oder hört.
-Wie ihre etwas größeren Verwandten die mediterranen Schleiereulen vermisse ich sie sehr. Meine Familie ist darüber vermutlich nicht ganz unfroh. Denn einer meiner Späße war es, wenn alle schlafen wollten, vom Bett aus den charakteristischen rhythmischen Pfeiflaut während der Balz nachzuahmen. Nicht etwa, um sie anzulocken, sondern um sie aus den Takt zu bringen. Einmal ist mir das offenbar so gut gelungen, dass ein Tier mit dem Licht der Piazza im Rücken vor mir auf dem Fenstersims landete. Der Riesen-Schatten hatte mir dann so einen Schrecken eingejagt, dass mir die Pfiffe lange Zeit gewissermaßen im Hals stecken geblieben sind...

Ja, wo sind sie nur alle geblieben, all die Nachtaktiven, die Jahrzehnte lang im Niedergang des Borgos ein unbeschwertes Leben auf der Burg hatten? Noch heute  herrscht doch 90 Prozent des Jahres hier oben die absolute Grabesruhe:

Immer mehr lehrstehende Häuser und historische Gemäuer sind in den vergangenen Jahren restauriert oder ausgebaut worden. Vor allem die Dächer, die hergerichtet worden sind, waren ja ideale Nistplätze. Gleichzeitig wird die Campagna deutlich weniger bewirtschaftet, die Oliven-Haine seltender beschnitten.
Vor allem die Schleier-Eulen, die durch ihr herzförmiges Sensor-Gefieder im Gesicht jeden noch so kleinen Nager orten und erbeuten konnten, beginnen zu fehlen. Unsere Weintrauben auf der Terrasse hatten heuer gegen die rankenkletternden Ratten keine Chance - zumal diese mittlerweile so groß werden, dass auch ausgemachte Dach-Kater wir der "Lazaro" sich kaum noch Chancen gegen sie ausrechnen...

Die einen gehen, die anderen kommen:
Seit einigen Jahren dürfen wir uns über die Zunahme des "Aquila Marina", des mediterranen Seeadlers, freuen. Eine Kolonie hat sich in einer Felswand unweit vom Passo del Ginostro eingenistet. Seither sind die Horste in keinem Jahr leer geblieben, und es ist, als wollten uns diese Angeber mit ihrem schrillen Pfeifen aus der Blauthermik heraus im mühelosen Gleitflug an unsere Erdhaftung erinnern.

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