Freitag, 11. Mai 2012

Mario Monti oder Maremonti

Da sind wir wieder! Einen Monat später als angekündigt. Auch Blogger werden mal blockiert: vom Tagesgeschehen und den Signalen der Zeit, die der Körper in unserem Alter vermehrt aussendet.

Abbiamo crisi. sagen unsere hundertjährigen Nachbarn. Alles wartet auf die nächsten Horrornachrichten. Ist es da nicht ein köstlicher Zufall, dass Italiens gewählter, oberster Sparmeister fast genauso heißt wie unsere ligurische Lebensformel:
Mario Monti versaut den Ex-Berlusconi-Wählern hier auf der Burg das Dolce vita alla maremonti, indem er tatsächlich von ihnen verlangt, endlich mal ordentlich Steuren zu zahlen... Und in den so zahlreich gewordenen Yachthäfen unten an der Riviera dei Fiori geht die schiere Angst um, dass die Guardia di Finanza auf die dort verankerten Millionen(Milliarden)-Werte die Bolla klebt. Mit den Ferraris und Lamborghinis hat sie ja schon angefangen.

Der Lebensgefährte und seit neuestem auch  fidanzato unserer allerersten einheimichen Freundin, ohne die hier gar nichts gegangen wäre - der zukünftige Mann von Petronella also - ist Steuerberater, und als ich ihm eine Titelzeile aus der Süddeutschen Zeitung vorlas, die mutmaßte, dass Italien das reichste Land der EU sein könnte, wenn nicht alljährlich bis zu 6 Billionen Steuern hinterzogen würden, da lachte er nur schallend über diese Untertreibung. Im Land, in dem die Zitronen blühen, hat die Staatsmacht nämlich auch künftig "mit Zitronen gehandelt", so lange sie noch an dem System festhält, die Steuerschuld des Individuums  als Bringschuld zu betrachten...

Setzt der ausländische Laie beispielsweise die absurd hohen  Immobilien-Preise hier ins Verhältnis zu den mageren Einkommen, die gerade in Ligurien gezahlt werden, kann doch die Rechnung irgendwie  nicht aufgehen. - Es sei denn, Italiens von den Banken subventionierte und bislang noch nicht geplatzte Immobilien-Blase ist noch gewaltiger als die von Spanien oder Griechenland. Es wird in "Beton-Geld" investiert, als gäbe es tatsächlich für den Euro kein Morgen.

In diesem Zusammenhang holen sich hier auf der Burg die Italiener zunächst einmal Schmuckstück um Schmuckstück zum Schnäppchenpreis das zurück, was ihnen die reichen Deutschen vor drei, vier Jahrzehnten für einen Grappa und ein paar Milliönchen Lire abgeluchst hatten. Die drohende Altersarmut nördlich der Alpen zwingt viele in die Jahre gekommenen einstigen Burgretter aus Deutschland zur Kapitalisierung ihrer südlichen Lebensträume.

Es ist teuer geworden hier in den Tälern der Olive. Aber dennoch oder gerade deshalb wird in diesen italienischen Momenten ein volkscharakterlicher Unterschied deutlich. Es herrscht der ewige italienische Optimismus. Schon immer haben unsere europäischen Lieblingsnachbarn ja den Tanz am offenen Grab in Vollendung betrieben, und deshalb wird mir und den Verbliebenen von nördlich der Alpen auch nicht bange.

Gustavo, der Freund unserer einstigen Jogging-Anzug-Sammlerin, kam gestern mit zehn Litern seines eigenen Öls vorbei - unverschnitten und köstlich wie keines der angesagten Luxuserzeugnisse. Die beiden sind nicht nur wieder zusammen, sondern schmieden - trotz ihres ja nun auch  fortgeschrittenen Alters - spannende Pläne. Im Juni eröffnen sie unten im Capo Luogo  gegenüber dem Palazzo Communale  ein Tages-Cafe mit kleiner Speisekarte. Genau das, was die weniger werdenden deutschen Burgbewohner immer so vermisst haben.

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